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Kunst und Kultur in Österreich

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Schloß Tratzberg. Von Sighard Graf Enzenberg. — Florian Waldauf-Waldenstein. Von Ernst Verdroß-Droßberg. Sehlem-Schriften Nr. 1S3, 184, 105 bzw. 67 Seiten Text mit 46 bzw. 52 Bildern, 8 Textzeichnungen und 3 Plänen. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck. Preis 114 bzw. 105 S.

„Es ist der Stolz des Schlosses Tratzberg, daß es nicht ein zusammengetragenes Museum, sondern ein lebendig gewachsenes Ganzes ist...“ so kennzeichnet der Herr dieses schönsten Adelssitzes des Tiroler Inntales seinen Erbbesitz, dessen Geschichte, bauliche Erscheinung und alte Einrichtung er auf Grund eingehender Quellenstudien nicht in lokalhistorischer Beschränktheit, sondern mit weiter Schau auf die Entwicklung der Tiroler, der süddeutschen und der italienischen Kunst liebevoll und anschaulich schildert. Darüber hinaus werden die einzelnen Bauperioden in ihrer künstlerischen Gesinnung, die einstigen Bauherren in ihrem menschlichen Wesen verständnisvoll charakterisiert: hinter der Geschichte der Kunst zeichnet sich jene des Geistes ab.

Die dem Buche beigegebenen ausgezeichneten Außen- und Innenansichten des Schlosses werden durch die Wiedergaben zweier interessanter Handzeichnungen Spitzwegs ergänzt, welche Innenräume von Tratzberg in ihrem Zustande von 1846 zeigen und beweisen, wie sehr diese heimeligen Alttiroler Interieurs den Anakreon des Münchner Biedermeiers begeistert haben. — Wir begrüßen dieses Buch dankbar als Zeugnis einer stolzen traditionsverbundenen Geisteshaltung, die aus einer schöneren Vergangenheit stammt, echt altösterreichisch ist.

Die Studie über Florian Waldauf von Waldenstein (ca. 1450—1510), den Vertrauten Kaiser Maximilians I. und Stifter der Haller Waldauf-Kapelle mit ihren Kunst- und Reliquienschätzen bildet einen wertvollen Beitrag zur geistes- und kunstgeschichtlichen Erforschung der Sphäre jenes Kunstmäzenats, das nach des Kaisers Vorbild von dessen Paladinen teils aus innerem Antrieb, teils in modebedingter Nachahmung geübt worden ist. Der Verfasser verbindet die heute erreichbaren geschichtlichen Nachrichten zur bunten Lebensgeschichte Waldaufs, eines nachgeborenen Bauernsohnes aus dem Pustertale, der sich tapfer, treu und diplomatisch gewandt zu einem Intimus des Kaisers emporgedient hat; doch wesentlich tieferes Interesse als dieser bewegte Lebenslauf verdient Waldaufs Mäzenat, das anscheinend ganz mittelalterlicher Frömmigkeit und adligem Stifterstolz, kaum aber humanistischem Aesthetentum und Sammlerfreude entsprang, obwohl Waldauf kurz vor seinem Tode des Kaisers Auftrag empfing, Künstler zur Schaffung der Erzstatuen des Maximiliangrabes anzuwerben.

Es wäre höchst wünschenswert, daß diese Waldauf-Monographie den Anstoß zur systematischen Erforschung des Mäzenats der anderen Paladine Maximilians I. geben möge. Wir denken hierbei sowohl an Matthäus Lang von Wellenburg, den späteren Erzbischof von Salzburg, als auch an Wolfgang von Polhaim (ca. 1460-1512) und an Hans III. Herz-heimer (1464—1532), die beide den Salzburger Steinbildhauer Hans Valkenauer beschäftigten und von denen der letztere durch seine Verwandtschaft mit Degenhard Pfäffinger (1471—1519) sowohl der niederbayrischen als auch der sächsischen Kunst verbunden und wohl einer der wichtigsten Förderer des Mühldorfer Malers Wilhelm Beinholt (gest. 1521) war. Wir kämen durch solche Arbeiten zu einer genaueren Erfassung der Geisteshaltung des kaiserlichen Hofes und zu der notwendigen Kenntnis jener Elite deutscher Künstler, die wir als den Künstlerkreis Kaiser Maximilians I. zu bezeichnen pflegen — und noch nicht in ganzem Umfange kennen.

