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Krimi auf Zypern

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In den venezianischen Mauern von Famagusta ereignete sich während des XV. Jahrhunderts das Drama von Othello und Desdemona. Eine kurze Autostunde weiter westlich, 13 Kilometer von Nicosia entfernt, lag der gesäuberte Exsicherheitschef Georgadjis unlängst erschossen in seinem Auto. Leibwächter Patatakos, der Vertraute und Sprengstoffexperte Georgadjis', der im KP-Untergrund von Paphos den Attentäter des Griechenpremiers Papadopulos,

A. Panagulis, im Waffen- und Dynamitgebrauch geschult hatte, verschwand aus dem Mordwagen spurlos und ist bisher nicht wieder aufgetaucht. Vielleicht zog er sich zur Familie Zoppos zurück, zu Vater und Sohn, aus der EOKA-Zeit wegen ihres Linksdralles bekannt, wo dem griechischen Deserteurleutnant

A. Panagulis außer den Mordinstrumenten auch noch die entsprechende Gehirnwäsche und der falsche Zypernpaß verabreicht worden waren. Das Dokument wurde auf Veranlassung und Befehl von Georgadjis ausgefertigt. Damit bewies das griechische Kommandoduo, Papadopulos-Pattakos, dem Erzbischof Makarios, daß sein Innenminister kein guter Griff war.

Zunächst aber erfüllte sich das Schicksal, das Georgadjis seinen Feinden prophezeit hatte, an ihm selber. „Rot“ wie sein vergossenes Blut war er wohl in Wirklichkeit selber nie, da er die Tochter des Pariser Millionärs Leventis geheiratet hatte und von seinen kommunistischen Kumpanen mutmaßlich nur zum Mitmachen erpreßt worden war. Sie hätten nämlich entdeckt, daß Georgadjis als USA-Agent Geheimmikrophone in KP-Versammlungen geschleust habe, und drohten angeblich dessen Extätigkeit in allen Einzelheiten zu enthüllen. Die Hand mit im KP-Spiel habe auch Dr. Vassos Lyssarides gehabt. Als KP-Abgeordneter ins Zypernparlament eingezogen, sodann wieder ausgezogen, wetteiferte Lyssarides 1963 in der Presse öffentlich mit dem Verleger Nikos Sampson, wer von den beiden während der Blutbäder von Omor-phita und anderswo mehr TürkenZyprer ins Jenseits befördert habe. 1967 staunte das diplomatische Corps von Nicosia darüber, daß Dr. Lyssarides alle diese farbenfreudigen, aber dennoch dunklen Delegierten im luxuriösen Hilton-Palace-Hotel feilhielt. Bei dieser Gelegenheit, aber auch später, rebellierten die Abgesandten Pekings gegen den ungebührlichen Pomp sowie auch gegen den hier verfolgten ideologischen Kurs Moskaus. Der Kreml seinerseits erhärtete den Schritt in Nicosia durch die Ablöse des jovial-aufgeschlossenen und sprachenkundigen Botschafters, des Professors Jereme-nov. An seine Stelle trat 1968 der verschlossen-düstere Apparatmann Tolubjev, stets in Begleitung seines Dolmetschers. Alles das konnte aber nichts daran ändern, daß sich Makarios vom Lager Nassers Schritt für Schritt distanzierte und gleichzeitig mit Israel versöhnte, was der Staatsbesuch Abba Ebons am 2. Dezember desselben Jahres verbriefte. Journalisten, die sich damals, so wie wir, zur Pressekonferenz in die Botschaft begaben, wurden bloß durch den Türspalt eingelassen und nach Waffen abgetastet, was einen Eindruck des Pulvergeruchs vermittelte, der über der Inselrepublik schwebt. Wenn sich hier die Linke bis zum Machtantritt der Athener Junta am 21. April 1967 durch Türkenhaß und Enosis-Ruf (Vereinigung mit Griechenland) legitimierte, so wurde ihr hernach dieser Wind gründlich aus den politischen Segeln genommen. Welcher Wind nunmehr verblieb, ist schwer zu erraten, es sei denn, man nimmt an, es sei der Kampf gegen den jetzigen Makarios-Kurs, nachdem sich Athen und Ankara auf Stillhalten geeinigt haben. Über die Richtung der Schüsse auf den Präsidentenhelikopter dürfte es darum keine großen Zweifel geben. Jene, die Georgadjis niederstreckten, könnten von der Seite gekommen sein, auf die er selber zielte, oder von seinen neuen Freunden, die ihn zum Schweigen bringen wollten oder mußten, um nicht verraten zu werden.

Georgadjis-Mörder trugen angeblich griechische Uniformen. Sollte das wahr gewesen sein, gilt es auch für die Echtheit der Montur.

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