6732406-1966_04_02.jpg
Digital In Arbeit

Häfen-Rentner

Werbung
Werbung
Werbung

Da stand dieser Tage ein alter Mann vor dem Richter. Taschendiebstahl! Ein Dutzendfall, nacht der Rede wert. Interessant wurde der Fall erst durch den Lebenslauf des Delinquenten, der von seinen 69 Lebensjahren 43 Jahre und ll Monate hinter Gittern verbrachte, nicht eingerechnet die Zeit, die er in Arbeitshäusern und im Konzentrationslager verbrachte. Jedenfalls liegt darin eine beachtliche Leistung, die einem schon einen gewissen Respekt abnötigt, den man angesichts der 35 Vorstrafen dem König der Taschendiebe entgegenbringen muß. Wenn man bedenkt, wie viele lange Jahre gewöhnliche Sterbliche schuften müssen, um zu der so heiß ersehnten Rente zu gelangen, dürfte eine Anleitung, wie man auf weniger strapaziöse Art und Weise, quasi im „Staatsdienst”, den Rentenanspruch erwerben kann, gesicherten Absatz finden.

Jedenfalls hat sich der Mann schon rechtzeitig einen gesicherten Lebensunterhalt verschafft, zu einer Zeit, wo andere normale Bürger noch nicht einmal von der Rente zu träumen wagen. Erklärlich erschiene der Fall nur dann, wenn es in dem Para- gräphenurwald des ASVG auch eine Bestimmung gäbe, die solche Zwangsaufenthalte als anrechenbare Ersatz-, besser „Ersitz”-Zeiten gelten läßt, wofür vielleicht auch die Sparte der sogenannten „Wanderversicherung” zuständig ist, denn bei 35 Vorstrafen hat man in nahezu 44 Häfenjahren auch etliche „Wanderjahre” hinter sich, die man durch Absolvierung der täglichen Pflichtspaziergänge an den diversen „Höfen” erworben hat. Auch sind solche „Ersiitzzeiten” Arbeitsjahre, für die allerdings mangels entsprechender Lohnhöhen keine Sozialversicherungsprämien eingezahlt worden sein dürften. Aber vielleicht gibt dieser frail den Anstoß zur Schaffung einer solchen „Häfenversicherung”, die natürlich auch eine Unfallversicherung einschließen müßte, weil man schließlich doch nur durch einen „Berufsunfall” ins Häfen kommt.

Kompliziert wird der Fall aber auch noch durch eventuelle Anwendung der Ruhensbestimmungen, weil Taschelziehen eine selbständige Erwerbstätigkeit darstellt, die mit einem Einkommen verbunden ist — ein Fall, der wie gesagt die Versicherungsexperten auf den Plan rufen müßte und ihnen einiges Kopfzerbrechen verursachen dürfte. Schließlich würde eine solche „Häfenversicherung” den Staat auch noch vor eventuellen Schadenersatzansprüchen bewahren, die von Leuten eingebracht werden könnten, die durch langjährigen Aufenthalt in staatlichen Anstalten um die Möglichkeit gebracht worden sind, die nötigen Beitragsmonate auf normale Art und Weise zu erwerben…

17. Jund jedes Jahr besonders hohen Zahlen an Verkehrstoten.

Es gibt ganz wenige Feiertage, die heute noch allgemein angenommen werden und verinnerlicht worden sind, ausgenommen die Feiertage der Weihnachtszeit. Leider. Auch für die kirchlichen Feiertage muß man feststellen, daß die Hochfeste der Liturgie für die Massen niur als Chancen zum Längerschlafen oder für Lang- touren verwendet werden. Also Freizeit sind — mehr nicht. Katzer hat in einem konkreten Fall einen praktikablen Vorschlag gemacht. Wahrscheinlich wird sich der deutsche Bundesarbeitsminister damit nicht durchsetzen, er wird aber durch seinen Hinweis Anlaß dafür sein, nicht weiterhin sorglos das Gedenken an geschichtliche Ereignisse ausschließlich zur Verminderung der effektiven Arbeitszeit zu verwenden. Wenn man die Arbeitszeit kürzen will, gibt es einen ganzen Katalog erheblich eindeutigerer Maßnahmen als über das Instrument der Einsetzung neuer Feiertage.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung