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Biblische Archäologie 1953

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Die Frühjahrsgrabungen an verschiedenen Stätten des Heiligen Landes sind nun abgeschlossen. Es ist möglich, eine Uebersicht der Resultate zu geben, die, wie alljährlich, unsere Kenntnisse biblischer Topographie mit interessanten Details bereichern.

Neue Manuskriptfunde sind nicht verläßlich berichtet worden. Gerüchte und Sensationsmeldungen gibt es genug, die etwa von einer ganzen Bibliothek, fast hundert Rollen, sprechen, die ein Beduinenstamm entdeckt hätte und nun meistbietend zu veräußern bemüht sei. Hier wollen wir uns auf Berichte ernsthafter Archäologen beschränken.

Die Franziskaner graben auf dem Westhang des Oelberges, nahe der Ruine einer Moschee, welche die Stätte des „Dominus Flevit“ (wo der Herr über Jerusalem weinte) bezeichnet. Die Biblische Schule der Franziskaner hat hier einen Friedhof des ersten nachchristlichen Jahrhunderts entdeckt, der mit einiger Wahrscheinlichkeit als die Begräbnisstätte des alten Bethanien angesehen werden kann. All die Namen, welche die Evangelien mit Bethanien in Verbindung bringen, Martha, Maria, Simon usw., sind auf den zahlreich gefundenen „Ossuarien“ (Steinkisten zur Wiederbeerdigung von Gebeinen) vertreten.

Professor A. D. Tushingham hat im Frühjahr in Diban gegraben, das südlich von Madeba in Transjordanien liegt und wiederholt in der Bibel erwähnt wird. Er hat einen Nebatäischen Tempel gefunden, der unter den Römern in einen Palast verwandelt wurde. Inschriften erwähnen einen Gouverneur Sabinus.

Dr. Fr e e vom amerikanischen Heath College hat mit seinen Schülern in Dothan gegraben, wo man noch heute den Brunnen zeigt, in den Joseph von den Brüdern geworfen wurde. Sie entdeckten Gebäude der Bronzezeit, in deren Fundamenten Kinder in

Amphoren beigesetzt waren. Schalen mit Speiseresten befanden sich bei den Köpfen, nahe der rechten Hand Trinkgefäße.

Pater Virgilio C o r b o hat die Ruinen des Klosters des heiligen Theodor in der Wildnis von Judäa untersucht und einen prachtvollen Mosaikfußboden ausgegraben, der mehrere georgische Inschriften enthält. Dadurch wird zum erstenmal nachgewiesen, daß Mönche des einst so mächtigen christlichen Königreichs im Kaukasus in der Gegend von Bethlehem ein Kloster besaßen. Die Inschriften aus dem sechsten nachchristlichen Jahrhundert sind dadurch besonders interessant, daß sie den Abt Antonius erwähnen, der aus der Lebensbeschreibung der heiligen Martha, der Mutter des berühmten Säulenheiligen Simon, bekannt ist. Außerdem sind Mönche angeführt, welche die typisch persischen Namen Bakur und Ormizd tragen. Es handelt sich offenbar um Konvertiten vom Zoroasterkult oder um Georgier, die diese Namen zu Ehren der sassanidischen Großkönige trugen, die im sechsten Jahrhundert die Oberherren Georgiens waren.

Aus Israel sind im heurigen Jahr nur die Grabungen des französischen Archäologen Jean P e r r o t zu berichten, der bei Beer-scheba und bei Dan im äußersten Norden des Landes chalkolithische Siedlungen bisher ungeahnten Umfanges entdeckt hat. Israel ist dem Beispiel zahlreicher europäischer Staaten gefolgt und stellt gegenwärtig seine wichtigsten archäologischen Schätze im New-Yorker Metropolitan Museum aus. Neue Straßen in der Wüste des Negev haben die byzantinischen Ruinenstädte für städtische Taxis erreichbar gemacht. Das wird zweifellos neuen Auftrieb für die Erforschung dieser fünf großen Stadtruinen bedeuten, über die seit dem Buch von „Lawrence of Arabia“ nichts Neues publiziert wurde.

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