6732281-1966_03_11.jpg
Digital In Arbeit

Christentum ist möglich

Werbung
Werbung
Werbung

HOMO VIATOB. MODERNES, CHRISTLICHES THEATER. 3. Folge. Verlag Jakob Heg- ner. Köln. 433 Seiten. Preis 15.80 DM. ‘

Die Diskussionen um die Frage, ob eine christliche Literatur heute geschaffen wird oder nicht, ist ein bedenkliches Phänomen angeschla- ‘ genen christlichen Selbstbewußtseins. Als Potenz liegt das Christliche jeder Kunstäußerung ebenso i selbstverständlich zugrunde wie die Schöpferkraft Gottes der Weltevolution zugrunde liegt. Die Aktuie- rung ist von der Haltung der Künstler abhängig. Und noch ein anderes ist die Publikation, die nicht zuletzt von einer christlichen Einsicht abhängt, die die wahren Zusammenhänge erkennt und fördert. Weithin scheint es, als ob das „Catholica non : leguntur” allgemein christlich verstanden und als Rückzugsposition ‘ auf das Drama bis in unsere Tage : angewendet werden wollte. Wie denn anders will man es erklären, daß ein so wichtiges Unternehmen wie eine Sammlung moderner christlicher Theaterstücke sich als Gegenreaktion legitimieren muß? Im künstlerischen Bereich führt jede bewußte Mission zu Fehlem. Die pluralistische Gesellschaft muß die Präsenz des Christlichen als eine Selbstverständlichkeit hinnehmen lernen und die Christen müssen endlich erkennen, daß sie die Wahrheit zu bieten haben, die mehr als bloß geduldet werden muß.

Man sieht, schon ein allgemeines Bedenken der Lage ist voll tragischen Zündstoffs. Bei Jakob Hegner hatte man, da der Entschluß einer Homo-Viator-Reihe gefaßt war, die Verantwortung der Auswahl. Diese Verantwortung übersteigt ganz einfach die Kraft eines Verlages, solange er für ein so anspruchsvolles Unterfangen der einzige ist. Ein eigentlich unchristliches, bestenfalls neutrales Motiv wurde entscheidend: der Erfolg. So verständlich das einerseits ist, so tragisch ist es für die weitere Entwicklung. Der Homo Viator müßte auch in der Demut und Sendung der „Torheit” des Unpopulären möglich, ja programmiert sein.

So bietet sich der Inhalt der zweiten Folge wieder als eine Sammlung von durch Bühne, Funk und Druck bekannter Stücke an. Selbst Rein- hold Schneiders gewichtiges Vorwort stammt aus der längst bekannten „Theologie des Dramas”. Pėguy, Wilder, MacLeish, Dürrenmatt, Schaper und Hochwälder sind die sechs Autoren der Stücke, von denen jedes für sich eine typische Möglichkeit der Öffnung ins Transzendente zeigt. Die Gruppierung um die christliche Achse macht das Anliegen erst richtig bewußt und stellt es der Öffentlichkeit demonstrativ vor Augen. Als Anfang und Anregung ist solches begrüßenswert. Schlimm wäre es, wenn es — wozu der vorläufige Abschluß mit der zweiten Folge verleiten könnte — zur „Komplettierung” eines Strebems diente, äas sich nur christlich nennen darf, wenn es offen bleibt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung