Spitzenmedizin und SPIRITUALITÄT

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Beziehung heilt: Österreichs Ordensspitäler legen ihr Augenmerk verstärkt auf Betreuung, die den ganzen Menschen im Blick hat.

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Beziehung heilt: Österreichs Ordensspitäler legen ihr Augenmerk verstärkt auf Betreuung, die den ganzen Menschen im Blick hat.

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"Guten Morgen, Herr Hue mer", ruft die Stationsschwester einem älteren Herrn zu, der sein Krankenzimmer soeben verlässt. Er grüßt zurück, geht auf sie zu, wechselt ein paar Worte mit ihr. Dann nimmt er sich eine Tageszeitung, setzt sich in den Aufenthaltsraum. Alfred Huemer kennt das Krankenhaus zum Göttlichen Heiland in Wien-Hernals gut, obwohl er nur selten da ist, wie er erzählt. "Wenn ich aber hier bin, fühle ich mich gut aufgehoben". Kommt er zu einer Behandlung ins Spital, grüßen ihn alle - nicht nur der Empfang, auch das Pflegepersonal. Huemer schätzt die spirituelle Grundhaltung im Göttlichen Heiland. Jeden Abend verfolgt er über die Lautsprecher die Abendandacht. Es sind kurze Botschaften, die ihn zum Nachdenken anregen. Auch kommt er gerne zur wöchentlichen Abendmesse der Kapelle.

25 Ordensspitäler gibt es gegenwärtig in Österreich. Sie sind in der heimischen Gesundheitsversorgung unverzichtbar: Über 1,7 Mio. Patientinnen und Patienten werden hier pro Jahr behandelt - ambulant und stationär.

Spiritualität als Marke

Die moderne Spitzenmedizin entwickelt sich rasant. Auf der Strecke bleibt dabei oft die Kommunikation mit den Patienten im Krankenhaus. Kommunikationswissenschafter Maximilian Gottschlich spricht in seinem Buch "Medizin und Mitgefühl" (2007) auch von "Sprachlosigkeit", die die Beziehung zwischen Arzt und Patient belastet. Das verunsichert viele Patienten, kann den Heilungsprozess bei ihnen verzögern oder sogar blockieren. Zufriedene Patienten werden aber schneller gesund, neigen weniger zu Komplikationen und werden auch früher aus dem Spital entlassen.

Eine gute Beziehung und ein Vertrauen zwischen Patient und Pflegepersonal fördert den Heilungsprozess, ist auch Schwester Barbara Lehner, Generaloberin der Elisabethinen in Linz, überzeugt. "Wenn wir die Balance zwischen Spiritualität und Spitzenmedizin halten, dann haben wir gute Aussichten für die Zukunft."

Forschungen bestätigen, dass sich religiöser Glaube positiv auf die Gesundheit auswirkt. "Spiritualität ist unsere Marke", betont Sr. Barbara. "Es ist unser erklärtes Ziel, Spiritualität im Spital sichtbar und erlebbar zu machen." Spiritualität war für sie immer schon da, nur früher war sie ein "Selbstläufer", wie sie betont, da geistliche Schwestern in einem Ordensspital arbeiteten. Heute sind sie in der Minderheit. Trotzdem sollen die Patienten weiterhin spüren und erleben, dass sie sich in christlichen Einrichtung befinden und behandelt werden, so Pater Franz Helm, Leiter der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) der Ordensspitäler und Generalsekretär der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften. Die Menschen sollen in einem Ordensspital erfahren, dass sie "in guten Händen des Personal und Gottes sind""

"Wir wollen einen Grundduktus von Spiritualität als Haltung mittransportieren", betont auch Günther Liebminger, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation des Krankenhauses der Elisabethinen in Graz: "Quer durch alle Bereiche eines Ordensspitals."

Lebendiger "Geist"

Positive Erfahrungen im Spital wirken sich noch Jahre später auch auf die Lebensqualität des Patienten aus, meint Maximilian Gottschlich. Doch wie entsteht hier Zufriedenheit und Wohlbefinden? Gottschlich führt beides auf mehrere Faktoren zurück: auf die Qualität der Verständlichkeit und Vollständigkeit der medizinischen Informationen, auf die Dauer und die Häufigkeit der Gespräche mit den behandelnden Ärzten sowie auf die psychologische und soziale Unterstützung. Gottschlich sieht etwa auch im Mitgefühl des Arztes den Schlüssel für eine heilvolle Beziehung zum Patienten.

