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Die Welt der Bühne

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4. WIENER THEATER-JAHRBUCH. Herausgegeben von Friedrich Langer und Hans Loßmann. Verlag Kurt Wedel, Wien-München. 185 Seiten.

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4. WIENER THEATER-JAHRBUCH. Herausgegeben von Friedrich Langer und Hans Loßmann. Verlag Kurt Wedel, Wien-München. 185 Seiten.

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Drei Jahrgänge „Wiener Theater-Jahrbuch“ brachten neben dem angehängten statistischen Teil kritische Beiträge namhafter Wiener Theaterrezensenten zu der jeweils vergangenen Saison. Die von einer ganzen Reihe von Mitarbeitern verfaßten Essays waren im Stil und in der prinzipiellen Stellungnahme zu den Problemen des Theaters eher unterschiedlich, oft divergierten sie, man hatte stets den Eindruck, in einer Festschrift oder hart gebundenen Zeitschrift zu blättern. Die Kontinuität eines Almanachs war nicht gegeben. Der vorliegende vierte Band, neuerdings von Friedrich Langer und Hans Loßmann gezeichnet, ist schon der graphischen Form nach vorwiegend Bilanz, Rechenschaftsbericht. Die detaillierte kritische Betrachtung der aufgeführten Stücke und Opern ist von einer Hand und aus einer Sicht verfaßt; die anschließende Polemik, die sich prinzipiell mit den Theaterjahren 1959 und 1960 befaßt, ist gleichfalls Ausdruck einer ganz bestimmten Meinung der Herausgeber. Wenngleich infolge der reduzierten Mitarbeiterschaft anstatt der Meinungsvielfalt der vergangenen Jahrgänge die absolute Subjektivität der Beurteilung vorherrscht, so wurde doch dadurch viel eher der Charakter einer abgesteckten, konkreten Stellungnahme gewonnen. Über ihre Kompetenz zu urteilen, obliegt weniger uns, als dem theaterinformierten Leser, denn die Beurteilung der kritischen Kompetenz ist ebenso subjektiv wie die Kritik selbst und infolgedessen letzten Endes nur am Maßstab des Vertrauens meßbar, welches das Publikum dem qualifizierenden Berichter entgegenbringt. Eine weitere Neuerung in diesem Band: nicht mehr ein abgeschlossenes Spieljahr, sondern die theatralischen Ereignisse im Zeitraum eines Kalenderjahres werden besprochen, so daß diesmal die Spielsaison 1958/59 mit der ersten Hälfte der Saison 1959/60 zusammengefaßt worden ist. Diese Umstellung scheint schon deshalb zweckmäßig, weil die Sommerpause, die früher einmal die Spielzeiten trennte, bekanntlich so dicht mit Festwochenveranstaltungen gepflastert ist, daß die Trennung des Kalenderjahres in zwei Spielhälften kaum noch bewußt in Erscheinung tritt. Im übrigen sind Thema und Anliegen dieses wertvollen Informationsnachweises gleichgeblieben: es gibt,-- übersichtlich und mit zahlreichem Bildmaterial und Statistiken versehen, Aufschluß über die Spielpläne und Ensembles der Wigner Bühnen und berichtet

über die Besetzungen der einzelnen Stücke. Ein Vermerk, wie oft die Stücke liefen und wie erfolgreich sie bei Publikum und Presse gewesen sind, würde den informativen Teil zweifellos bereichern. Ein Aufsatz Direktor Prof. Haeussennans über die „Gegenwart des Burgtheaters" ergänzt dieses Resümee einer Theaterperiode.

HEBT DEN STEIN AB! Eine „Komödie um die letzten Dinge". Von Franz Theodor C s o k o r. Paul-Zsolnay-Verlag, Hamburg-Wien. 68 Seiten.

Die dämonische Skurrilität einer Alfred Kubin und James Ensor verwandten Provinz hat der unumstrittene Doyen der

österreichischen moderneren Dramatik nach eigenen Worten in dieser „Komödie um die letzten Dinge“ zu bannen versucht — und zumindest dies ist ihm denn auch gelungen. Zwischen der Doppelbödigkeit jener kauzigen und zugleich philosophischen Versponnenheit und dem finsteren Gelächter der Satire, zwischen Ernst und Heiterkeit, zwischen Makabrem und Erhabenem vollzieht sich die ganz und gar absonderliche Handlung: Ein Säufer, Ehebrecher, Verführer und dergleichen, ein Lump in jeder Hinsicht, stirbt — und wenn man sich umsieht in der Runde der Hinterbliebenen, so sind sie alle recht zufrieden mit dieser Lösung. Da aber steht er unversehens plötzlich wieder in der Stube. Nicht gerade gesünder als zuvor, doch immerhin lebendig — und nicht etwa ein Scheintoter, sondern echt und richtig vom Tode auferstanden, wie einst Lazarus,

unertorschlicher Begnadung. Die Abgründe, die sich solcherart sehr zahlreich aufjun. sind zunächst überaus menschlicher Natur: er will das Leben, das geschenkte (vielleicht um eine Spur geläuterter, indes, ich bin da nicht ganz sicher), zu Ende genießen; seine Umgebung hingegen will ihn, die Rarität in jeder Hinsicht, verwerten, sei es in spekulativer (und höchst lukrativer), sei es in ethischer Hinsicht.- Die versprochenen „letzten Dinge“ kommen notgedrungen ausführlich ins Gerede, aber doch mehr in metaphysisch-literarisch-hypothetischem Zusammenhang: der Stein, der da ins Rollen kommt und hart an den fundamentalen Fragen des Glaubens und des Mysteriums vorbeizielt, unterliegt doch allzusehr den theatralischen Gesetzen (und da nicht just den allerjüngsten), wenngleich er auch die durchaus positive Wirkung einer ernsthaften. seriösen Auseinandersetzung nicht verfehlt.

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