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Von Werfel bis Weimar

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FRANZ WERFEL: DIE DRAMEN. Herausgegeben von Adolf B. Klarmann. Zwei Bände in Kassette. S.-Fischer-Verlag, Frankfurt am Main 1959. 1088 Seiten. Leinen. Preis 48 DM. - JEAN COCTEAU: DRAMEN. Mit einem Vorwort von K. H. Ruppel. Albert-Langen—Georg-Müller-Verlag, München 1959. 421 Seiten. Leinen. Preis 16.80 DM. - JOHANN WOLFGANG GOETHE: GEDENKAUSGABE DER WERKE, BRIEFE UND GESPRÄCHE (XXIV Bände). Herausgegeben von Ernst Beutler. 1. Ergänzungsband (XXV): Johann Caspar, Cornelia und Catharina Elisabeth Goethe: Briefe aus dem Elternhaus. Artemis-Verlag, Zürich und Stuttgart 1960. 1028 Seiten. Leinen. Preis 27.80 sfr. - NIKOLAUS LENAU: SÄMTLICHE WERKE / BRIEFE. J. G. Cottasche Buchhandlung Nacäf., Stuttgart 1959. 1091 Seiten. Leinen. Preis 28 DM. - SHAKESPEARE: KING LEAR / KÖNIG LEAR. Englisch und Deutsch. Rowohlts Klassiker der Literatur und Wissenschaft 1960. Nr. 70. 222 Seiten. Preis 1.90 DM

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FRANZ WERFEL: DIE DRAMEN. Herausgegeben von Adolf B. Klarmann. Zwei Bände in Kassette. S.-Fischer-Verlag, Frankfurt am Main 1959. 1088 Seiten. Leinen. Preis 48 DM. - JEAN COCTEAU: DRAMEN. Mit einem Vorwort von K. H. Ruppel. Albert-Langen—Georg-Müller-Verlag, München 1959. 421 Seiten. Leinen. Preis 16.80 DM. - JOHANN WOLFGANG GOETHE: GEDENKAUSGABE DER WERKE, BRIEFE UND GESPRÄCHE (XXIV Bände). Herausgegeben von Ernst Beutler. 1. Ergänzungsband (XXV): Johann Caspar, Cornelia und Catharina Elisabeth Goethe: Briefe aus dem Elternhaus. Artemis-Verlag, Zürich und Stuttgart 1960. 1028 Seiten. Leinen. Preis 27.80 sfr. - NIKOLAUS LENAU: SÄMTLICHE WERKE / BRIEFE. J. G. Cottasche Buchhandlung Nacäf., Stuttgart 1959. 1091 Seiten. Leinen. Preis 28 DM. - SHAKESPEARE: KING LEAR / KÖNIG LEAR. Englisch und Deutsch. Rowohlts Klassiker der Literatur und Wissenschaft 1960. Nr. 70. 222 Seiten. Preis 1.90 DM

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Von Werfeis Dramen gab es vor der neuen Gesamtausgabe nur eine vom Dichter selbst im Zsolnay-Verlag veranstaltete, die über 30 Jahre zurückliegt (1929). „Fast zu vorsichtig“ nennt der Herausgeber der jüngsten Fischer-Verlag-Ausgabe die seinerzeitige Auswahl des Dichters, die außer den „Troerinnen“ nur noch „Juarez und Maximilian“ und „Paulus unter den Juden“ enthielt. Uns will scheinen, daß die strenge Selbstkritik des Dichters das künftige Schicksal des Dramenwerkes ahnungsvoll begriff. Nehmen wir noch „Das Reich Gottes in Böhmen“ und „Jakobowsky und der Oberst“ dazu — was soll darüber hinaus noch dauern vom dramatischen Werk des großen Erzählers und Lyrikers (der er unverkennbar auch im Drama ist)? Das Verdienst der vorliegenden Gesamtausgabe ist, literaturgeschichtlich gesehen, freilich groß. Sie enthält im ersten Band nach der Vorbemerkung des Herausgebers Klarmann: „Der Besuch aus dem Elyseum“ (1912), „Die Versuchung“ (1913), „Die Troerinnen“ (1914), „Die Mittagsgöttin“ (1919), „Spiegelmensch“ (1920), „Bocksgesang“ (1921), „Schweiger“ (1922), „Juarez und Maximilian“ (1924) und „Paulus unter den Juden“ (1926); im zweiten Band: „Das Reich Gottes in Böhmen“ (1930), „Der Weg der Verheißung“ (1935), „In einer Nacht“ (1937), „Jakobowsky und der Oberst“ (1943), acht Fragmente und kürzere Stücke, eine Liste von vier verschollenen Werken (vermutlich 1938 in Prag bei Werfeis Mutter oder seinem Freund Willy Haas vernichtet) und von sieben beiläufig notierten Plänen. Die drei Verdi-Libretti-Neubearbeitungen' (,;Die Macht des Schicksals“, 1926, „Simone Boccanegra“, 1929, und „Don 12. Juni 1942 an Paulus (S. 168) zeigt, wie sehr Stauffenberg schon damals versuchte, auf den viel ranghöheren Befehlshaber der 6. Armee einzuwirken. Für Friedrich Paulus gab es eben nur die Devise: „Ich stehe hier auf Befehl!“ Die Schuldfrage blieb ihm verschlossen bis zu seinem Ende im freiwilligen Exil im Bereich der Deutschen Demokratischen Republik.Carlos', 1932) konnten wegen verlegerischer Schwierigkeiten nicht aufgenommen werden.

