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WERNER BERGENGRUEN 70 TAHRE

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Wewer Bergengruen, in dessen Werk die religiösen Probleme mit den Jahren immer mehr in den Vordergrund rückten, betrachtet die Dichtung als eine Offenbarung göttlicher und ewiger Ordnungen innerhalb der irdischen Bereiche. Der Mensch erscheint ihm als ein Gefährdeter und Sünder, ja ein stets erneut Gestürzter, doch ebensosehr darf er auf Gnade hoffen, und ebensosehr ist er zum Heil berufen.

Als Sohn eines Arztes aus baltischer Familie schwedischer Herkunft wurde Werner Bergengruen am 16. September 1S92 in Riga geboren. Er studierte in Marburg, München und Berlin. Nach Teilnahme am ersten Weltkrieg und an den anschließenden Baltikumkämpfen war er zunächst als Journalist und Redakteur tätig; seit 1924 lebt Bergengruen in der Hauptsache als freier Schriftsteller und Übersetzer (besonders aus dem Russischen). 1936 ließ er sich mit seiner Familie in Solln bei München nieder.Hnt“selben Jahr m^r^ßngruenzüni KätimmMts .übergäret^]946 tyf..|95S lebte er in Zürich, seither in Baden-Baden, nstlsii %$tiA xibnibd muibsisbft

Bergengruen begann mit Romanen und Novellen. „Das Buch Rodenstein“, eine Sammlung und Nacherzählung von Legenden, Sagen und Spukgeschichten aus dem Odenwald hatte seinen Namen bald bekannt und auch volkstümlich werden lassen. Autobiographische Züge lassen sich erstmals in dem Roman „Der goldene Griffel“ (1931) erkennen. 1935 erschien „Der Größtyrann und das Gericht“, ein aus einem Novellenmotiv entwickelter psychologischer Roman Der Tyrann nimmt die Suche nach dem Mörder — der er selbst ist — zum Anlaß einer Erprobung aller seiner Untertanen, wobei er feststellen muß, daß mit Ausnähme eines Färbers — der sich aus echter Religiosität und um der unheilvollen Verwirrung ein Ende zu setzen, selbst der Tat bezichtigt und so den wahren Schuldigen zum Geständnis bewegt — sämtliche Befragten versagen. Die mit dem Geschehen verknüpfte und dessen Hintergrund bildende Darstellung des totalen Staates verlieh dem Roman brennende Aktualität.

Im Dritten Reich wurden mehrere Bücher Bergengruens verboten, er selbst 1937 aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen; später arbeitete er auf Grund einer „widerruflichen“ Sondergenehmigung und unter ständiger Überwachung. Trotzdem gelang ihm nicht nur die Veröffentlichung mehrerer Werken die in historischer Maske Auseinandersetzungen mit dem Zeitgeist enthielten sondern auch die illegale Verbreitung zahlreicher anklagender, prophetischer und tröstender Gedichte, von denen einzelne anonym im Ausland veröffentlicht wurden, während andere, in Tausenden von Exemplaren und in hektographierten Editionen (wie die Gedichte seines Freundes Reinhold Schneider) in Deutschland und in Österreich, während des Krieges bis in die vorderste Frontlinie, von Hand zu Hand gingen.

Menschliche Schuld und Schwäche beschäftigen Bergengruen in dem 1940 veröffentlichten Roman „Am Himmel wie auf Erden“, worin Berlin im Jahr 1524 unter dem Kurfürsten von Brandenburg eine zweite Sintflut erwartet und schließlich jedermann in Uutergangspanik und nackte Daseinsfurcht gerät. Um Schuld und Gnade kreist auch ein Großteil der späteren Werke („Das Feuerzeichen“, 1949; „Der letzte Rittmeister“, 1952; „Die Rittmeisterin“, 1954). Bergengruen befragt darin die geschichtliche Welt und Menschen aller Zeiten nach ihrem Verhalten, d. h. nach ihrem Glauben, aber auch nach ihrem Versagen und nach ihrer schließlichen Überantwortung an die Gnade, ohne die das menschliche Dasein dem unaufhaltbaren Sturz preisgegeben wäre.

Der Novellist Bergengruen ist besonders mit den „Drei Falken“ (1937) und dem „Spanischen Rosenstock“ (1941) hervorgetreten. In diesen Novellen findet ebenso wie in den Gedichten („Die Rose von Jericho“, 1936; „Dies irae“, 1946) die Überzeugung Bergengruens, daß das, „was im Äußeren vorgeht, nur ein verdeutlichendes und vergröbertes Abbild der Dinge ist, die sich in den Seelen der Menschen ereignen“, und daß „das Bedeutsame hinter den Vorgängen verborgen liegt, wie der Funke im Stein“, einen sinnfälligen Ausdruck. So spiegelt Bergengruens Erzählkunst gerade in ungewöhnlichen Schicksalen die immergültigen Gesetze und Wahrheiten menschlicher Lebensläufe, deren Geschichtlichkeit der Dichter vergegenwärtigt. In seinen sprachschönen Romanen ist Romantisches mit einem beseelten Wirklichkeitssinn und einem tiefgläubigen christlichen Ethos verbunden.

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