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Digital In Arbeit

Was tun mit der Freiheit?

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„Erfolgs-coaching” ist eine neue Form der individuellen Lebensplanung. Der Autor wertet in diesem Beitrag eigene Erfahrungen aus.

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„Erfolgs-coaching” ist eine neue Form der individuellen Lebensplanung. Der Autor wertet in diesem Beitrag eigene Erfahrungen aus.

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Jeder von uns muß wohl oder übel zur Kenntnis nehmen, daß sich die Welt in einem aufregenden politischen, sozialen, ökologischen, ökonomischen und kulturellen Wandel befindet, dessen Folgen in Ausmaß und Wirkung noch nicht genau abschätz'bar sind. Das Leben ist komplexer geworden, alles ist in Bewegung geraten. Viele Menschen verstehen die Welt nicht mehr und fragen sich, auf wen oder was sie sich eigentlich noch verlassen können. Sie treiben im wild gewordenen Ozean der Gesellschaftsinteressen orientierungslos umher und haben es schwer, gegen die rauhen Winde der Unsicherheit anzukämpfen.

In der Zwischenzeit haben sich in unserem Lebensraum informelle Clubs der Orientierungslosen gebildet. Der größte Club besteht aus den Interessenvertretern der Übersatten, die nichts mehr zufriedenstellen kann. Sie suchen jeden Morgen ihren Arbeitsplatz voller Überdruß auf und gehen nur noch „arbeiten”, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen oder ihren „Lebensstandard” zu halten. Sehr viele von ihnen haben eine zweite Mitgliedschaft im Club der „Schizophrenen”. Ihr Wahlspruch lautet „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps”. Sie wollen damit zum Ausdruck bringen, daß Arbeit keinen Spaß machen kann oder darf.

Aber auch die Zahl der verzweifelten Menschen steigt. Darunter befinden sich unter anderem Personen, die ab Mitte vierzig keine Arbeitsstelle mehr bekommen, weil sie viele Arbeitgeber zum „alten Eisen” zählen.

Diese Zeit des Wandels und der Unsicherheit bringt aber auch etwas Positives. Er stellt jeden einzelnen Bürger der postindustriellen Wohlstandsländer immer mehr auf seine eigenen Füße. Selbstverantwortung, Eigendynamik, individuelle Lebensgestaltung sind die Schlagworte, die uns in das nächste Jahrtausend begleiten werden. Selbstverantwortung bedeutet weniger Fremdbestimmung. Damit sind wichtige Forderungen der Jugend- und Studentenbewegungen der sechziger Jahre in Realisierung.

Aber auch diese Medaille hat zwei Seiten. Die Freiheit hat ihren Preis. Weniger Fremdbestimmung bedeutet auch weniger (soziale) Sicherheit von außen.

Der Holzweg führt in Richtung Frust. Er ist aus jenen Hölzern gezimmert, die von den Bäumen der negativen Lebenseinstellung stammen. Das Material ist vielfältig und reicht von Angst, Schuldgefühlen, Sorgen, Minderwertigkeitskomplexen, Habsucht, Selbstmitleid, Neid, Fremdbestimmung und Eifersucht bis zur Krankheit.

Jeder von uns hat seine persönliche „Erfolgsleiter”. Doch einen „Haken” haben diese Leitern: sie sind in jedem Fall Selbstbausätze.

In unserem Ozean der Gesellschaftsinteressen gibt es eine Welle, die „do it y ourseif' heißt. Immer mehr Menschen bauen ihr Haus, Möbel und so weiter selbst, warum nicht auch ihre Erfolgsleiter?

Die Sprossen dieser Leiter verbinden die Flanken Selbstorganisation und Selbstmotivation miteinander. Das bedeutet nichts anderes, als daß man sein Glück selbst in die Hand nimmt.

Die Erfolgsleiter hat im wesentlichen zwölf Sprossen, die sich jeder selbst drechseln und zimmern muß. Je nachdem, wieviel Mühe wir uns dabei geben, sind die Sprossen stabil oder wackelig, tragfähig oder brüchig. An unserer Geschicklichkeit liegt es, ob unsere Erfolgsleiter ein Kunstwerk oder eine Kraksen wird.

Selbstbausätze

■ Die erste Sprosse heißt „Lebensbereiche benennen”. Sie läßt sich mit der Fragestellung „Auf welchen ,Bühnen' spielt sich mein Leben ab?” herstellen. Zu den „Bühnen” des Lebens gehören zum Beispiel Beruf, Beziehungen, Gesundheit und Fitneß, persönliches Wachstum, Spiritualität.

■ Die zweite Stufe heißt „Werte klären”. Hier folgt die Frage: „Was ist mir wichtig?' Sie wird pro Lebensbereich gestellt. Berufliche Werte sind zum Beispiel Erfüllung, gesichertes Einkommen, Selbstverwirklichung.

■ Das „Ziele setzen” gehört zu den tragenden Sprossen der Erfolgsleiter. Wer sich keine Ziele setzt, arbeitet für die Ziele anderer. Die Fragen: „Was will ich erreichen, bis wann soll es erreicht sein und wieviel soll erreicht sein?” helfen Ziele finden. Beispielsweise könnte im Lebensbereich Beruf ein Ziel wie folgt aussehen: „Es ist Juni 1999, mein Bruttoeinkommen beträgt 50.000 Schilling monatlich.”

