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Erwartungen erfüllt?

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ORTHODOXIE UND ZWEITES VATICANUM. Dokumente und Stimmen aus der Ökumene. Herausgegeben und kommentiert von Frani Hummer. Verlag Herder, Wien-Freiburg-Basel, 1966. Oktav, 224 Seiten. S 104.—.

Wie reagierte die Orthodoxie auf das Zweite Vatikanum? Der vorliegende Band vereinigt eine Reihe von Texten, die auf diese Frage Antwort geben: Offizielle Berichte über das Treffen zwischen dem Papst und dem ökumenischen Patriarchen im Heiligen Land und über andere Begegnungen zwischen Vertretern der beiden Seiten, Papstschreiben und Ansprachen des Papstes an die östlichen Christen, Äußerungen der panorthodoxen Konferenz auf Rhodos über die gegenseitigen Annäherungsbestrebungen, die Erklärungen zur einverständlichen Aufhebung des gegenseitigen Kirchenbannes von 1054, das Ökumenismusdekret des Konzils sowie Pressestimmen aus dem Osten, in denen sich führende Theologen des Ostens über die erfolgten Schritte zur Wiederannäherung äußern (manchmal in recht kritischer Weise), oder ein katholischer Theologe über die panorthodoxe Konferenz berichtet, der er als Beobachter beiwohnen durfte. Sehr beachtlich ist die Stimme eines unierten orientalischen (melchiti-schen) Bischofs über die Lage und Rolle der Unierten in der Gegenwärtigen Station. Den Abschluß bildet die Antwort, die der protestantische Theologe Cullmann auf die Frage gegeben hat: „Sind die Erwartungen erfüllt?“ und die Inaugurationsrede (als Rektor der Innsbrucker Universität) des Innsbrucker Dogmatikers P. F. Lackner SJ. über „Die Bedeutung der ostkirchlichen Studien für die heutige Theologie“. Das Buch ist unentbehrlich für den, der die neuangeknüpften Beziehungen zwischen Orthodoxie und Katholizismus mit Verständnis verfolgen will.

Endre v. Ivänka kirchlicher Kreise besondere Beachtung fanden: hier steht es schwarz auf weiß, daß ein Katholik für den Frieden wirken und werken, daß er den Antisemitismus und darüber hinaus jede Form von Rassenhaß und -diskriminierung ablehnen muß, daß er das Recht auf religiöse Erziehung seiner Kinder besitzt und Religionsfreiheit zu fordern, aber auch zu gewähren hat, daß man den Glauben nicht mit Gewalt aufzwingen kann. Hier ist alles zu lesen, was der katholische Christ von heute über seine Rechte und Pflichten, über seine Aufgabe in der Gemeinde wissen soll.

Jeder denkende Katholik wird es vorziehen, seine Kenntnisse über die Botschaft des Konzils an der Quelle zu schöpfen, also die hier übersichtlich gereihten Dokumente des II. Vatikanum selbst zu studieren, eher als sich auf Kommentare, Auszüge und „digests“ zu verlassen. So könnte der zweite Teil des Buches durchaus für sich bestehen. Dennoch ist der erste Teil, die Darstellung Reuters, sehr zu begrüßen, weil sein pragmatischer Bericht die Entstehung jedes einzelnen Textes beschreibt, wodurch die Dinge erst in die richtige Perspektive gerückt werden.

Gewiß ist der Band in erster Linie für das bundesdeutsche Publikum bestimmt (der Beitrag der deutschen Konzilsväter zu den Beratungen wird mehrfach gesondert hervorgehoben; man findet den Ausdruck „Mitteldeutschland“; über den Brief der polnischen an die deutschen Bischöfe heißt es — durchaus wahrheitsgetreu, aber doch in etwas zarter Umschreibung —, darin finde sich „die tausendjährige enge, oft auch leidvolle Verbundenheit Polens mit seinem deutschen Nachbarn“ dargelegt.) Doch stört das weniger als der einzige sachliche Mangel der Veröffentlichung: mit Ausnahme des „Mansi“ beschränken sich die Literaturhinweise auf deutschsprachige Werke, neben denen nur die deutsche Übersetzung zweier Schriften P. Yves Congars verzeichnet wird. Das ändert aber nichts an der Nützlichkeit, ja Unentbehrlichkeit des trefflichen Werkes, die sich durch den klaren Satz der Dokumente — alle wichtigen Textstellen werden mittels Fettdruck hervorgehoben — sowie durch ein Personen- und ein Sachregister noch erhöht findet.

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