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Das Gedicht

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EL PASO

Dieses brache Land mit den Kakteen, wo die sonnzerglühten Berge stehn, jenes klare Licht auf weißem Sand, wo die Reiter keinen Regen sehn.

Wo die Wolle aus den Stauden quillt, nein, die Sonne findet nicht ihr Bild, hart und heiter ruht das weite Land, meine Sehnsucht bleibt hier ungestillt.

Jenseits fängt das Reich der Mitte an, überm Flusse faucht die fremde Bahn, in die Ferne treib ich unverwandt, doch was war, wird sich nicht wieder nahn- (Texas) REGEN

Der Regen fällt den ganzen Tag, er rauscht im leeren Wald, die Bäume stehen stumm und groß in seltsamer Gestalt.

Der Rauch zieht an den Dächern hin, der Nebel schwebt heran, die Wiesen ruhen sanft und bang, der Regen hält noch an.

Hier ruft kein Vogel, bellt kein Hund, nur nasse Nebel wehn, bis in den schweren Wolken fremd vergessene Bilder stehn. (Seattle)

FEUERFLIEGEN Stillste Feuer in der Nacht blinken in dem Meer der Bäume, dunkel tönen meine Träume laubbedacht.

Stern und Wolke kommen nah,

Wind und Fluß aus jungen Jahren, stiller mag ich sie erfahren — nein wird ja.

Wie der Reigen steigt und fällt, sinkt der Tag von meinen Händen. Sinkt der Tag von meinen Händen, schwebt die Welt. (Virginia)

VIRG1NISCHE LANDSCHAFT Südliche Winde tragen Laßmut und Ungefähr, süßlich faules Behagen lädt sanft zur Wiederkehr.

Giftgrüne, heiße Haine ruhen böse und weich,

Hängmoos und weiße Steine reglos und bleich.

Schillernde Falter und Schlangen steigen aus dörrenden Mauern, brüchige Fahnenstangen weisen und dauern.

AM ABEND

Wie sich der Abend in den Wassern spiegelt,

verschwebet fern sein sanftgelöstes Licht,

wie sich das Wasser diesem Licht entsiegelt,

rührt schon die Nacht mein Angesicht.

Will sich der Berg des Schweigens nun begeben?

— Sein dunkler Wald ein dichtgedrängter Chor —

Aus diesem nächtlich atemlosen Leben steigt Stern um Stern empor.

Auf einmal rauscht das Wasser, Winde steigen und Glocken fallen in das dunkle Blau. Da Tag und Nacht sich an der Schwelle zeigen,

seh ich mich selbst genau.

(Colorado)

ABSCHIED VON VIRGINIA Laß mich noch einmal in den Gärten weilen,

im grünen Gold von windbewegtem Laube,

den heitern Apfel und die süße Traube den Kindern lächelnd deine Früchte teilen.

Wie soll mich der Gesang des Herbste , entzücken,

den frühes Jahr und Sommer zum Behagen der Winde hell in Zweig und Blatt getragen,

um selbst die Nacht im Dufte zu berücken.

Im Regenlichte und in kahlen Weiden, auch wo die Nebelfinger mich befeuchten, wird Ros’ um Rose einladend mir leuchten und mich mit junger Fröhlichkeit bescheiden.

Dann, in der Kette der Vergänglichkeiten,

will ich die stillste Mitte mir bewahren. O lasse einmal noch nach vielen Jahren die schönen Gärten heimlich mir bereiten!

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