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Aus dem Buch der Geschichte

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Sech Jahre Reichskanzlei. Erinnerungen und Tagebuchnotizen 1922—1927. Von Max von Stockhausen. Bearbeitet und herausgegeben von Walter Görlitz. Athenäum-Verlag, Bonn. 264 Seiten. PseisUM 14.-.

Der Verfasser, Schwiegersohn Franz von Papens, kommt aus dem preußischen Verwaltungsdienst und war 1922 bis 1927 Referent in der Reichskanzlei, wobei er seit 1924 intime Einblicke in das Regierungsgeschehen der Weimarer Republik nehmen konnte. Die Bemühungen der deutschen Politiker, vor allem Stresemanns, Luthers und Marx', auf dem Wege der Verhandlungen vor allem mit Frarkreich, zu. einer Milderung des Versailler Vertrages zu kommen, werden eingehend geschildert und dabei besonders betont, wie stark die innerpolitische Labilität und der Radikalismus von links und rechts dies verhinderte. Die sympathische Zeichnung einreiner Persönlichkeiten wie Eberts und Luthers zeigt, welch objektive Würdigung selbst einem Vertreter der Konservativen, zu denen sich Stockhausen zählte, möglich ist. Interessant ist die Episode einer möglichen Kanzlerschaft Dr. Adenauers im Mai 1926, die an der Weigerung der Sozialdemokraten, „in eine große Koalition zu gehen“, scheiterte. Für viele bekannte Episoden finden sich in dem Werk Details und Ergänzungen. Besonders bemerkenswert ist das ausführliche Personenverzeichnis mit Kurzbiographien heute fast vergessener Akteure dieser Epoche.

Alpini im russischen Schnee. Von Mario Rigoni Stern. Drei-Brücken-Verlag, Heidelberg. 209 Seiten. Preis 8.80 DM.

Aus der Fed.er eines italienischen Feldwebels liegt hier eine Episode aus dem Rußlandfeldzug vor, die eine menschliche und persönliche Ergänzung zu dem berühmten Buch von Messe „Der Krieg im Osten“ sein könnte. Die Tragik der italienischen Soldaten in der Eiswüste am Don liegt nicht nur im Kampf gegen die Härten des russischen Winters, sondern auch in der Problematik dieses von den Italienern nicht verstandenen Einsatzes. Immer wieder klingt durch die Rückzüge und Gefechte die Frage nach der südlichen Heimat, und dem Verfasser ist es gelungen, den Leidensmarsch einer kleinen Gruppe ohne literarische Pose zu schildern; dabei läßt er auch die großen Probleme in kleinen menschlichen Einzelschicksalen aufleuchten.

Der Zusammenbruch des europäischen Staatensystems. Von Hajo H o 1 b o r n. Europa-Verlag (Urban-Bücher), Zürich. 192 Seiten.

Das europäische Gleichgewicht, sorgfältig wiederhergestellt im staatsmännisch-vorschauenden Werk des Wiener Kongresses ist durch den ersten Weltkrieg g e stört, durch den zweiten z e r stört worden. Es hat zwischen den beiden mondialen Konflikten nicht an ernsten Bemühungen gefehlt, jene internationale Partnerschaft wiederherzustellen, in der für alle das Interesse am Gedeihen des anderen größer war als jenes an dessen Schaden. Aber dem Kontinent war schon 1918 die „Mitte“ verlorengegangen, und der zweite Weltkrieg brachte den Einsturz alles dessen, was dort noch stehengeblieben oder provisorisch wieder aufgerichtet worden war. Ein echtes Verständnis für die Tragik der europäischen Wirrnisse kann nicht entstehen, ein gangbarer Weg zu ihrer Ueber-windung kann nicht gefunden werden, wenn nicht die Ausgangslage, die zerstörenden Kräfte und die beschrittenen Irrpfade klar erkannt werden. Das Buch soll dem amerikanischen Leser auf diesen vom Fatum verschlungenen Pfaden als Leitfaden dienen und es versieht ihn in der Tat mit sachlich wohlbegründeten und historisch durchdachten Informationen. Darüber hinaus wird es aber auch der europäische Leser gerne und mit Nutzen zur Hand nehmen.

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