Prunkstücke aus Teheran

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"7.000 Jahre persische Kunst" im Kunsthistorischen Museum.

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"7.000 Jahre persische Kunst" im Kunsthistorischen Museum.

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Eine Zeitspanne von rund 7.000 Jahren in einem einzigen Ausstellungsraum darzustellen, ist ein schwieriges Unterfangen. Dieser Aufgabe stellten sich jedoch Experten aus Wien und Teheran für die bis 25. März nächsten Jahres im Kunsthistorischen Museum (KHM) laufende Ausstellung "7.000 Jahre persische Kunst - Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran" an Hand von rund 200 Exponaten.

Diese wurden aus einer Überfülle von 300.000 Objekten ausgewählt. Geworben wird für diese Schau mit einem der Prunkstücke des Teheraner Museums. Ein geflügelter Löwe, der mit einem Trichterbecher verbunden ist. Monumental erscheint uns dieser Zeuge einer vergangenen Hochkultur in seiner goldenen Pracht vor dem schwarzen Hintergrund des Plakats. Dieses goldene Löwenrhyton (500 bis 450 v. Chr.) ist ein kulturelles Nationalheiligtum ebenso wie die "Gründungsinschrift des Xerxes" aus Persepolis. Die steinerne Inschrift ist zeitgleich entstanden und spricht von der großen Vergangenheit Persiens: Gott Ahura Mazda machte den Achaimeniden Xerxes zum König und zwar zum "König der Könige", zum "König dieser Erde weit und breit". Dieses Königreich war das erste Weltreich der Geschichte.

Um diese und die anderen Objekte aus dem Nationalmuseum, dem Glas- und Keramik-Museum und dem Reza Abbasi-Museum in Teheran nach Wien zu bekommen, bedurfte es großen diplomatischen Geschicks und Fachwissens der österreichischen Equipe. Bei der Präsentation wurde dies mehrmals betont. Seitens der Leihgeber entschloss man sich zu diesem Schritt, um einen "Dialog der Zivilisationen", um "Frieden und Freundschaft zwischen den Völkern zu schaffen". In etwa zwei Jahren soll eine weitere Ausstellung in Wien über die islamische Kultur im Iran folgen.

Ergebnis ist, ein wenig respektlos ausgedrückt, ein mehrgängiges Luxusmenü, das nach über 30 Jahren Abstinenz dem westlichen Gourmet Lust auf mehr machen soll. Eine Art Einstiegsdroge, um sich mit der Vergangenheit, mit der Wiege menschlicher Zivilisation im Vorderen Orient, zu beschäftigen. Vor allem bietet die Ausstellung die seltene Chance, Kunstwerke zu besichtigen, die sonst zum Teil sogar für Fachleute nicht zugänglich sind, weil sie in Depots lagern.

Der Sonderausstellungssaal im KHM wurde diesmal nach geographischen Gesichtspunkten unterteilt, die farblich voneinander abgesetzt sind. Der Besucher begibt sich auf eine Wanderung durch Raum und Zeit. Behilflich sind dabei geographische Karten auf denen die 28 Provinzen des heutigen iranischen Staatsgebiets in sieben Regionen dargestellt wurden. Die Begleittexte sind in Deutsch und Englisch abgefasst. In diesem Zusammenhang erfährt man über den titelgebenden Begriff "Persien" folgendes: "Provinz Fars (Parsa, Persis, Persien) gilt als Ursprungsland Persiens; ihr Name wurde oft auch auf größere Teile des heutigen Iran übertragen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Bezeichnung "Persien" unkorrekterweise auf das Gebiet des heutigen Iran ausgedehnt. Es ist jedoch die kulturelle Keimzelle eines riesigen Reiches, das unter Dareios dem Großen (522 bis 486 v. Chr.) seine größte Ausdehnung erreichte." Zur Vervollständigung: Der Name Iran wiederum ist von einem sasanidischen Wort abgeleitet und bedeutet so viel wie "Reich" oder "Nation der Arya". Laut Herodot war Arya der antike Name der Meder, die Inder und Iraner gaben sich selbst diesen Namen. Diese Bezeichnung wurde in unserem Jahrhundert von den Nationalsozialisten missbraucht.

Die frühesten Funde auf iranischem Gebiet stammen aus der Zeit von 6500 v. Chr., die jüngsten Gegenstände wurden im 10. Jahrhundert n. Chr. erzeugt. Der Bogen spannt sich demnach von der prähistorischen und frühgeschichtlichen Zeit über die uns aus dem Unterricht bekannteren Antike bis zur frühislamischen Zeit.

Eine prähistorische "weibliche Miniaturstatuette mit Kind" (Nördlicher Zentral-Iran) könnte leicht übersehen werden. Die zwiebelförmige Figur ist nur 1,6 Zentimeter groß. Zahlreiche ähnliche weibliche Figuren wurden gefunden. Wie auch die Grabungsfunde bis zum Ende des 4. Jahrtausends eine gewisse Vorliebe für Tierdarstellungen ergaben. Ins 2. Jahrtausend sind die Gefäße in Form von Buckelrindern, ebenso ein "Pferdepektorale mit Tierbezwinger" aus Bronze (Nordwest-Iran) zu datieren, ins 1. Jahrtausend Elfenbeinreliefs und Goldarbeiten aus Ziwiye im West-Iran.

Die achaimenidische Kunst (558 bis 330 v. Chr.) diente dem "König der Könige" zur Rechtfertigung und Verherrlichung seiner Herrschaft. Wesentliches Merkmal ist die Offenheit für fremde Einflüsse. Elemente assyrischer, ägyptischer, griechischer Kunst sind unverkennbar. Aus den Palästen in Persepolis und der Sommerresidenz in Ekbatana sind die bereits erwähnte Gründungsinschrift und das Löwenrhyton, eine Goldschale mit einer Inschrift "Xerxes der König" in Altpersisch, Elamisch und Neubabylonisch.

Unter der Herrschaft von Alexander dem Großen (334 bis 323 v. Chr.) und der Seleukiden (312 bis zirka 139 v. Chr.) gewinnt die griechische Kunst an Einfluss. Obwohl diese Perioden wie auch die folgende der Arsakiden (auch Parther genannt, um 247 v. Chr. bis 224 n. Chr.) in unserer Zeit leider nur durch wenige Exemplare belegt sind, zeigt man in Wien zum Beispiel den "Porträtkopf eines Königs"; einen Fürstenkopf, Statuetten und Gefäße aus verschiedenen Materialien. Die Parther übernahmen die hellenistische Kultur, doch entwickelten sie einen eigenständigen, linearen, schematischen Stil. Die Sasaniden (224 bis 651 n. Chr.) bezeichneten die Achaimeniden als ihre Urahnen und versuchten auch in der Intention der Kunst an diese anzuknüpfen. Sie ist durch ein starkes konservatives Element gekennzeichnet. Vertreten ist sie durch die Büste König Shapurs II sowie durch reichverzierte Silbergefäße. Die frühislamische Kunst ist eine späte Ausformung der antiken Kunst. Sie entstand unter dem Einfluss von Künstlern der unterworfenen byzantinischen und persischen Regionen und trägt keine oder kaum arabische Züge.

Bis 25. März 2001

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