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Ohne Liebe keine Freude

19451960198020002020

GAST DER ERDE. Von Paul Anton Keller. Leykam-Verlag, Graz, 265 Seiten, 8 Bildtafeln, Leinen. S 165.—.

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GAST DER ERDE. Von Paul Anton Keller. Leykam-Verlag, Graz, 265 Seiten, 8 Bildtafeln, Leinen. S 165.—.

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Im vorliegenden Band, der in des Wortes bestem Sinn ein Erinne- rungs- und Bekenntnisbuch geworden ist, berichtet Paul Anton Keller — er beging im Jänner seinen sechzigsten Geburtstag — von Erlebnissen und Erfahrungen, die ihm, dem aufgeschlossenen Dichter, auf seinem Lebensweg zuteil wurden. Keller gehört jener Generation an, deren Geschick vom ersten und vom zweiten Weltkrieg geprägt wurde. Unzählige haben diese unseligen Epochen durchlebt, gewiß! Letzten Endes kommt es jedoch nicht allein darauf an, was, vielmehr wie man es miterlebt hat. Und gerade dem Dichter weisen das Grauen und das Leid mitleidloser Zeiten den Weg zur Verinnerlichung.

Auf diesem Pfad gaben viele Stimmen Paul Anton Keller das Geleit, Stimmen der Vergangenheit, die nicht überhört werden sollten, will man Neues sinnvoll gestalten. Über die Herkunft seiner Familie berichtet der Dichter: „Meine Mutter war Wienerin, ihre Vorfahren stammten aus Mähren. Die Keller aber sind seit Jahrhunderten in den Matriken zu Kaltem, Eppan und Untermais in Südtirol zu finden. Die Stammheimat war Reutte, wo 1585 dem Ahnherrn Oswald für die von den Vorfahren geleisteten Dienste als Leibjäger Kaiser Maximilians I. und Soldatendienste in den Niederlanden das

Gemsenwappen verlangt wurde.“ Und rückblickend meditiert er: „Aus dem Jagdspieß meines Urahns ist eine Schreibfeder geworden, und sie war als Waffe auch nicht von Pappe, hat mir viel Leides und Liebes gebracht.“ Dann erzählt uns der Dichter von seiner Welt, in der er sich jeder Kreatur eng verbunden fühlt.

Mit Keller besuchen wir den stimmungsvollen Grazer Fetzenmarkt und lesen amüsiert sein „Kleines literarisches Glossarium“, hierauf berühren uns folgende Worte der Besinnung: „Die Dichtung unserer Zeit aber leidet an der Gegenwartskrankheit, an Liebesarmut. Ohne Liebe keine Freude. Die Freude als Erlösung aber ist Aufgabe der Kunst.“ Faszinierend schildert der Autor das Grazer Theaterleben in den zwanziger und dreißiger Jahren. Erwähnt sei ferner die Begegnung des Dichters mit Johannes Ude, dem Vorkämpfer für Frieden und Völkerverständigung, „der unbeirrt stets bemüht war, sein Wort in die Tat umzusetzen; und darauf kommt es ja bei aller ethischen Konsequenz wohl an“. Den Abschluß des Bandes bildet eine Reihe von Aphorismen, deren Pointen gleich warnenden Signalen im Dunkel von Mißverständnissen, Ressentiments und Haßgefühlen aufleuchten.

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