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Student in der Bewährung

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Wer heute eine unserer hohen Schulen betritt, wird nicht erstaunt sein über die innere Leerte eines Großteils der Studentenschaft. Scheinbar hat diesen Zustand nun die „gute" Zeit mit sich gebracht, in der es zwar mehr zu Essen gibt, aber weniger Diskussion und geistige Auseinandersetzung. Der willig allem Aufgeschlossene wird wenige finden, die ihm gleichgesinnt sind. Die heutige Not des Studenten ist nicht mehr die dreifache, nämlich eine materielle, geistige und seelische, sondern fast nur mehr die zweifache eines geistigen und seelischen Indifferentismus. In der Zeit nach dem Krieg konnte das Geistige aber noch eher gedeihen als heute, wenn sich auch die studierende Kriegsgeneration bemühen mußte, in möglichst kurzer Zeit fertigzustudieren. Heute liegt das Gewicht einer noch größeren geistigen und seelischen Not in einem Großteil der Studenten.

Im Bemühen um eine christliche Lösung aller schwebenden Fragen wurde im Jahre 1946 in Salzburg die „Katholische Hochschuljugend Österreichs" gegründet. Das heißt, kein Minimalismus im geistigen und seelischen Bereich, nicht nur kritisieren, sondern konstruktive Vorschläge machen, das heißt Auseinandersetzung und Diskussion mit dem Nächsten an der Hochschule. Das heißt, auch richtig Mensch zu sein und einer Aufgabe dienen, um die es sich einzusetzen lohnt: nämlich dazu beitragen, daß die Kirche in der Studentenschaft Österreichs sich lebendig darstelle und daß junge Menschen sich immer mehr und tiefer mit der Lehre Christi befassen und danach ein neues Leben beginnen. Das war und ist das Ziel dieser Lebens- und Arbeitsgemeinschaft. „Katholische Hochschuljugend Österreichs“: in aller Bewußtheit wurde dieser Name gewählt. Im Namen drücken sich die Prinzipien, die die neue Giemeinschaft gestalten, aus. Wesentlich für die „Katholische Hochschuljugend Österreichs" ist es geblieben, daß die junge Akademikerschaft den Ruf der Kirche hört und versteht. Es handelte sich nicht darum, einen neuen Verein zu gründen, sondern die Katholische Aktion als kirchliche Lebensform im studentischen Lager zu verwirklichen. Die „Katholische Hochschuljugend Österreichs“ war von Anfang an eine kirchliche Gemeinschaft. Die Zusammenarbeit von Priestern und Laien an den österreichischen Hochschulen verwirklichte die Kirchlichkeit der Gemeinschaft. Denn Kirche ist das ganze Kirchenvolk, das aus Priestern und Laien besteht. Ursprung und Anfänge lagen in der Kriegszeit, die Gemeinden der Studentenseelsorge waren der Ursprung. Die Kriegsgeneration der Studenten hat die „Katholische Hochschuljugend Österreichs" als Gemeinschaft begründet. Zur Verchristlichung des studentischen Milieus erschien es notwendig, eine Trennung zwischen kirchlichem Gemeinschaftsleben und hochschulpolitischen Fraktionen vorzunehmen, was oft zum Vorwurf gemacht wird. Im Oktober 1946 wurde die „Katholische Hochschuljugend Österreichs“ durch die Österreichische Bischofskonferenz anerkannt und für die Pax Romana, die Weltbewegung katholischen Studententums als österreichische Vertretung —vorerst allein — nominiert. Für die ersten Jahre war es kennzeichnend, daß es nur wenig organisatorische Einrichtungen gab und deshalb der Gemeinschaft für große Aktionen eine gewisse Schwäche anhaftete. Aber bald war diese Gemeinschaft nun nicht mehr eine lose Schar von Menschen, die alle irgendwie das gleiche wollten, sondern ein brauchbares Instrument der Katholischen Aktion für die Anliegen der Kirche geworden. Die Verwirklichung christlichen Lebens an den Hochschulen ist als Notwendigkeit erachtet worden. Das Wirken junger, begeisterter und ernster Christen unter ihren Kollegen und Kolleginnen, die oft der Kirche nur mehr äußerst labil gegenüber- stehen, kann nur mehr durch pefsönV’ liehen Kontakt zwischen den Studierenden in den Hörsälen, Instituten und Laboratorien gewonnen werden. Bildung und Lebenstüchtigkeit müssen die Legitimation sein, die den anderen überzeugen müßten. Ein modernes Christentum, getragen von der studierenden Generation gleichen Alters, soll der Weg zur Errichtung der Verchristlichung der Hochschulen sein. Aus der Auseinandersetzung werden Entscheidungen für die Studenten entstehen. Der Glaube an die Kraft der Ideen läßt somit einen weiten Spannungsbereich öffnen.

Wenn nun die „Katholische Hochschuljugend Österreichs“ auf ihr fünfzehnjähriges Bestehen, das zu Pfingsten 1961 gefeiert wurde, zurückblickt, so kommt es nicht darauf an, daß man stolz auf Leistungen hinweist, die durch Zahlen auszudrücken sind. Wichtiger als große Demonstrationen erscheint die Arbeit am einzelnen in der Verchristlichung der studentischen Gemeinschaft.

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