Doch was macht ein Ordensspital aus, wie unterscheidet es sich von anderen Spitälern? Viele Patienten verspüren hier einen "besonderen Geist", so das Ergebnis einer aktuellen Befragung. Sie schätzen aber auch die gute Behandlungsatmosphäre und die Spitzenmedizin in vielen Bereichen.

Für Christof Harrich vom Institut für Markenentwicklung kann und soll die Krankenhausseelsorge dazu beitragen, Patienten, Angehörigen und Mitarbeitern eine "Gemeinde auf Zeit" zu ermöglichen. Harrich sieht in der Seelsorge eines der Markenzeichen von Ordensspitälern, das sie von anderen Krankenhäusern unterscheidet.

Die Seelsorge-Angebote sind hier vielfältig: Gottesdienste, Gedenkfeiern und Andachten für Verstorbene, Beichten oder etwa Krankensalbungen. 70 Prozent der Seelsorge-Teams werden heute von Theologinnen und Theologen geleitet, die keine Ordensleute sind.

Barbara Lehner leitet die Patientenseelsorge im Krankenhaus Göttlichen Heiland. "Herzstück der Seelsorge sind Gespräche mit Menschen", erzählt sie. Erfahren möchte sie dabei, was den Patienten bewegt, wonach er sucht und wofür er dankbar ist; aber auch worunter er leidet. Lehner: "Meine Aufgabe und mein kirchlicher Auftrag sind, in der Begegnung etwas von der Zuwendung der Liebe Gottes zu jedem Menschen spürbar zu machen."

Als eine Stimme in der Öffentlichkeit gehört werden, das Gemeinsame als Vielfalt leben. Das wünscht sich Pater Franz Helm für die Ordensspitäler in Österreich. Die ARGE Ordensspitäler verfolgt das Ziel, "eine breite Öffentlichkeit zu erreichen und neue Impulse in der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens einzubringen." Das Dokument "Beziehung heilt" soll die Richtung der Einrichtungen für die Zukunft vorgeben. In einer ersten Phase wurde die Marke Ordensspitäler durch die Kernaussage "In guten Händen. Im Ordensspital" dargestellt. Auch wurde dazu eine Broschüre aufgelegt und in den Einrichtungen verteilt.

Soeben ist auch der Ratgeber "Quellen der Kraft" erschienen (siehe Bild unten), der die Beziehung zwischen Patient und Pflegepersonal verstärken soll. Auch Dankbarkeit, Liebe, Vertrauen und Gebet werden darin thematisiert. Der Ratgeber will die Leser auch zum Nachdenken über Gott und ihr Leben inspirieren und sie einladen, ihre eigene Spiritualität zu entdecken und zu vertiefen.

"Wir leben Nächstenliebe"

"Ja, ich arbeite sehr gerne hier", freut sich Alfred Klein-Watrycz. Seit November ist er Turnusarzt bei den Barmherzigen Brüdern in Wien. "Ich versuche, jedem Patienten Zeit zu schenken; ihm zuzuhören", so Alfred Klein-Watrycz. "Der Patient und seine individuellen Bedürfnisse stehen hier im Mittelpunkt", erzählt er.

Weihnachtsfeiern, gemeinsame Andachten oder etwa Adventkranzbinden - diese Aktivitäten stärken den Zusammenhalt unter den Kolleginnen und Kollegen, fördern die Kollegialität und beflügeln auch die "Nächstenliebe" zu den Patienten, so der Arzt.

"Heute kommen meine Enkerl wieder", strahlt Alfred Huemer. "Es ist fast wie zu Weihnachten." Drei von ihnen sind hier auf die Welt gekommen -das war "vor Jahrzehnten", wie er sagt. Auch das "verbinde" ihn mit dem Haus. Morgen erfährt er die Ergebnisse der Untersuchung, anschließend wird er entlassen. Alfred Huemer: "Dann haben mich der Alltag und meine Frau wieder", sagt er mit einem Lächeln. "Ich komme gerne wieder. Aber hoffentlich nicht so bald."

DIESE SEITE ENTSTAND IN KOOPERATION MIT DEN ORDENSGEMEINSCHAFTEN ÖSTERREICHS. DIE REDAKTIONELLE VERANTWORTUNG LIEGT BEI DER FURCHE.

INFORMATIONEN ÜBER ORDENSSPITÄLER: WWW.ORDENSSPITAELER.AT

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