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Verebbt die Sexwelle?

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In Kopenhagen hat kürzlich eine sogenannte „Sexmesse“ stattgefunden, die erste und größte der Welt, wie ihre Veranstalter stolz verkündeten. Das Beste, das man über sie sagen kann, ist, daß in diesen Tagen im Königreich Dänemark mehr als nur ein „Etwas“ faul gewesen ist. Wirklich groß an dieser Veranstaltung und Ausstellung hunderter Porno-Zeitschriften und Sexattribute war nur die Enttäuschung der Besucher, die sogar aus weit entfernten Ländern gekommen waren, um in den meisten Fällen dann angewidert und enttäuscht die Schau zu verlassen.

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In Kopenhagen hat kürzlich eine sogenannte „Sexmesse“ stattgefunden, die erste und größte der Welt, wie ihre Veranstalter stolz verkündeten. Das Beste, das man über sie sagen kann, ist, daß in diesen Tagen im Königreich Dänemark mehr als nur ein „Etwas“ faul gewesen ist. Wirklich groß an dieser Veranstaltung und Ausstellung hunderter Porno-Zeitschriften und Sexattribute war nur die Enttäuschung der Besucher, die sogar aus weit entfernten Ländern gekommen waren, um in den meisten Fällen dann angewidert und enttäuscht die Schau zu verlassen.

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Von dem Arrangeur der Ausstellung sagt man, daß er sich in drei Jahren auf dem dänischen Sexmarkt vom Seemann und Bierausträger zum vielfachen Millionär empor- gearbeiteit habe. Im Vorjahr erreichte sein Umsatz an Pomo-Literatur den Wert von zehn Millionen Dänenkronen. In seinem Kontor sind 25 Angestellte beschäftigt, und die Zahl seiner weiblichen Photomodelle ist Legion. Doch an männlichen Modellen mangelt es.

Das letzte Tabu durchbrochen

In Schweden läuft gleichzeitig der Film „Die Sprache der Liebe“. In Stockholm wird er täglich in 14 Vorstellungen gezeigt, und außerdem laufen dreißig andere Kopien in den Landstädten. Die Sexualwissenschaftler Inge und Sten Hegeier und ihre ärztlichen Mitarbeiter stellen den Geschlechtsakt ganz bewußt in den Mittelpunkt des Geschehens und filmten eine Anzahl von Sexualakten in einem eigens dafür erbauten Studienraum. Die Hauptdarsteller, alles freiwillige Mitarbeiter, waren von der Außenwelt vollständig isoliert

Der „Graue Zeitungsmarkt“

Die Sexmesse in Kopenhagen lenkt unvermeidlich das Interesse auf jene Presseerzeugnisse, die zum Entstehen eines ganzen Industriezweiges,

des pornographischen „Grauen Zeitungsmarktes“, beigetragen haben. Und hier ist es Schweden, das auf der internationalen „Rangliste“ an der Spitze marschiert.

Nachdem man sich viele Jahre lang mit vier bis fünf sogenannten „Porr- Zeitungen“ begnügt hat, setzte vor etwa drei Jahren eine fieberhafte Entwicklung ein, vor allem durch die Nachfrage aus dem Ausland bedingt und hauptsächlich auch durch ausländische — amerikanische, englische und westdeutsche — Kapitalinvestitionen ermöglicht. Sehr viel deutet darauf hin, daß der schwedische Markt übersättigt ist und laufend an Bedeutung verliert, viele der pornographischen Druckerzeugnisse erscheinen deshalb schon mit deut- chem und englischem, teilweise sogar italienischem Text. Die Zahl der schwedischen Porno-Zeitschriften liegt um 300, auf dem Höhepunkt der Entwicklung soll sie nahe an 400 herangekommen sein. Die Auflage der einzelnen Ausgabe liegt meist bei 10.000 Exemplaren. Manche dieser Zeitschriften werden sofort verboten und beschlagnahmt, ein Teil ihres Bildmaterials erscheint dann gewöhnlich in einer anderen Zeitschrift, die noch nicht der Zensur zum Opfer gefallen ist, oder in einer neugegründeten Zeitschrift. Der Preis für das einzelne Exemplar beträgt zwischen 10 und 18 schwedi

schen Kronen; für diesen Preis erhält man allerdings schon Zeitschriften im Großformat, die ausschließlich Farbphotographien enthalten.

Die schwedische Kundenunterlage wird auf nicht mehr als 60.000 Personen geschätzt. Frühere Annahmen, daß es sich dabei meist um ältere Männer zwischen 40 und 60 Jahren handelt, sind durch genauere Untersuchungen widerlegt worden: Die meisten Käufer sind zwischen 25 und 35 Jahren alt! Eine ausschließlich für Frauen bestimmte Porr-Zeitschrift mußte nach einigen Ausgaben stillgelegt werden.

Ohne die ausländischen Abnehmer könnten diese Zeitschriften nicht bestehen; man rechnet in Stockholm mit 60.000 ausländischen Käufern, die oft auch für Freunde und Bekannte einkaufen und so für den Hauptteil der Einnahmen sorgen.

Am Ende angelangt?

Nach der Exhibition des Films „Sprache der Liebe“ beginnt man sich langsam zu fragen, was nachher kommen soll. Das Publikum wird sich möglicherweise noch den einen oder anderen Film, der intime Vereinigungen zeigt, ansehen, doch dann wird es bemerken, daß man ihm hier eigentlich immer wieder das gleiche bietet.

So ergibt sich zum Schluß doch noch ein positives Urteil: Der romantische Zauber um das Verhältnis der Geschlechter zueinander ist zerfetzt worden — das sollte man nun so nüchtern als möglich feststellen —, und vom „Mysterium der Liebe“ hat die auf früher unvorstellbare Weise vervollkommnete Technik der Darstellung nicht mehr viel übrig gelassen. Vielleicht gelingt es nun gerade dieser grenzenlosen Freiheit, mit den Giftblüten einer halben und zudem falsch verstandenen Freiheit fertig zu werden!

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