Halbzeit-High-Potentials

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Alle Jahre wieder bekommt das österreichische Bildungssystem einen Spiegel vorgehalten. Wenn die OECD ihre Vergleichsstudie "Bildung auf einen Blick“ präsentiert und uns bestätigt, was wir eigentlich schon lange wissen: Kein Land gibt mehr Geld pro Schüler aus als Österreich und auch unsere Lehrer verdienen überdurchschnittlich gut. Der Bildungsstand der Bevölkerung ist relativ hoch, die Akademikerquote mit 19 Prozent allerdings blamabel (OECD-Schnitt: 32 Prozent).

Dieser ohnehin schon niedrige Wert verliert aber nochmals an Gewicht, wenn man sich anschaut, wie die akademische Ausbildung im Beruf eingesetzt wird. Oft nur zur Hälfte nämlich, wie die Studie zeigt. Denn nicht einmal jede zweite Frau zwischen 35 und 44 Jahren, die an einer Uni studiert hat, arbeitet Vollzeit. Das liegt deutlich unter dem internationalen Durchschnitt von 66 Prozent und noch deutlicher unter der Vollzeit-Erwerbstätigkeit von Männern dieser Altersklasse von 81 Prozent.

Österreich bildet also (eh schon wenige) hochqualifizierte Frauen aus und schafft es nicht, sie zu vollwertigen Arbeitskräften zu machen. Warum in Doppelverdiener-Familien oft nur einer - nämlich der Vater - einen 40-Stunden-Job hat, liegt häufig an der individuellen Situation: Weil keine Oma in der Nachbarschaft wohnt, die spontan einspringt, wenn’s einmal länger dauert. Weil ein Schichtbetrieb, etwa im Gesundheitsbereich, nicht mit den Öffnungszeiten eines Kindergartens korreliert. Oder weil der Arbeitgeber nicht daran denkt, den Teilzeitvertrag aufzustocken.

Betroffene Eltern dürfen in diesem Dilemma nicht alleine gelassen werden: Es ist Aufgabe der Gesellschaft, moderne Lebensmuster zu ermöglichen, die Politik hat die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Die viel zitierte "Wahlfreiheit“ ist dabei begrüßenswert, allerdings muss klar sein: Es liegt im Interesse aller, dass Frauen mit Spitzenqualifikationen voll im Arbeitsleben stehen. Um den volkswirtschaftlichen Nutzen einer akademischen Ausbildung zu genießen. Um das umfangreiche Pensionssystem zu entlasten. Und um ein Geschlechterverhältnis auf Augenhöhe zu etablieren.

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