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Ausverkauf
Vielleicht kennzeichnet nichts die Krise des Films — des Gehaltes wie der Gestaltung — so deutlich, als das regelmäßig wiederkehrende Phänomen jener „Reprise der Woche”, die auch in der Saison alle Erstaufführungen in Grund und Boden spielt. Der amerikanische Film von 1942 „M r s. M i n i v e r”, ein intimes, familiäres, frauliches Heldenlied von englischer Zivilcourage auf dem militärischen Tiefpunkt Englands im zweiten Weltkrieg, gehört vielleicht gar nicht so sehr zur Weltklasse, doch liegt die Kultur der Regie (William Whyler) und der Darstellung (Greer Garson. Walter Pidgeon) auch heute noch weit über dem Durchschnitt. Es ist früher einmal an Stoff und Spiel solcher Filme mehr Liebe und Sorgfalt verwendet worden als heute an einem Dutzend ähnlicher Anläufe. Man hat keine Zeit mehr zu Hingabe und Akkuratesse, es muß alles rascher und billiger, erfolgskalkulierter und daher prompt erfolgloser gehen als ehedem.
Wie ein Ausverkauf muten drei deutsche Filme dieser Woche an; sie passen vorn und hinten nicht, werfen Falten, sind schlecht genäht und gefüttert, kurz, sie sind zusammengehaut, um das Ziffernsoll zu erfüllen und die Ateliers zu beschäftigen. Das Ergebnis ist darnach. „U n t e r Ausschluß der Öffentlichkeit” ist angestopft mit Mord und Brand, Werkspionage und Callgirlring, nebenbei auch noch mit beachtenswerten Schauspielerpotenzen (Marianne Koch, Peter van Eyck, Eva Bartok und Claus Holm), aber auch der raffiniertest gedrechselte Kriminalfilm braucht neben der Spannung und Überraschung auch so etwas wie Wärme und Menschlichkeit, Glaubwürdigkeit und Anteilnahme, vnd daran hapert’s nun einmal allerorten. Übersättigt von Gefühl hinwiederum ist „Bis zum Ende aller Tag e”, wieder einmal eine Butterfly 1961, die zwischen Hongkong und Friesland pendelt, aber selbst die blendend photographierte Darstellerin Akiko kommt nicht aus der Tiefe, sondern aus dem Brackwasser gekonnter Farbkamera. Höchst unglücklich ist „Die Stunde, die du glücklich bist”, ein ehebrecherisches Verhältnis mit tödlichem Happy- Ending, zudem sich vielleicht gerade noch Ruth Leuwerik, ganz und gar aber nicht Peter van Eyck eignet. Rudolf Jugert ist Käutner-Schüler, aber einer von der Gattung, die immer etwas anstellt, wenn der Meister nicht zu Hause ist. Um im Bilde zu bleiben: man ist bei seinen Filmen immer versucht, dem Herrn Regisseur persönlich zuzurufen: In die Ecke, Besen ..
Fi1mschau (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich):
III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Heiße Straße Kairo—Kapstadt” , „Romanoff und Julia”, „Der Hochtourist”, „Mord im Studio 9” — IV (Für Erwachsene): „Unter Ausschluß der Öffentlichkeit”, „Bis ans Ende aller Tage”, „Die Plünderer”, „Faustrecht in Minnesota” —
IV b (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Keine Liebe für Johnnie”. — = sehenswert.
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