6667503-1960_42_12.jpg
Digital In Arbeit

Stätten des Geistes

Werbung
Werbung
Werbung

ATHOS. Der Berg des Schweigens. Von Philip Sherrard. Mit farbigen Aufnahmen von Paul du M a r c h i e. Reihe: Stätten des Geistes. Urs-Graf-Verlag, Ölten, Lausanne und Freiburg im Breisgau. 120 Seiten mit 53 Bildern. Preis 38 sfr.

Das Konzept der von Titus Burckhardt liebevoll betreuten Reihe „Stätten des Geistes“ haben wir aus Anlaß des Erscheinens des ersten Bandes, der Siena gewidmet war, bereits ausführlich gewürdigt. Nur so viel sei wiederholt: Es handelt sich hier um ein einmaliges Unternehmen, das in bibliophilem Gewand wesentliche Dokumente menschlichen Geistes, wie sie an bestimmten Orten zu finden sind, sammelt und herausgibt. So geben die Farbtafeln nicht nur die heutige Ansicht dieser berühmten Orte wieder, wie sie der Besucher antrifft, sondern führen uns auch die Fülle der dort entstandenen oder verwahrten Kunstwerke vor Augen; der Text begnügt sich nicht damit, die Geschichte dieser „Stätten des Geistes“ zu beschreiben und Impressionen darzubieten, sondern macht in erster Linie mit alten Originalwerken bekannt, aus denen umfangreiche Auszüge sorgfältig erläutert geboten werden.

„Die größte aller Güter — die Freiheit und den Frieden mit dir selbst —“ verspricht ein alter Athostext: „Frei ist nur, wer die Welt überwunden und seinen Sitz in der Werkstätte aller Tugenden, auf dem Berge Athos hat.“

Dieses Buch ist eine ideale Einführung in die innere Welt des „Berg des Schweigens“, der uns aus vielen Büchern — wie dem im Insel-Verlag erschienenen Werk von Erhart Kästner, „Die Stundentrommel“ — vertraut ist und doch die Anziehung des Fremden und Geheimnisvollen nie verloren hat. Gleich meisterlich wie die Farbaufnahmen ist der teils schlicht belehrende, teils dichterisch inspirierte Text, der uns viel von der Geistigkeit des atho-nitischen Mönchtums verspüren läßt. raU • 'R

SINAI. Von Heinz Skr o'buch a. Mit Aufnahmen von George W. Allan. Reihe: Stätten des Geistes. Urs-Graf-Verlag, Ölten, Lausanne und Freiburg im Breisgau. 128 Seiten mit 56 Bildern. Preis 38 sfr.

Auch dieses Werk ist wieder eine bibliophile Kostbarkeit. Es führt uns in das Herzstück und Heiligtum dreier abendländischer und morgenländischer Religionen: Der Berg Sinai ist Stätte des Geistes nicht nur der Juden und Christen, sondern auch dem Islam.

„Eine starke Sehnsucht nach dem Sinai erfaßte mich, und weder mit dem körperlichen noch mit dem seelischen Auge konnte ich xan irgendeinem Ding Freude finden, so sehr zog es mich zu jener Stätte der Einsamkeit hin. Wenn nämlich die Liebe zu einer Sache das Herz ergreift, dann zieht sie das Herz auch von den liebsten Menschen ab und führt es mit solcher Kraft hinweg, daß weder Kummer noch Leid oder Schmach ein Hindernis bilden. Als mich nun das Verlangen nach der Einsamkeit unwiderstehlich trieb, ging ich, meine beiden noch kleinen Kinder an der Hand, zu ihrer Mutter, übergab ihr das eine und behielt das andere bei mir und teilte ihr meinen Entschluß mit...“

So schildert der heilige Nilus aus Galitien, der den Beinamen Sinaita trägt, seinen Entschluß, den heiligen Berg Sinai und die Einsamkeit aufzusuchen, und seine Worte mögen für viele stehen.

Heute ist das Katharinenkloster am Sinai, mit seiner reichen Bibliothek — reich vor allem an alten Codices — und seiner Ikonensammlung, die mehr als 2000 Bilder umfaßt, eine Fundgrube für die wissenschaftliche Forschung.

KUNST DER WÜSTE. Formen, Zeichen und Ornamente im Kunsthandwerk der Saharavölker. Von Jean G a b u s. Verlag Otto Walter, Ölten und Freiburg im Breisgau. 408 Seiten, 327 Zeichnungen und 22 Bildtafeln. Preis 88 sfr.

Auch die Wüste eine Stätte des Geistes? Es scheint so, denn die Höhe der handwerklichen Kunst einiger Völker der Wüste — wie der Mauren, der Tuareg und der Bororo-Peulh —, die hier in vielen, zum Teil farbigen Tafeln vor uns ausgebreitet wird, verrät eine reiche Tradition. Wir haben in den letzten Jahren viel von Felszeichnungen in der Sahara gehört, vom Vorhandensein uralter Zivilisationen in der Wüste. Dieses Buch nun macht mit den heutigen Hervorbringungen des Kunsthandwerks in Marokko, Algerien, Libyen, Senegal und Sudan bekannt, mit den reichverzierten Gegenständen des täglichen Lebens: Ledersäcken, Decken, Kamelsätteln, Holzlöffeln, Kalebassen usw. Zugrunde liegen dem die Studienreisen einer Gruppe französischer Volkskundler, die in den Jahren 1942 bis 1954 die Volksgruppen der Mauren, Tuareg und Bororo-Peulh erforschten. „Ein neues Zeitalter bricht an und die Ergebnisse unserer Untersuchungen sind bereits so etwas wie die Bestandsaufnahme irgendeiner archäologischen Fundstätte“, schreibt Jean Gabus in der Einleitung. Sein Werk, das sich auf eine Aufzählung und Beschreibung wichtiger Objekte beschränkt, ist ein volkskundliches Werk von hohem Rang.

ITALIENISCHE REISE. Vom Gardasee bis Sizilien. Mit Texten und Zeichnungen aus Goethes Tagebuch. Reihe: Terra magica. Hanns-Reich-Verlag, München. 52 Seiten, davon 32 Farbtafeln. Preis 19.80 DM.

Ein guter Einfall: eine Reihe farbiger Aufnahmen aus Italien — sie stammen von Piero Castellenghi — wird von Texten aus Goethes „Italienischer Reise“ begleitet. Da die Bilder hauptsächlich Bauwerke aus der Antike und der Renaissance sowie Landschaftsaufnahmen wiedergeben, stehen die Objekte nicht viel anders vor uns, als sie schon Goethe erschienen sein werden. Anno 1786... Freilich: vieles ist seit damals neu ans Licht gekommen, manches verfallen, manches erneuert worden. Aber die Verzauberung, die von ihnen ausgeht, wird die gleiche geblieben sein. Denn der. der Rom wirklich gesehen hat, wird Goethes Worte begreifen, die er am 3. Dezember 1786 in sein Tagebuch notierte: „Ich zähle einen zweiten Geburtstag, eine wahre Wiedergeburt von dem Tage, da ich Rom betrat.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung