Modiano - © Foto: APA / AFP / Martin Bureau

Patrick Modiano: Leerstellen des Lebens

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Der französische Literaturnobelpreisträger Patrick Modiano erweist sich auch in seinem neuesten Roman „Unsichtbare Tinte“ als Meister magischer Erzählkunst.

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Der französische Literaturnobelpreisträger Patrick Modiano erweist sich auch in seinem neuesten Roman „Unsichtbare Tinte“ als Meister magischer Erzählkunst.

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Eine Frau verschwindet, von einem Tag auf den anderen. Ihr Name ist Noëlle Lefebvre, ihre Identität gibt Rätsel auf. Der Vorfall ereignet sich in den 1960ern, am linken Seineufer von Paris. Der betraute Detektiv delegiert den Fall an seinen Gehilfen Jean Eyben, der die Stelle nur antrat, um inspirierendes Material zu sammeln. Denn Eyben träumt von der Schriftstellerei. Bald aber ahnt er: Zwischen ihm und der Vermissten besteht eine geheimnisvolle, alte Verbindung. Mit investigativem Eifer und viel Erinnerungsarbeit, aber auch mittels intuitiver Aktionen treibt er die Spurensuche voran. „Unsichtbare Tinte“ heißt der jüngste Roman des französischen Nobelpreisträgers Patrick Modiano, von seiner bewährten Übersetzerin Elisabeth Edl souverän wie immer ins Deutsche übertragen.

„Encre sympathique“ lautet der Originaltitel – und auch der Fachbegriff für jene magische Tinte, die beim Schreibvorgang farblos bleibt und erst „durch Einwirkung einer bestimmten Substanz“ sichtbar wird. Der Autor greift einmal mehr auf sein bekanntes Setting zurück: Alles nimmt in den 1960er Jahren, an der Rive Gauche seinen Anfang. Das Verschwinden einer Person setzt einen Rekonstruktionsprozess in Gang, doch die biografischen Geflechte scheinen kaum entwirrbar; die Suche steigert sich zur Obsession. Aber soll jedes Geheimnis gelüftet werden? Könnte nicht, „hat man einmal alle Antworten gefunden, [...] das Leben hinter einem zuschnappen wie eine Falle, mit dem Schlüsselgeklirr von Gefängniszellen. Wäre es nicht ratsamer, man ließe Brachflächen um sich herum, in die man entwischen kann?“

Literatur als Rettungsanker

Patrick Modiano, Jahrgang 1945, ist der Sohn eines jüdischen Kaufmanns und einer flämischen Schauspielerin. Er wuchs am Quai de Conti Nummer 15 auf, direkt gegenüber dem Louvre. Der Vater entkam dank obskurer Verbindungen der Deportation, betrieb Schwarzmarktgeschäfte und verschwand eines Tages ganz; die Mutter tourte als Actrice durch die Lande. Patricks jüngerer Bruder verstarb früh, er selbst wurde an diverse Internate weitergereicht, sogar bis ins savoyische Annecy (wohin auch Spuren der Romanfigur Noëlle Lefebvre führen...).

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