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Die Prinzessin von Trapezunt

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wenn im Programm der Wienei Festwochen Offenbachs „La Printern de Trebizonde“ als Uraufführung angekündigt wurde, so kanr damit nur die am 5. April 1929 erstmalig vorgelesene Textfassung vor Sari Kraus gemeint sein, die in der tt auf dem Theater noch nie verwendet wunde, — Uraufgeführt wurde Offenbachs Operette in Juli 1889 in Baden-Baden, dann folgte im Dezember des gleichen Jahres Parjs, und im Frühjahr 1871 kam „Die Prinzessin von Trapezunt“ ans Wiener Carl-Theater, wo die populäre Josef ine Gallmeyer monatelang als Regina Triumphe feierte.

Das Lob in höchsten Tönen, welches Eduard Hanslick und Karl Kraus diesem Werk Offenbachs spendeten, das helle Entzücken, In das sie Aktion und Musik versetzten, wirkte auf manche (wohl auch auf die Intendanz der Wiener Festwochen) als Empfehlung, für andere war es eher eine Warnungstafel. Sie gingen gewissermaßen mit zurückgelegten Ohren in die Premiere, denn Karl Kraus war nachweislich unmusikalisch (er hatte also leicht über Musik reden!) und Hanslick ließ, trotz gegenwärtig sehr „moderner“ posthumer Ehrenrettungsversuche, kaum einen der vielen herumlaufenden Böcke ungeschossen.

Der von Nuitter und Trėfeu verfaßte Text 1st wirklich reizend und kann, neben dem von „Hoffmanns Erzählungen", die ja einem ganz anderen Genre angehören, als der weitaus beste bezeichnet werden, den Offenbach je in die Hand bekam. — Mit der Musik hat es nicht die gleiche glückliche Bewandtnis. Sie ist einfach zu dünn. Die Mischung von Zirkusmilieu, Wachsfigurenkabinett und parodiertem Adelsieben auf einem Schloß gibt a priori allerlei her. Offenbachs Librettisten haben zudem noch eine amüsante Handlung ersonnen, die nicht ohne Lyrismen und auch nicht ohne einen Schuß Bosheit ist, doch „ohne irgendwie das Gebiet des Zweideutigen oder Unschicklichen zu streifen“, wie Hanslick beruhigend bemerkt.

Die Handlung in Kürze: Zu Cabriolos Zirkusunternehmen gehört auch ein Wachsfigurenkabinett, dessen Schmuckstück die Prinzessin von Trapezunt ist. Ihr hat Zanetta, eine der beiden hübschen Töchter des Prinzipals, beim Staubwischen die Nase abgebrochen, und nun muß sie selbst den Platz der Prinzessin einnehmen. In sie verliebt sich der von seinem Erzieher Sparadrap ängstlich bewachte Prinz Rafael, Sohn des Fürsten Kasimir. — Bel einer Lotterie, dem Konkurrenzunternehmen auf dem Jahrmarkt, gewinnt Ca- briolo das als Preis ausgesetzte Schloß, wohin die Zirkusleute übersiedeln, nicht ohne sich den ent

sprechenden Adelstitel selbst zuzulegen. Aber sie langweilen sich dort unsäglich, das gehört zum „vornehmen Leben", und fallen — sehr amüsant — immer wieder in ihre alten Gewohnheiten zurück. Der Herr Papa, tagsüber den Kavalier spielend, schleicht sich nachts in den Garten, um Purzelbäume zu schlagen, klettert auf das zum Wäschetrocknen gespannte Seil und entwischt in die Küche, um dort heimlich Feuer zu schlucken Der Prinz hat unterdessen entdeckt, daß seine bewunderte Prinzessin aus Fleisch und Blut ist; Tremolini, ehemals Clown, verliebt sich in die Schwester der Prinzessin und der Prinzener- zieher in die grotesk-dicke Schwester des Direktors und jetzigen Schloßherrn. Nach einigem Quipro- quo muß der strenge Fürst Kasimir seine Zustimmung zu der dreifachen Hochzeit geben, denn er selbst war einst mit einer Zirkusreiterin verheiratet, und zwar mit der Tante der beiden schönen Schwestern

Mit der Musik ist es weniger gut bestellt. Man rühmt ihr besondere Diskretion nach — und die hat sie in der Tat. Ungezwungen ergeben sich die Musikstücke aus den Situationen und münden wieder in die Handlung zurück. Es fehlt ihr weder an Grazie noch an Humor, auch gibt es, wie meist bei Offenbach, parodistische Stellen auf die große Oper ä la Meyerbeer und Bellini, einschließlich eines Jägerchores in Freischütz-Manier.

Alle diese Möglichkeiten wußte der Regisseur Wolfgang Glück gut zu nutzen, nur geriet ihm manches in die Nähe des Wiener Singspiels, und von Pariser Bouffonerie war im ganzen nicht viel zu verspüren, auch nicht in dem großen Cancan. — Der Grazer Bühnenbildner Wolfram Skalicki hat einen irrealen Rahmen geschaffen, in den er pompöse Möbel (im Schloßakt) und heiter-buntge- kleidete Figuren stellt, die vom Regisseur durchweg gut geführt waren. Walter Goldschmidt als Dirigent war vielleicht ein wenig allzu gehemmt bei der Leitung des Niederösterreichischen Tonkünstlerorchesters und des Rundfunkchores In den Hauptrollen: Karl Paryta, zuweilen recht eigenmächtig, aber immer zum Gaudium des Publikums agierend, sehr reizend und apart: Liselotte Ebnet als Prinz Rafael; von Hans Putz als Direktor und seinen beiden beiden Töchtern (Judith Abt und Dagmar Koller) Wird Ungewöhnliches gefordert: neben virtuosem Gesang auch akrobatisches Talent. Eine Figur von umwerfender drastischer Komik stellt Hortense Raky als beleibte Zirkusheroine auf die Bretter. Nur dauerte der ganze Spaß um etwa eine Stunde zu lang.

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