Die Handzeichnungen des 17. Jahrhunderts in Oesterreich. Studien zur 1 österreichischen Kunstgeschichte. Von Gertrude Aurenhammer. Herausgegeben vom Institut für österreichische Kunstforschung des Bundesdenkmalamtes. Verlag Anton Schroll, Wien. 181 Seiten Text und Katalog, 81 Abbildungen auf 28 Tafeln. Preis 140 S.

Dieses sorgfältig durchgearbeitete, schön ausgestattete Katalogwerk, das den relativ kargen Bestand an österreichischen Handzeichnungen des 17. Jahrhunderts aus öffentlichen Sammlungen erfaßt, ist leider thematisch ungünstig abgegrenzt: denn das barocke Kunstschaffen auf dem Gebiete des heutigen Oesterreich läßt sich nur unter Berücksichtigung desjenigen innerhalb der gesamten einstigen Habsburgermonarchie verstehen und darstellen; die Zeitgrenze „1700“ aber zerschneidet das Schaffen gerade der bedeutendsten barocken Zeichenkünstler Oesterreichs, nämlich J. M. Rottmayrs und M. Alto-montes, in sinnloser Weise.

Das Buch beschränkt sich nicht darauf, die Handzeichnungen für sich zu betrachten und die Einflüsse aufzuzeigen, welche ihre Meister namentlich von Italien her empfangen und mehr oder minder selbständig verarbeitet haben; vielmehr werden auf Grund mühevoller, verdienstvoller Kleinarbeit auch die Grundlagen zu einer vertieften Kenntnis des Lebens und des Bildungsganges der einzelnen Künstler und damit Wesentliches für weitere Arbeiten über die Barockmalerei Oesterreichs gegeben. Auch die Kenntnis der alpenländischen Barockplastik wird durch Veröffentlichung der schönen, in Imst aufgefundenen Bildhauerzeichnungen Thomas Schwan-thalers bereichert.

Diese wichtige Veröffentlichung hätte einen wesentlich reicheren Bilderteil mit größeren Bildformaten verdient. Trotzdem hat das in einem Katalogwerk unvermeidliche Nebeneinander der Wiedergaben von Handzeichnungen bedeutender und mittelmäßiger Meister den großen Vorteil, daß bei solcher Konfrontation sich manche allzu wenig bekannte künstlerische Begabungen von hohem Rang leuchtend hervorheben: so vor allem der geniale Hans Adam Weißenkirchner (1646 bis 1695), dessen frei hingeworfene Kompositionsskizzen in ihrer Bewegtheit und Gliederung ebenso erstaunlich sind wie der Kolorismus und die Charakterisierung seiner Gemälde — ein Meister, dessen umfassende Monographie zu den wichtigsten Aufgaben österreichischer Kunstgeschichtsschreibung gehört.

Heinrich Decker

Alte Exlibris aus Tirol. Von Georg von S t a w a. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck. 56 Seiten Text, 36 Abbildungen und 1 Farbtafel.

Der ausgezeichneten Schrift „Die alten graphischen Exlibris des Landes ob der Enns“ von Doktor Julius Stawa ist in kurzer Zeit die nicht minder wertvolle Publikation „Alte Exlibris aus Tirol“ seines ebenso sachkundigen Bruders Georg von Stawa gefolgt. Damit sind die Grundlagen für die Schaffung eines besonders von Ankwicz-Kleehoven befürworteten „Corpus“ der älteren österreichischen Exlibris beachtlich erweitert worden. Es erübrigt sich, über den unschätzbaren Wert eines solchen Corpus viel Worte zu verlieren. Das Verdienst um das teilweise Zustandekommen eines solchen ist darum nicht hoch genug anzuschlagen. Georg von Stawa hat in mühevoller, zeitraubender Arbeit einen an Akribie nichts zu wünschen übrig lassenden Katalog von nicht weniger als 586 alten Tiroler Bucheignerzeichen verfaßt. Wer nur einigermaßen die Schwierigkeiten kennt, die mit dem Zusammentragen des einschlägigen „Materials“ verbunden sind, wird dem Fleiß und der Unermüdlichkeit des kenntnisreichen Autors alle Anerkennung zollen. Die sehr guten Abbildungen und die Farbtafel unterstützen wirkungsvoll den Benutzer dieses bedeutsamen Inventariums, das für alle Sammler einen unentbehrlichen Behelf darstellt. Die um alle Forschung bemühten Schiernschriften, in deren Reihe das Werk Stawas aufgenommen wurde, sind damit neuerdings bereichert worden, wofür dem Universitätsverlag Wagner größter Dank gebührt.

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