Man kann sich kaum einen größeren Gegensatz zum barockhaften, theologischen Drama Werfeis denken, als die romantischen Kapriolen, die Jean Cocteau Dramen nennt. Ein Stück unvergänglicher Poesie sind sie, ein Spiel des Schönen und Phantastischen, großgestiges und polterndes „aktives Theater“, mitten im „Unterspielen“ unserer Tage, ganz gewiß aber auch „reizende Windbeuteleien“, wie es Albert Thibaudet einmal genannt hat. Nach dem Leitfaden sind sie ganz und gar nicht „Dramen“, wunderlicherweise aber gedeihen sie üppig auf der nervösen Bühne unserer Zeit. „Die geliebte Stimme“ etwa, das exhibitionistische Einpersonenspiel der verlassenen Frau, die sich am Telephon eine Stunde lang von dem Geliebten verabschiedet und schließlich mit der Telephonschnur erdrosselt, haben wir in Wien schon drei-, viermal gesehen, zuletzt vor kurzem in einer Fernsehsendung aus Deutschland mit der dafür viel zu intelligenten Hildegard Knef. Denn alle diese Gedanken- und Gefühlssprünge des seltsamen Autors, Lyrikers, Romanciers, Kritikers, Malers, Musikers, Schauspielers und Filmregisseurs dürfen nicht schwer, nicht ganz ernst genommen werden; die zwei antikisierenden Schrullen etwa, „Die Höllenmaschine“ (Ödipus), „Orpheus“, oder die den Österreicher fast verletzende Vermengung von Elisabeth-und Ludwig-lI.-Drama „Der Doppeladler“: mit einer Ausnahme — „Bacchus“, eine Tragikomödie aus der Reformationszeit, hat die großen Gesten und den heißen Atem eines echten Dramas, in dem sich alle Cocteauschen Gedanken die Hand geben: „Die Idee des Todes und der Fatalität, die des Künstlers, der sich gegen die äußere Welt nicht behaupten kann, die des Idealisten, der das Gute will und das Böse erntet.“

Der großen und schönen, leider auch sehr teuren 24bändigen Schweizer Goethe-Ausgabe des Artemis-Verlages folgten als erster Ergänzungsband, betreut und mit sehr fleißigen Anmerkungen versehen, die Briefe der Eltern und der Schwester Goethes, in einer Gesamtausgabe eine wertvolle Ergänzung zum Bild der Zeit, Frankfurts und seines großens Sohnes. Drei Essays von Ernst Beutler über Vater, Mutter und Schwester Goethes nehmen 300 Seiten ein und sprengen fast den Rahmen einer „Einleitung“.

Wenn der neue alte Cotta-Verlag in unseren Taeen eine Gesamtausgabe der Werke Lenaus mit einer Auswahl der Briefe veranstaltet, folgt er einer ehrenvollen literarischen Tradition, denn die erste Lenau-Gesamtausgäbe von Anastasius Grün Gange vor der kritischen Carl Schäffers, 1910, und der gültigen großen Insel-Ausgabe Eduard Castles, 1910 bis 1913) erschien 18 55 bei Cotta. Die Ausgabe hat auch alle Vorzüge seriöser, in der Textgestaltung, Anordnung, Einführung (100 Seiten) und Kommentierung von Hermann Engelhard überaus sorgsam betreuten Cotta-Ausgabe. Die Auswahl der Briefe ist klug und ausreichend. Sie lesen sich anregender und aufregender als manches Vergängliche am Werk des Dichters, einschließlich der religiös verworrenen Zwitter-Vers-Epen „Faust“, „Savonarola“ und „Die Albi-genser“ und der Fragmente „Don Juan“ und Helena“. Vom düsteren Glanz Lenauscher lyrischer Melancholie wird vieles bleiben, wenn auch weitaus nicht alles der hier sechs Bände und 436 Seiten füllenden Gedichte.

Das äußere Gewand der Rowohltschen doppelsprachigen Shakespeare-Ausgabe im Taschenbuchformat hat sich zum Vorteil verändert. Nach „Romeo und Julia“, „Hamlet“, „König Richard III.“, „Macbeth“, „Ein Sommernachtstraum“, „Julius Cäsar“ und „Der Kaufmann von Venedig“ liegt nunmehr das Shakespeareste und Drama aller Dramen, „König Lear“, vor. Den beiden Texten mit Anmerkungen ist ein textkritischer Anhang, einer „Zum Verständnis des Werkes“ (Wolfgang Clemen) und wie immer eine knappe, aber kundige Bibliographie angeschlossen.

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