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Zeitenspiegel und Gedankenkaleidoskop

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SPIEGEL DER ZEITEN. Historische Novelle von Friedrich Wallisch. Augustinus-Verlag, Würzburg. 256 Seiten. Preis 66 S. - DAS BISSCHEN LEBEN. Gespräch einer Ehe von Friedrich W a 11 i s c h. Erich-Hoffmann-Verlag, Heidenheim. 168 Seiten mit Illustrationen von Franz Kneer. Preis 66 S

Mit bewährter Erzählergabe läßt Friedrich Wallisch in der „Spiegel der Zeiten“ betitelten Novellensammlung nicht nur Gestalten und Schicksale vergangener Jahrhunderte lebensvoll erstehen, sondern er vermag auch dank seines sicheren Empfindens für die innere Haltung der Menschen in geschichtlich bedeutsamen Epochen die Atmosphäre jener Tage mit zwingender Eindringlichkeit heraufzubeschwören, so daß die Handlung in faszinierender Weise zu erstaunlichen Geschehnissen führt, sich aber dabei so folgerichtig entwickelt wie ein Samenkorn, dessen sprießender Keim sich zu einer üppigen Pflanze entfaltet, um schließlich im Farbenwunder der Blüten Erfüllung zu finden. Dies gilt ebenso für die Erzählungen „Der Bischof vom Bodensee“ und „Der Bäckenreiter“, in deren Mittelpunkt geistliche und weltliche Fürsten des Mittelalters stehen, wie für die Geschichten „Das Schiff Josef und Theresia'“, die in Wiener Hofkreisen spielt, und „Spanische Romanze“, die eine tragisch-komische Episode aus der spanischen Geschichte des 18. Jahrhunderts — nämlich die Belagerung des von Affen bevölkerten Felsens von Gibraltar — in packenden Bildern schildert. Besondere Erwähnung gebührt dem „Zeitlosen Zwischenspiel“, das in Form eines Legendenkranzes Jahrtausende kultureller Entwicklung umschließt, indem es dem Streben des Menschengeistes von der Steinzeit bis ins Zeitalter des Flugzeuges folgt und den Sinn all dieser Bemühungen deutet. Unternimmt die Phantasie des Erzählers in dieser Sammlung von Geschichten auch abenteuerliche Ausflüge nach fremden Ländern, nach Afrika und selbst nach dem geheimnisreichen Indien, so kehrt sie doch immer wieder in die österreichischen Lande zurück, und so erweist sich Wallisch als ein echt österreichischer Dichter, weil er allen Köstlichkeiten der weiten Welt sein Herz aufgetan hat, aber gerade deshalb seiner Heimat um so inniger verbunden bleibt.

Nur ein Dichter, der aus einem von Heiterkeit durchsonnten Gemüt zu schöpfen vermag, kann uns ein Buch wie „Das bißchen Leben“ bescheren. In Form von Zwiegesprächen zwischen Eheleuten rückt der Autor den zahlreichen Problemen des Zusammenlebens im Alltag ebenso geistreich wie schalkhaft zu Leibe. Die Gedanken vervielfachen sich im Dialog, und dies um so mehr, weil die Gesprächspartner, Mann und Frau, vom Wunsch erfüllt sind, einander bei diesen Exkursionen ins Reich des Geistes und der Seele zu stützen und zu helfen. Der Leser belauscht sozusagen diese freundschaftlichen Diskussionen. Ihm wird dieses beschwingte Spiel mit Einfällen zu einem köstlichen Gewinn. Es handelt sich nämlich nicht bloß um eine „Philosophie für den Hausgebrauch“, sondern um weit mehr: in diesem Kaleidoskop der Gedanken und Einfälle wandelt sich das Antlitz der Welt wie ein wechselvolles Panorama, und dennoch ergeben die verschiedenartigen Ausblicke ins Geistige letzten Endes ein einziges, festumrissenes Bild des irdischen Lebens. Denn im Reigen der Betrachtungen wird der wahre Wert der Dinge sichtbar, das heißt, der Autor entkleidet sie des Talmiglanzes und reiht sie in die gottgewollte natürliche Rangordnung ein. Und so können sie, richtig eingeschätzt, zum Unterpfand zeitlichen Glückes werden.

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