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Im Bannkreis der Poesie
BLANKA VON KASTILIEN. Trauerspiel in fünf Aufzügen von Franz Grillparzer. Oesterreich- Reihe des Bergland-Verlages, Wien, Band 56—58.
Als Franz Grillparzer, 25jährig, dem Leiter des Hofburgtheaters, Josef SchreyvogeL seine erste Visite abstattete, berichtete er diesem über eine Reihe im Jünglingsalter verfaßter Erstlingsdramen, von denen ihn die in Jamben verfaßte historische Tragödie „Blanka von Kastilien" (1808 bis 1810) nach der „ersten Trunkenheit des Entwerfens" über die „geheimen Stachel der Ausführung“ hinreichend belehrte Allem Anschein späterer Forschungen nach zu schließen, hatte Schreyvogel das Werk bereits 1810 gekannt — und für eine Aufführung am Burgtheater zu verschwommen, zu unreif betrachtet. Bei diesem Urteil blieb es bis heute: Die Uraufführung fand nahezu 150 Jahre später unter der Regie Professor Leon Epps und vor den Bühnenbildern Professor' Gustav Mankers am 26. September 1958 im Volkstheater statt. — Das in der Oesterreich-Reihe von A. Grünberg eingeleitete Staatsdrama, das vor der düster-gewalttätigen, intrigengeschwängerten (und der Weltgeschichte von Guthrie und Gray entnommenen) Kulisse Kastiliens abrollt, und vom Bergland-Verlag aus Anlaß der Volkstheaterinszenierung verlegt worden ist, macht die breitere Oeffentlich- keit mit einem literaturhistorisch bedeutsamen „Findling“ bekannt, der, zwar noch voll jugendlichem Ueberschwang, recht langatmig dahinfließt, immerhin aber kühn und kontrastreich angelegt ist und neben kräftigen Charakterzeichnungen (Maria de Padilla, Rodrigo, Diego) bereits die spätere dramatische und geistige Potenz Grillparzers ankündigt.
DAS BURGTHEATER. Ein Führer durch das Haus, mit besonderer Berücksichtigung der Fassaden und der Feststiegen, von Hugo Ellenberger. Oesterreich-Reihe des Bergland-Verlages, Wien, Band 41.
Der Umstand, daß es dieser überaus lesenswerte kleine Führer durch das Burgtheater bereits zu einer zweiten, erweiterten Auflage gebracht hat, bestätigt hinreichend die gute Aufnahme beim Publikum. Hugo Ellenberger, der kenntnisreiche Verfasser, ist an Hand seiner kunsthistorischen Studie bestrebt, dem Leser neben einer eingehenden Schilderung der architektonischen und innendekorativen Details de; großen Hauses am Ring ein nahezu lückenloses Bild der europäischen Theatergeschichte zu vermitteln Zahlreiche Illustrationen, eine F iskizze und eingehende Besprechungen der bei den Fremdenführun-
gen gezeigten Räumlichkeiten erläutern die Außenplastik der Fassaden, die Büsten, Nischenstandbilder und Fresken der beiden Haupttreppen und des Galeriefoyers sowie den Zuschauer- und Bühnenraum. Selbst jener Leser, der das Burgtheater „in- und auswendig kennt", findet in diesem handlichen Buch eine Fülle bisher kaum beachteter, interessanter Einzelheiten. Paul Blaha
SALZIGER MOND. Gedichte von Gerhard Neumann. Im Insel-Verlag, Wiesbaden.
Mit seinem ersten Gedichtbande „Wind auf der Haut" hatte sich Neumann als bedeutender Lyriker eingeführt. Nun sehen wir in dem neuen Bande das Fortschreiten einer ungewöhnlichen Begabung. Der Titel weist auf die Nähe des Meeres hin, das manchem der Verse Thema und Stimmung gibt. In harten Rhythmen wächst die Schau des erhöhten Alltags,
Stadt, flache Weite, Krieg. Gespannt fragen wir: Wohin führt der Weg dieses Lyrikers?
DER STILLE SIEGER. Der Roman eines fürstlichen Rebellen. Von Rudolf Kremser. Pilgram-Verlag, Salzburg. 300 Seiten. Preis 5 8 S.
Man kann es nicht genug betonen, daß wir in unserer Mitte einen Meister des historischen Romans besitzen, der besser ist als viele, denen wir in Ueber- setzungen begegnen. Rudolf Kremser dringt in das Einst des Abendlandes nachfühlend ein, er sieht die großen Gestalten der Vergangenheit von ihrem und zugleich von unserem Standpunkt. Er weiß, was er der Zeit, die den Hintergrund der Handlung bildet, schuldig ist, er verbindet den Dichter mit dem Historiker in einer Art, die uns vorbildlich erscheint. Dies bekundet auch „Der stille Sieger", das literarische Bildnis Wilhelms von Oranien, vor dem Hintergrund der Zeit Karls ,V. Wir möchten wünschen, daß der Titel des Buches auch für den Autor gelte.
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