Spätestens jetzt wird klar, daß man einiges tun muß, um seine Ziele zu erreichen.

■ „Aktivitäten planen” heißt die vierte Stufe zum Erfolg. Die Frage, „Was muß ich tun, um meine Ziele zu erreichen?” ist an dieser Stelle richtig. Die Aktivitätenplanung gleicht dem Entwurf einer Wanderkarte. Die Planung der Tagesarbeit ist einer der wichtigsten Schritte, die auf der Erfolgsleiter nach oben führen. Das größte Hindernis auf dem Weg zu unserem Erfolg sind meistens wir selbst.

■ Die fünfte Stufe der Erfolgsleiter heißt deshalb „Persönliche Hindernisse beseitigen”. Schuldgefühle und Sorgen gehören zu den größten Hindernissen. Sie machen handlungsunfähig, deshalb erreichen viele Menschen ihre Ziele nicht. So mancher Mitmensch schleppt das Schuldgefühl „einmal versagt zu haben” mit sich herum. Er hat deshalb die Sorge, zukünftig auch wieder zu versagen. Viele von uns trauen sich deshalb nicht, sich neuen Herausforderungen zu stellen.

■ Sehr nahe bei der fünften Sprosse liegt die Sprosse „Justage der persönlichen Einstellung”. Auf dieser Ebene beantwortet jeder für sich die Frage: „Was bedeutet Erfolg, Versagen, Wohlstand und Macht?” Eine beträchtliche Anzahl von Menschen verbindet mit dem Begriff „Erfolg” Berühmtheit und materiellen Reichtum. Weit gefehlt! Erfolg ist viel einfacher und für jeden von uns da. Im Wort Erfolg steckt erfolgen, eintreffen. Wenn das eintritt, was man sich ernsthaft vorgenommen hat, dann ist das Erfolg. Die vielen kleinen Erfolge sind die echten Motivationsfaktoren, die jeder genießen sollte. Andere wiederum sind der Überzeugung, daß Fehler machen oder Fehlschläge erleiden, gleich Versagen bedeutet. Auch hier weit gefehlt! Versagen bedeutet, wichtige Dinge nicht zu tun, obwohl man in der Lage ist, sie zu erledigen.

■ „Kapituliere nicht vor Problemen”, heißt die siebente Stufe zum Erfolg. Der Erfolgsweg ist keine Rolltreppe und auch kein Lift. Er ist ein anstrengender Weg, und unterwegs tauchen immer wieder Probleme auf. Entweder man fragt sich von vornherein, was man tun kann, damit Probleme erst gar nicht auftauchen, oder im akuten Fall wird analysiert, woraus das Problem besteht und wie es sich am besten lösen läßt. Erfolgreiche können mit Problemen umgehen.

■ Der Entscheidungsprozeß zieht sich wie ein roter Faden durch unsere gesamte Lebensgestaltung. Wer sich nicht entscheiden kann, wird es schwer haben, sich mit dem Erfolg anzufreunden.

■ Auf der neunten Stufe der Erfolgsleiter heißt es, die „Persönlichen Stärken mobilisieren”, um das Geplante zu realisieren. Auf dieser Stufe wird es so manchem schwindelig. Nicht nur, weil er schon so weit oben und damit so nah am Ziel ist, sondern auch, weil es jetzt heißt, tagtäglich kleine Erfolge zu initiieren, um den gesteckten Zielen näher zu kommen.

MlSSERFOLG GIBT ES NICHT

■ Die „Bereitschaft zur Selbstkontrolle” bildet die zehnte Stufe. „Bin ich auf dem richtigen Weg, habe ich Geplantes erreicht, konnte ich mir meine Wünsche erfüllen?” sind wichtige Fragen der Selbstkontrolle. Nicht jeder hat den Mut, sich von Zeit zu Zeit diese klärenden Fragen zu stellen.

■ „Mißerfolge gibt es nicht”, so heißt die vorletzte Stufe zum Erfolg. Es gibt Abweichungen vom gewünschten Ziel, aber keine Mißerfolge. Abweichungen sollten selbstbewußt analysiert werden, damit man den richtigen Weg zum Erfolg findet. Viele Wege führen nach Rom und Fehler sind die Wegweiser zum Erfolg. Nur dieselben Fehler ständig machen, ist bedenklich!

■ Von der letzten Stufe der Erfolgsleiter stürzen viele ab. Weil sie die höchste ist, tut es auch besonders weh, wenn man unten aufprallt. Manche Menschen verletzen sich besonders schwer und können sich manchmal von den Folgen nicht erholen. Diese Stufe heißt „Durchhalten”. Nur die Ausdauernden sind erfolgreich.

Ist die Erfolgsleiter fertig gezimmert, so braucht derjenige, der sie besteigt, eine besondere innere Einstellung, um das Gleichgewicht zu halten. Den Glauben an den Erfolg. Viele kennen allerdings die Stufen, die zum Erfolg führen. Sie zu gehen, ist Weisheit.

In lockerer Folge wird die furche Tips und Hinweise geben, wie die einzelnen Sprossen am besten bewältigt werden können.

Der Autor ist

Geschäftsführer der Chairman Indivi-dual Training GesmbH.

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