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Schuld und Schuldkomplex

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.Die ceyionesiscne Kegierun; wollte von aller Welt beachtet wis sen, „daß Ceylon das erste Lan war, das die Initiative ergriffen hat um die öffentliche Meinung de Welt gegen die Verfolgung de Buddhisten in Südvietnam zu mobi lisieren“.

Wer ergreift aber die Initiative um die öffentliche Meinung de: Welt gegen die Verfolgung de: Christen auf Ceylon zu mobilisie' ren? Die ganze westliche Welt ha laut protestiert gegen eine Bud dhistenverfolgung in Südvietnam die es erwiesenermaßen nicht ge geben hat, denn die religiöse Kutti der Bonzen wurde als Tarnmante der Politik mißbraucht, aber die ganze westliche Welt bleibt stumn gegenüber der Verfolgung dei Christen durch die Buddhisten aul Ceylon.

Der durchschnittliche Zeitungsleser im Westen erfährt gar nicht daß auf Ceylon die Buddhisten nichi nüde werden, immer neue Schika- ren zu erfinden, um die Christen zv erfolgen und die katholische Kirche, die so viel zur Entwicklung les Landes beigetragen hat, zu verliebten. Die Regierung, die sich mil ler Sache des Buddhismus identifi- dert, verlangt seit 1961 von den ansässigen katholischen Missionären ährlich eine hohe Kopfsteuer. Da- lurch wurde zum Beispiel der 3ischof von Kandy gezwungen. .7 indische Priester nach Indien zu- •ückzuschicken, weil er das Geld :ür ihre Aufenthaltserlaubnis nichi lufbringen konnte. Früher wirkten luf Wunsch des Staates 300 katho- ische Krankenschwestern in den staatlichen Spitälern und Lepra- leimen auf Ceylon. Seit 1962 werden lie planmäßig aus den Kranken- läusern ausgewiesen, obwohl nicht linmal ein Ersatz für sie da ist. Bis um 15. März 1964 will die Regierung das letzte Spital von katho- ischen Krankenschwestern, aus- Q dien,,j ie eylonesi5 ?h n .4,ge- lahmen ist diq Absicht zu erkennen, laß die Regierung in den nächsten wei Jahren das gesamte aus

ländische Missionspersonal aus der Land vertreiben will. Der Einflu der einheimischen katholische Laien soll dadurch gebrochen wer den, daß die Buddhisten di Katholische Aktion als staats gefährdende Geheimorganisation an klagen.

Der Hauptkampf der Regierun und der Buddhisten gilt aber de: hplipht.pn knt.hnliRohpn Srhulpn. DP

erste Schlag wurde geführt, als am 1. Dezember 1960 das neue Schulgesetz (Schools Take Over Act) in Kraft trat, das die Regierung in die Lage versetzte, alle 720 katholischen Volksschulen zu verstaatlichen und die betreffenden Schulgebäude und Grundstücke entschädigungslos zu enteignen.

Blieben den Katholiken nur noch die 47 höheren Schulen, die jedoch nicht nur ohne staatliche Unterstützung auskommen mußten, sondern auch kein Schulgeld erheben durften! Die Regierung war überzeugt, daß die katholischen höheren Schulen ohne diese finanzielle Grundlage von selber zugrunde gehen würden. Das war nicht der Fall. 42 konnten sich am Leben erhalten durch die Spenden der Eltern, der Altschüler und der Freunde der katholischen Schulen, darunter vielen Nichtkatholiken. So ersann die Regierung neue Mittel und Wege, um die noch bestehenden katholischen Schulen zu treffen. Sie verbot ihnen, nichtkatholische Schüler aufzunehmen, wodurch die Schülerzahl rapid sank, was wieder die finanzielle Grundlage Schmälerte. Doch bis heute haben, obwohl noch viele andere Schikanen dazukamen, 34 katholische höhere Schulen überlebt.

Wer empört sich darüber?

Oder ein anderes Beispiel: Während die Flammen, in denen sich Bonzen in Südvietnam zum Protest gegen die „Buddhistendiskriminierung“ der Regierung Diem selbst verbrannten, den Westen nahezu in Weißglut brachten, lassen ihn die Flammen der Christenverfolgung im Sudan, die Niederbrennung ganzer Dörfer, anscheinend kalt. Wer stellt

die blutige Christenvertoigung im Sudan an den Pranger, die größte Christen Verfolgung der Nachkriegszeit außerhalb des Eisernen Vorhanges? Der Südsudan, wo vier Millionen Heiden und 600.000 Christen leben, die zusammen ein gutes Drittel der Bevölkerung des Sudan bilden, wird mit unglaublicher Brutalität zwangsislamisiert, wozu unter anderem die Entwicklungs-

ülfe- und Bildungshilfemillionen verwendet werden, die der Sudan mch vom Westen erhält. 110 katho- ische Missionäre, vor allem die ungen und arbeitsfähigen, wurden isher ausgewiesen. 30.000 Süd- udanesen sitzen in den Gefängnis- en, weil sie sich gegen die Politik ler Arabisierung und Islamisierung 'ewehrt haben, und 60.000 sind in las Ausland — vor allem nach Jganda — geflüchtet.

Um die Religionsverfolgung im iüdsudan zu verbergen, ist das Ge

biet für Journalisten, Forscher ur Touristen gesperrt.

