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Geheim: Rentenreform

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Die Durchführung der Rentenreform schreitet ihrem Ende entgegen. Zwar nicht im Oktober, wie angekündigt, aber doch mit Ende dieses Jahres dürfte sie, wenn man von der Gruppe der berenteten Heimatvertriebenen und Auslandsösterreicher absieht, beendet sein. Es würde sich also eigentlich erübrigen, über den hierbei eingehaltenen Arbeitsvorgang, mag er jetzt richtig oder unrichtig, besser oder schlechter gewesen sein, auch nur ein Wort zu verlieren, wenn nicht seine vielfach schon rein rechtlich ganz unmöglichen Auswirkungen noch heute und wahrscheinlich noch durch längere Zeit in Erscheinung treten würden.

Wäre im Bereich unserer Sozialversicherung wirklich ein, wie es gerade hier besonders wünschenswert Wäre, demokratischer Geist vorhanden, dann hätte man die Öffentlichkeit über die Art des Arbeitsvorganges, auf den man sich vor Beginn der Durchführung der Reform geeinigt hatte, eingehend informieren müssen. Dann hätte jeder Rentner, in welchem Bundesland immer, ungefähr gewußt, wann seine Rente zur Neubemessung darankommt und wann er mit der Zustellune des

Umrechnungsbescheides und der so heiß ersehnten Nachzahlung rechnen kann. Welche Flut von Anfragen, Betreibungen und Beschwerden wäre dadurch den Versicherungsträgern, und welche Fülle von Leserbriefen den So- zialberatem der diversen Tages- und Wochenblätter erspart geblieben. Wäre denn eine solche Veröffentlichung über die für die Durchführung der Reform festgelegten Grundsätze nicht in den Aufgabenkreis der heute bei allen Versicherungsträgern eingerichteten Pressereferate gefallen? Welche Leben sberechtigung haben denn diese überhaupt, wenn sie nicht gerade bei solchen hochbedeutsamen Gelegenheiten in Aktion treten? — Aber es geschah nichts, gar nichts,, das Ganze blieb eine Geheimsache.’ Und SO’Ver-’ mochte und vermag auch der aüftneiüc-’ samstė Beobachter nicht zu erkennen, nach welchem System eigentlich die Durchführung der Rentenreform vor sich geht. Eines ist sicher — sie erfolgt weder nach dem Anfallstag der Rente, noch nach dem Alter des Rentners, weder nach der Art der Rente, noch nach dem Wohnsitz des Rentners; auch die Scheidune nach Vor-ASVG-

und Nach-ASVG-Renten scheint hier keine Rolle zu spielen und ebensowenig schließlich rein rechtliche Momente. Also wirklich eine ausgesprochen undurchsichtige Geheimsache.

Alles in einem Aufwaschen?

Nur eines läßt sich erkennen, man bemüht sich — und das wäre noch begreiflich — möglichst alles in einem Aufwaschen zu machen. Aber ist das denn auch immer möglich?

Was dabei herauskommt, möge nur an einem einzigen Beispiel aufgezeigt sein: Nach dem Wortlaut der 8. Novelle zum ASVG (der Rentenreform) wurden die Renten-Ruhensbcstimmun- gen der §§ 91, 92, 93 mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 1961 aufgehoben, der § 93 ASVG überdies noch — doppelt hält besser — vom Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis G 10(60 als verfassungswidrig aufgehoben. Demnach wäre es die erste Pflicht der Versiche- rungsträger unserer Rentenversicherung gewesen, ab 1. Jänner dieses Jahres unverzüglich jeden weiteren Abzug bei solchen Rentnern, die mehrere Renten oder Bundespension and Rente Nebeneinander beziehen, einzustellen. Und was geschieht in Wirklichkeit? Soferne die betreffenden Renten nicht schon zur Neubemessung drangekommen sind, werden heute, noch im September, also volle neun Monate nach der Gesetzwerdung der Rentenreform, die Kürzungsbeträge ohne jede gesetzliche Grundlage weiter abgezogen. Dies im Rechtsstaat Österreich! Oder will man uns etwa sagen, die Versicherungsträger hätten die durch die Ruhensbestimmungen betroffenen Akten in ihren Registraturen nicht abgesondert gelagert, so daß man eben weiter gar nichts anderes tun könne, als zu warten, bis einem bei der Neuberechnung der Renten die betreffenden Akte Unterkommen? Auf diese Art werden völlig gesetzwidrig den Rentnern Beträge abgezogen und vorenthalten, die bereits einige tausend Schilling betragen. Und wenn dann die Betroffenen endlich einmal anläßlich der Rentenneubemessung die Rückzahlung erhalten haben und Verzugszinsen verlangen werden, dann werden sie mit dieser Forderung natürlich abgewiesen werden. Was nützen da alle modernen teuren ‘-Elcktronenrhaschi- i nen, wenn- der - ganze Arbeitsvorgang, wfe gerade dieses Beispiel zeigt, schlecht durchdacht ist?

Heimatvertriebene und Auslandsösterreicher

Noch mehr zu verurteilen ist abei das, was hier im Zusammenhang mii der Durchführung der Rentenreforn gegen die Heimatvertriebenen unc

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