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Modling und Michigan in der Kleinen Galerie
Zwei sehr schöne Ausstellungen in der Kleinen Galerie, Wien VIII, Neudeggergasse 8:
Da ist der 28jährige Leo Tichatschek aus M ö d 1 i n g, eines der interessantesten Mitglieder der Künstlergruppe „Der Kreis“, die Arnulf Neu-wirth leitet. Er zeigt 20 Oelbilder und Collagen und einige Serien kleiner Tuschbilder.
Karl Armandola, ein aus der Hinterbrühl stammender, jetzt in Kanada lebender Dichter, etwa gleich alt wie Tichatschek, schreibt über ihn: „Diese Ausstellung zeigt die bildhaften Erinnerungen eines Malers an ein Europa, welches noch in der tropischen Klimazone lag. Erinnerungen an eine geologische Vergangenheit, in welcher nur die Vielfalt der Pflanzen war, im Dschungel von Farben und Sonnen lebte aber noch nicht der Mensch. Diese Bilder zeigen jedoch auch die Ahnungen einer ähnlichen kommenden Zeit, welche entvölkert den Pflanzen und den Tieren wiedergegeben sein wird. Diese Gemälde zeigen die Erde vor der Ausbeutung durch die Völker der Menschen und nach deren Aussterben... Der Künstler sucht im Schutt der zertrümmerten Ideale nach den Fossilien. Er konstruiert nach ihnen den Menschen, nach seiner neuen Menschlichkeit. Leo Tichatscheks Werk ist ein dem Ursprung und dem Ende nahes Schauen.“
Das ist sehr poetisch gesagt, und dem ist nicht viel hinzuzufügen. Tichatschek vertritt, wenn man ihn kunstgeschichtlich einordnen will, einen surrealistischen Expressionismus oder, wie man auch sagen könnte, einen Surrealismus mit Expression. Nichts ist kalt und distanziert gemalt, immer ist die Anwesenheit und das Engagement des Künstlers spürbar Aber j wozu-kunstgesclychtliche Einordnungen? Raa Weäsviöcj;ur3d wird,'indem es wächst, noch viele Klassifizierungsversuche hinter sich lassen.
Vielleicht am stärksten ist die graphische Begabung Leo Tichatscheks, von der die „Furche“ schon wiederholt Proben bringen konnte. Die kleinen Blätter seiner Reihe „Spiele“ erinnern an den Stil Kokoschkas in seiner besten Zeit.
Aus Michigan stammt Margot Evans, deren Alter der Katalog nicht angibt. Die Künstlerin begann 1945 zu malen und stellte wiederholt an der Michigan State-University aus. Gegenwärtig verbringt sie mit ihrem Gatten (der Musikprofessor ist) einen einjährigen Studienaufenthalt in Wien.
Ihre 20 Bilder, Aquarelle und Kaseinstudien, sind in vielem ein Gegenstück zu denen Tichatscheks: spiegelt sich in diesen die Problematik der Ismen, so sind die Blätter Margot Evans ganz und gar unproblematisch, anmutig, voll naiver Freude an den Farben und am Fabulieren. „Der Frühling“ und der Königsvogel“ entstammen — darin den Bildern Tichatscheks ähnlich — einer tropischen Welt, doch fehlt ihnen das Drohende und Gespenstische. Viele Blätter, vor. allem das „Seepferdchen“, wirken wie unter Wasser gemalt. Nicht nur das Halten eines Aquariums — auch das Aquariummalen kann eine genußreiche Liebhaberei sein!
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