Die Unterdrückung des Christer turns begann bereits im Unabhär gigkeitsjahr 1956. Im Jahre 195 wurden 358 katholische Schulen vei staatlicht. Die Kinder heidnische Eltern werden in die Koranschule gesteckt, und die Kinder chrisl licher Eltern bleiben, wenn sie nicl Moslems werden, praktisch voi Schulbesuch ausgeschlossen.

Das Todesurteil über di katholische Kirche in ihrem Lan wollten die Machthaber im Suda schließlich mit dem „Missionary Sc cieties Act“ fällen, der am 14. Nc vember 1962 in Kraft trat. Die Aus führungsbestimmungen verurteile die Missionäre zur Untätigkei Ohne Genehmigung des Staates dai der katholische Priester oder di Schwester beispielsweise keine ärzl liehe und wirtschaftliche Tätigke ausüben; mit anderen Worten, si dürfen nicht einmal eine Tablett abgeben oder einen Gemüsegarte für die Missionsstation anlegei Nicht nur die Bekehrung von Hei den wird ihnen unmöglich gemach die Missionäre brauchen auch di staatliche Genehmigung zur Tauf eines Kindes katholischer Eltern.

Und in Malaysia

Wenn schon eine unbarmherzig Christenverfolgung wie im Suda im Westen unbeachtet bleib wundert es einen auch nicht, dal um noch ein drittes Beispiel aiiZu führen, niemand eine Religions diskriminierung darin sah, als i der am 16. September 1963 in Leben getretenen „Föderation Ms laysia“ der Islam zur Staatsreligio proklamiert wurde, obwohl di Moslems weder im gesamten Staa tenbund noch in einem der für Teilgebiete die Mehrheit bilden. I Malaysia machen die Mohammeds ner 40 Prozent aus, in den Teil gebieten ergibt sich folgendes Bile Malaya nicht ganz 50 Prozer Moslems, Brunei 49 Prozent, Nord boroeo 37,9 Prozent, Sarawa 23,4 Prozent und Singapur kaur 15 Prozent. Daß in Malaysia de Islam zur Staatsreligion erkläi wurde, geht ,: vor jill|B|, f.gyf Konto' 7 Wer britischen fie iar rij welche' fie religiösen Rächte Nichtmoslems als Tauschobjekt vei wendete, um von den Moslems pc litische Unterstützung zu erkaufei Die britische Regierung hat di Empfehlungen der von ihr ein gesetzten Kommission, den Gebiete Sarawak und Nordborneo nicht de Islam als Staatsreligion aufzu nötigen, verworfen.

In Malaysia besoldet also de Staat alle Religionsdiener de Islams, baut Moscheen und Koran schulen, unterstützt sogar die Vei breitung des Islams im Ausland - und das alles mit Steuergelder einer überwiegend nichtmohamme dänischen Bevölkerung.

Wenn der Westen so verschiede auf Religionsverfolgungen und Re ligionsdiskriminierungen reagier so liegt der Verdacht nahe, daß e ihm vor allem gar nicht um die Re ligionsfreiheit geht, sondern da seine Reaktion, Protest auf de einen Seite und Totschweigen au der anderen Seite, eine ander Wurzel hat.

Unbewältigte Kolonialzeit

im die noch unbewältigte Vergan- ;enheit der Kolonialzeit. Das Zeit- Iter des Kolonialismus wird heute ■om Zeitalter der Entwicklungshilfe bgelöst, die Patenschaft weicht dei 'artnerschäft. Die „Weißen“ sitzer eicht mehr auf dem hohen Roß unc iahen die Reitpeitsche, mit der sie licht nur das Pferd antrieben, aus ler Hand gelegt. Sie haben siel ndlich darauf besonnen, daß sie licht die Herren, sondern die Brü- ler der sogenannten „farbigen“ Tolker sind.

In dem Bestreben, das Mißtrauer ler ehemaligen Kolonialvölker zi iberwinden und ihr Vertrauen zt iewinnen, schlägt der Westen abei eider manchmal einen untauglicher Veg ein, der die Wahrheit ver- älscht, die Gerechtigkeit verletz! ind darüber hinaus gewiß nicht um Ziel führt.

Trat der „Weiße“ den „Farbigen“ rüher überheblich, fast wie eir lalbgott gegenüber, so schlägt das 'endel heute aber manchmal au! lie andere Seite aus. Um die Sympathie und das Vertrauen dei

legen die Weißen oft ein Benehme an den Tag, aus dem eine A Selbstverachtung spricht.

Die kommunistische Propagand die an der Kolonialzeit kein gut, Haar läßt, ist natürlich höchst eir seifig. Es geht ganz einfach darur Schatten und Licht gerecht zu vei teilen. Ohne Zweifel gab es vie schwerwiegende Fehler und Ve: säumnisse, die wir nicht nur bi reuen, sondern auch wiedergu machen sollen, soweit das not möglich ist. Aber wenn sich heu' las schlechte Gewissen, ja di Schuldkomplex, der sich im Untei aewußtsein des Westens gebildi lat, in einer Form Luft macht, w las in den aufgezeigten Reaktione mm Ausdruck kommt, so ist dl äußerst bedenklich.

Selbstbezichtigungen werden de Argwohn der Entwicklungsland sher verstärken als überwinden. I wäre auch ein folgenschwerer In ;um, zu glauben, der Westen müßt eine begangenen Untaten dadurc sühnen, daß er jetzt die Untaten d anderen übersieht

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