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Das „Land der Bibel”

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Diese sicher sellenswerte Ausstellung besteht aus zwei Teilen. Im Erdgeschoß sind Exponate zu den alten Königsstätten des antiken Orients zusammengestellt. Sie stammen hauptsächlich aus dem Bible Lands Museum Jerusalem. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf modell-haften Bekonstruktionen der Städte Ur, Hattusa, Achetaton (heute Teil el Amarna), Tanis (das biblische Zoan), Jerusalem, Ninive, Babylon und Susa. Diese werden jeweils von einigen exemplarischen Schaustücken umrahmt, die ein wenig die Kultur der

Stadt widerspiegeln. Besonders eindrucksvoll sind eine nur zehn Zentimeter große Kupferstatue einer Schutzgöttin aus Mesopotamien, ein noch kleineres Parfumfläschchen aus Ägypten, die in Ton geschriebenen sogenannten Amarna-Briefe des Königs von Jerusalem an den ägyptischen Pharao aus dem 14. Jahrhundert, in Gold gehaltene Darstellungen von Isis, Osiris und Horus aus Tanis, sowie der goldene Dolchgriff, der im Iran gefunden wurde, und vieles mehr.

Für den biblisch Interessierten ist der Vergleich zwischen der Hymne an den Sonnengott Aton mit dem Psalm 104 aufschlußreich. Denn er zeigt, wie die Bibel einerseits literarische Vorgaben ihrer Zeit aufgreift, diese aber auch verändert. In der Hymne des Königs Echnaton wird die Sonne selbst als einziger (!) Gott verehrt, im Psalm ist sie wie alles Gottes Geschöpf. Doch gerade die biblischen Bezüge kommen in diesem Teil der Ausstellung sonst etwas zu kurz. In den beiden Bäumen, die die Stadt Hattusa präsentieren, vermißt der Besucher Hinweise auf Verbindungen zur Bibel. Tatsächlich sind diese ja nur dadurch gegeben, daß die in der heutigen Türkei gelegene Stadt die Metropole des in der Bibel genannten Hetiterrei-ches war. Im Raum über Ninive wird nur auf Jona 3,3 hingewiesen, wo es heißt, daß Ninive

„eine große Stadt vor Gott” war, zu deren Durchquerung man drei läge brauchte. Gerade an diesem Beispiel wird für den biblischen Verkünder deutlich, daß eine Ansammlung biblischer Bealien bei Unkundigen leicht den Eindruck hervorruft, die biblischen Erzählungen wären allesamt historische Faktenschilderungen, weil sie archäologisch Faßbares (wie hier die Stadt Ninive) in ihre Darstellung einbauen. Doch gerade beim Buch Jona wissen wir, daß es sich um keine historische Begebenheit handelt, sondern um eine Lehrerzählung, die den lesern veranschaulichen will, wie Gott jedem Menschen, sogar dem Sünder, nachgeht. Dasselbe gilt für die Zikkurat in Babylon, deren historische Existenz noch nichts über die Historizität der Turmbaugeschichte aussagt. Die im Buchshop angebotene Literatur (etwa von Annemarie Ohler, Ursula Struppe, Walter Kirch-

Schläger) kann da eine wichtige Hilfe sein, die Texte in ihrer Eigenart zu verstehen.

Im zentralen Ausstellungsraum über Jerusalem befindet sich eine höchst informative Rekonstruktion dieser Stadt, wie sie um 600 v. Chr. ausgesehen haben muß. Daß man dieses Modell nur über Stufen erreichen kann, erinnert an den Psalm 24,3: „Wer darf hinaufziehen zum Berg des Herrn?”

Der zweite Teil der Ausstellung im ersten Stock zeigt vor allem Schätze aus dem Israel Museum in Jerusalem. Hier wird die Geschichte Israels von den Anfängen im Paläolithikum bis ins 7. Jahrhundert n. Chr. anhand von über 200 Exponaten veranschaulicht. Man begegnet den ersten Versuchen, Menschen darzustellen. Weiters einigen kupfernen Beispielen eines rätselhaften Fundes in der ju-däischen Wüste aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. Im Chalkolithi-kum tauchen Ossuari-en als sekundäre Bestattungsorte auf. Anthropoide Tonsarkophage stammen von einem Friedhof südlich der Stadt Gaza und bezeugen den ägyptischen Einfluß im 14./13. Jahrhundert.

Der Aufriß der Geschichte kann natürlich nur bruchstückhaft sein. So steht der gerade auch für Christen wichtigen Epoche von Alexander dem Großen bis in die byzantinische Zeit nur ein Raum zur Verfügung. Neben einer gut erhaltenen Büste Kaiser Hadrians sind hier der in Cäsa-rea am Meer entdeckte Pilatusstein und ein Ossuarium des Hohenpriesters Kajaphas zu sehen. Beides ist als Hintergrund für die christliche Bibel bedeutsam. Die Verbindung des Os suariums mit dem im Neuen Testament erwähnten Kajaphas ist allerdings in der Forschung sehr umstritten. Abschließende Höhepunkte sind zwei Schriftstücke aus Qumran (eine Psalmenrolle und ein Habakuk-Kom-mentar) sowie das älteste bekannte Fragment eines biblischen Textes (N um 6f24-26) auf ei nem Amulett aus dem 6./7. Jahrhundert v. Chr.

Den Veranstaltern sind zahlreiche Besucher zu wünschen. Diese mögen jedoch nicht mit dem Eindruck nach Hause gehen, im eigenen Bücherschrank durch die Bibel nur ein wertvolles Zeugnis alter Kulturen zu besitzen, sondern wissen, daß sie selbst durch ihr Leben dieses Buch mit vielen Autoren weiterschreiben sollen. Bis 18. Jänner täglich von 10 bis IS Uhr, am Donnerstag bis 21 Uhr geöffnet.

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