Maria Loley: die Unbeirrbare
Maria Loley, die Grande Dame der Flüchtlingshilfe in Österreich, feiert am Samstag ihren 90. Geburtstag. Die UNO-Preisträgerin blickt zurück auf ein bewegtes Leben.
Maria Loley, die Grande Dame der Flüchtlingshilfe in Österreich, feiert am Samstag ihren 90. Geburtstag. Die UNO-Preisträgerin blickt zurück auf ein bewegtes Leben.
"Ich bin zu den Stammtischen gegangen und hab den Leuten geschildert, was Flucht, Besitzlosigkeit und Fremde bedeuten, ich hab sie motiviert zu helfen.“ Herausfordernd ist Maria Loleys Blick, wenn sie erzählt. In einfachen Weinviertler Wirtshäusern mag sie gestanden haben - der Boden, auf dem sie sich bewegte, war hochpolitisch. Es ist diese natürliche Einfachheit, die die österreichische Flüchtlingshelferin ausmacht. Am Samstag wird sie 90 Jahre alt. Die FURCHE hat sie zu diesem Anlass im niederösterreichischen Laa an der Thaya besucht.
Eines steht fest: Maria Loley ist widerstandsfähig. Ihr ganzes Leben opferte sie den Schwachen und Verfolgten, mehrmals stand sie selbst an der Schwelle zum Tod. Erst vor wenigen Tagen musste sie ins Krankenhaus. Ihr Herz ist schwach, ihre kämpferische Art aber hat sie nicht verloren. Die zierliche Frau spricht laut und mit fester Stimme. Dazu gestikuliert sie lebhaft.
Ihr Engagement für die Geringgeschätzten prägt sie schon in ihrer Kindheit. Immer wieder ist die Familie auf die Hilfe anderer angewiesen. Als Jugendliche erlebt sie die Not des Krieges. Eigentlich will sie Ärztin werden. Doch studieren darf sie nicht - aus politischen Gründen, denn die Eltern gelten als Gegner des NS-Regimes. Maria Loley ist 21 Jahre alt, als sie 1945 in Poysdorf Südmährischen Flüchtlingen und Überlebenden des "Brünner Todesmarsches“ hilft. Sie sieht das Elend, packt mit an, pflegt Kranke und Ausgehungerte. Das Wetter ist schwül, rasend schnell breiten sich Epidemien aus. Sie steckt sich mit Ruhr, Tuberkulose und Typhus an. Ärzte und Medikamente gibt es nicht, nur Schnaps zur Desinfektion, und Tierimpfstoffe. Sie überlebt.
Nach dem Krieg will sie Ordensschwester werden und tritt den Karmeliterinnen bei. Doch schon nach wenigen Monaten muss sie den Orden verlassen. Ihre Gesundheit ist noch zu schwach. Sie ist so kraftlos, dass sie herausgetragen werden muss. "Aber hinter allem, besonders dem Überleben, stand ein eisernes ‚Muss‘“, sagt sie. Nachdem sie wieder zu Kräften gelangt ist, macht sie eine Ausbildung zur Fürsorgerin. Die Kranken, Schwachen und Chancenlosen werden zu ihrem Lebensinhalt. Sie arbeitet in einem Flüchtlingslager in der Steiermark und baut den Psychosozialen Dienst im Weinviertel mit auf.
Flüchtlingshilfe Poysdorf
Anfang der Achtzigerjahre geht sie in Pension. Für sie ist es erst der Anfang. Sie startet ihre ersten eigenen Projekte, organisiert Hilfstransporte nach Polen und adoptiert den 18-jährigen Thaddäus. Als 1992 die Jugoslawienkriege beginnen und viele Bosnier ins Weinviertel kommen, beginnt sie, ein Hilfsnetz für Kriegsflüchtlinge aufzubauen. Es entsteht das Projekt "Flüchtlingshilfe Poysdorf“, für das ihr später der UNHCR-Weltpreis überreicht wird. Die 5500-Seelen-Gemeinde wird eingespannt, etwa 150 Familien aus den Kriegsregionen des ehemaligen Jugoslawiens, aus der Türkei, Ägypten und China im Ort zu integrieren. Der Preis des UNO-Hochkommissariats ist mit 100.000 Schilling dotiert. Sie nimmt das Geld für Notleidende. Es sei "keine funktionierende Flüchtlingsmaschinerie“ gewesen, sondern "nur Menschen, die Solidarität zeigten“, so Loley. Den Bruno-Kreisky-Preis bekommt sie für ihren Einsatz für Menschenrechte.
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