Das Heilige Land

Professor Albright legt in diesem Buch, das erstmalig im Jahre 1949 in der Peguin Book Serie erschienen ist und seither drei Neuauflagen erlebte, Zeugnis ab von seiner umfassenden Kenntnis der archäologischen und biblischen Geschichte des Heiligen Landes. Im Dienste seiner Wissenschaft und als prominentes Mitglied der American School of Oriental Research war der Autor seit 1920 führend an der archäologischen Erforschung Palästinas beteiligt. Die deutschsprachige Übersetzung des Penguin Book, von Hans Marfurt mit Geduld und gutem Willen vollbracht, hat der Benziger-Verlag, dem europäischen Geschmack und der Bibliophilie zuliebe, Im Verhältnis zur Originalausgabe beinahe luxuriös ausgestatte; die schönen Bildtafeln, der Druck, der Einband und das Papier werben allein schon für dieses Buch. Dem Leser wird die Lektüre dieses Buches Freude bereiten, wenn er sich über den trockenen Fachgelehrtenstil, der durch die Übertragung keineswegs geglättet wurde, hinwegsetzen kann.

Die Bewältigung des gestellten Themas erfordert nicht nur eine gründliche Kenntnis der Geographie des Landes, der Ausgrabungsstätten und ihrer Leiter, sondern auch die Durchsicht der umfangreichen Fachliteratur und die persönliche Vertrautheit mit allen wichtigen Funden, ob sie nun in europäischen, amerikanischen oder, als Ausbeute neuerer Grabungen, ausschließlich nur noch in israelischen Museen greifbar sind.

Im einleitenden Kapitel bespricht W. F. Albright die verschiedenen Techniken des Ausgrabens, die von Gelehrten und Praktikern herausgearbeiteten Methoden der Sondierung, der Stratigraphie (Schichtengrabung und deren Deutung), der Datierung der einzelnen Kulturschichten mit Hilfe der radioaktiven Ausstrahlungen gewisser Substanzen wie Holz oder Knochen (Radiocarbonmethode) und der Vermessung.

Diesem Kapitel folgt ein historischer Überblick aller Palästinaforscher, deren Berichte, vom 15. Jahrhundert an bis zum Beginn systematischer Vermessungen und Grabungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, häufig zum Ausgangspunkt für die Ansetzungen späterer Grabungen verwertet wurden. In den folgenden Abschnitten erläutert Prof. Albright an Hand der Grabungsergebnisse die Geschichte des Landes von der prähistorischen Zeit bis zur jüdischen Einwanderung. Nach dem Auszug aus Ägypten und der Landnahme in Palästina folgt die glänzende Zeit der jüdischen Könige Salomon, Saul und David; unter Nebukadnezar II. fällt die Babylonische Gefangenschaft; der Seleukidenherrschaft folgt die Unterwerfung des Landes durch Kaiser Vespasian und der daraufhin einsetzende Beginn der jüdischen Diaspora.

Über die Erforschung der aus dem Alten Testament, dem Buch der Könige und der Propheten, berühmten Städte wie Jericho, Samaria, Sichern, Gideon, Chasor (die Stadt Salomons), Askalon (die Stadt Davids) oder das nabatäische Petra, die oft mit Hilfe der im Arabischen erhaltenen Nn-men lokalisiert, identifiziert und ausgegraben wurden, berichtet Albright ausführlich. Ein für uns alle interessantes Ergebnis lieferte die Freilegung der Synagoge von Ka-pharnaum aus dem vierten Jahrhundert nach Christus, deren Grundriß mit dem Typus der frühchristlichen Basilika im Gebiet des römischen Imperiums konform ist.

In einer religionswissenschaftlichen Würdigung der nach dem zweiten Weltkrieg aufgefundenen Schriftrollen vom Toten Meer (Kum-ran-Rollen) kommt Prof. Albright auf das hohe Alter des Johannes-Evangeliums zu sprechen. Er schließt sich der Meinung jener Fachgelehrten an, welche die von den Essenern in aramäischer Sprache aufgezeichneten Thesen dahingehend auslegen, daß sie das Erscheinen des Erlösers 100 Jahre vor Christi Geburt vorbereiten.

Abschließend setzt sich der Autor mit der Bedeutung des alten Palästina im Rahmen der Weltgeschichte auseinander. Das von Natur aus arme Land im Strahlungsfeld großer vorderasiatischer und nordafrikanischer Kulturen hat es weder kulturell noch politisch zu eigenständigen Leistungen gebracht. Seine Größe liegt allein in der Auswirkung der religiösen Sendung, die Juden- und Christentum seit 2000 Jahren erfüllen.