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Rätselhafte Hethiterkunst

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Das zweitausendjährige Köln hat für Archäologie viel Verständnis. So leistete sich die an Museen reiche ehemalige Römerresidenz nach Ausstellungen etruskischer, keltischer und altmexikanischer Kunst jetzt die „Premiere“ der. Wanderschau „Kunst und Kultur der H e t h i t e r“, die später nach Den Haag, Berlin, Darmstadt und Zürich gehen soll. Im Erdgeschoß des neuerbauten Wallraf-Richartz-Museums sind etwa 200 Funde aus Kleinasien im Alter von 2500 bis 4500 Jahren ausgestellt. Nicht alle Steinreliefs konnten im Original herangeschafft werden. Einige mußten durch Abgüsse und Photos ersetzt werden. Zusammen mit Übersichtskarten demonstrieren die Exponate trotz unvermeidlicher Lücken den rund 2000jährigen „Lebenslauf“ einer Kultur mit ihren vielfältigen Wurzeln und Beeinflussungen, WcTferwirken. Die

meisten Stücke sind Leihgaben staatlicher türkischer Museen, obwohl den Hauptanteil der Forschungen das deutsche archäologische Institut in Ankara (unter der Leitung von Kurt Bittel) hat. Die Zeiten, da solche Funde aus dem Orient ohne Umstände in europäische Museen gebracht werden konnten, sind längst vorbei.

Die erste Begegnung mit einer so fernen Kultur ist befremdend und aufregend zugleich. Auch die Gelehrten haben noch keine lückenlose Vorstellung von diesem rätselhaften Volk, das nach 1900 vor Chirsti Geburt in Anatolien, genauer: in Kappadokien eindrang. Erst nach 1915 konnte die Forschung einsetzen, nachdem der tschechische Gelehrte Hrozny einen ersten Zugang zur Sprache der Hethiter gefunden und sie als indogermanisch bestimmt hatte. Die Hethiter fanden eine gut entwickelte Kultur vor, als sie in das Gebirgsland nördlich der großen altorientalischen Reiche im Zweistromland eindrangen. Wahrscheinlich war es eine langsame Infiltration in mehreren Wellen. Schriftliche Zeugnisse von den Ureinwohnern gibt es nicht. Die Hethiter übernahmen die Keilschrift von den Assyrern, die schon früh in Anatolien ihre Handelsniederlassungen hatten. War die Stadt Kussara Ausgangspunkt des hethitischen Königtums, so wurde später die Stadt Hattusa für Jahrhunderte politisches, religiöses und kulturelles Zentrum der Hatti- Reiche. Die Reste der gewaltigen Anlage kann man heute in der Nähe des türkischen Dorfes Bogazköy besichtigen. Die Expansion der Hatti-Reiche drängte vorwiegend in Richtung Süden, vorübergehend bis Babylon. Im 14. Jahrhundert stieg das Reich zur gleichberechtigten Großmacht neben Ägypten und Babylon auf. Das hethitische Großreich bestand eineinhalb Jahrhunderte. Es umfaßte den größten Teil Kleinasiens, erstreckte sich im Osten bis zum Euphrat und schloß einen großen Teil Syriens ein. Um 1200 vor Christi Geburt fiel es einem Ansturm von Stämmen der Balkanhalbinsel und der Ägäischen Inseln zum Opfer. Die Vernichtung war so gründlich, daß nirgendwo in Kleinasien eine Anknüpfung an die Tradition nachweisbar ist. Nur im Gebiet des Taurusgebirges und im nördlichen Syrien lebte hethitische Tradition in einigen kleinen Staaten fort. Hier spiegelte sich noch einmal die Vielfalt der Völker, Kulturen und Sprachen, in der die Schwäche, aber auch die kulturelle Bedeutung des Hethiterreiches gelegen hatte. Allmählich drangen in die Kunst aramäische und assyrische Einflüsse ein, und auf Wegen, die noch nicht genau erforscht sind, beeinflußte diese späthethitische Kultur die frühe griechische Kunst.

Mag der Laie auch nicht in all diese Perspektiven und Zusammenhänge ganz eindringen können, so wird er in den edel geformten Krügen und Trinkgefäßen, in den Idolen und Plastiken (zum Teil aus reinem Gold) mehr spüren als die verbliebenen Zeugnisse eines barbarischen Händler- und Kriegervolkes. Die schlichte Klarheit und Eleganz der Formen wirkt zeitlos modern. In den späten Plastiken und den wuchtigen Steinreliefs aber zeigt sich schon ein humaner Geist, wie man ihn auf dieser Kulturstufe kaum erwartet. Schönstes Zeugnis dafür ist das Relief eines Götterpaares aus dem 8. vorchristlichen Jahrhundert, das auch als Fürstenpaar interpretiert wurde. (Jedenfalls ist ein Ehepaar dargestellt.) Aus dem Gesichtsausdruck und den auf die Schultern des Partners gelegten Armen des nebeneinander sitzenden Paares spricht eine ihttige' z VSi'butl3äffii|tt?g3wf: TiadKSJ!? 2800 Jahren noch e'rgtdftJMüi äß »»'

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