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Zweimal Thornton Wilder

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Theater: „Unsere kleine Stadt“ und „Wir sind noch einmal davongekommen“. Von Thornton Wilder. Uebersetzt von Hans Sahl. S.-Fischer-Verlag, 178 Seiten.

Die deutsche Gesamtausgabe der Werke Thornton Wilders ist weit vorgeschritten. Zunächst legte der S.-Fischer-Verlag Jahr auf Jahr die Uebersetzung eines Romanes des bekannten amerikanischen Autors vor. 1954 überraschte er mit den eigenwilligen „Dreiminutenspielen“ die deutschsprachigen Freunde Wilders. Nun rundet er die Edition durch jene beiden Theaterstücke ab, die den Namen ihres,, Verfassers im Nachkriegseuropa in kurzer Zeit über enge literarische Zirkel hinaus allgemein bekannt gemacht haben. War „Unsere kleine Stadt“ schon ein Thema für jene diskussionsfreudige Zeit, so erregte „Wir sind noch einmal davongekommen“ die eben „Noch-einmal-Davongekommenen“ wie kein zweites Stück seither. Wer die großartige Aufführung des Theaters in der Josefstadt im Frühjahr 1947 gesehen hat, versteht es auch warum. Tatsächlich fehlt diesem Stück ungefähr alles, was. den klassischen Vorstellungen entspricht: Einheit der Zeit, des Ortes und der Handlung. Wir erleben im Schicksal der Familie Antropus des Menschen Los, das ihn immer wieder an die zentralen Themen Eros, Totschlag und Barmherzigkeit heranführt; in der Eiszeit, vor der Sintflut und nach einem großen Kriege. Mister Antropus erkennt, daß auf jeden Anfang auch ein Ende folgt, daß jeden Tag eine Nacht ablöst. Er hat aber auch die Gewißheit bekommen, daß es nach jeder Nacht, mag sie auch noch so lang und dunkel sein, es wieder zu tagen beginnt. So fängt er immer wieder vom Neuen an — wie am ersten Tag.

Thornton Wilder schreibt nicht „religiöses Theater“ im konventionellen Sinn. Er regt den Zuschauer und Leser zum Nachdenken an. Er setzt ihn in Marsch — auf den richtigen Weg.

Die Brücke von San Luis Rey. Von Thornton. Wilder. Mit Zeichnungen von Hans Fronius. Büchergilde Gutenberg, Wien, 207 Seiten.

„Nur Mut!“ So dachte man im Hause der Büchergilde Gutenberg und erwarb die Rechte für eine Lizenzausgabe des bekannten Werkes Thornton Wilders. Einmal wagemutig, wollte man noch ein übriges tun und gewann Hans Fronius als Illustrator. Ergebnis: „Die Brücke von San Luis Rey“ liegt nun für die Lesergemeinde der bekannten Büchergilde in einer was das Papier und den Druck betrifft zwar nicht so bibliophilen Ausgabe wie es jene des S.-Fischer-Verlages ist, vor, der Zeichenstift Fronius' gibt aber dem Buch eine besondere Note. Wer von den Mitgliedern der Büchergilde Gutenberg eine der stärksten Dichtungen unserer Gegenwart kennenlernen will, der greife mit Sicherheit zwischen John Knittel, Vicki Baum und Hans Helmuth Kirst Thornton Wilder heraus.

Große Sängerinnen der Klassik nnd Romantik.Ihre Kunst, ihre Größe, ihre Tragik. Von Hans Kühner. Victoria-Verlag Martha Koerner, Stuttgart. 326 Seiten. 10 Bildtafeln. Preis 13.80 DM.

Es ist nicht zuviel gesagt, wenn wir behaupten, daß das Buch von Hans Kühner eine Sendung erfüllt. Während heute die Gunst der Masse zwischen San Franzisko und Wien dem fragwürdigen und ephemeren Schönheitsideal gilt, das von Hollywood geschäftstüchtig lanciert wird, führt uns Kühner in eine Zeit, da die Großen der Oper durch ihr Können, ihre Kunst Unzählige zu einer schönen, bis ins tiefste Gefühl dringenden Begeisterung entflammt haben. Fünf Sängerinnen, die immerhin noch nicht völlig vergessen sind, Gertrud Elisabeth Mara, Henriette Sonntag, Maria Felicitä Malibran, Wilhelmine Schröder-Devrient und Jenny Lind, werden hier in-ihrer Entwicklung, ihrem Wirken, ihrem persönlichen Schicksal und ihrem Einfluß auf die Zeitgenossen dargestellt, auf eine sehr belebte, aber zugleich sehr sachliche Art. Die beigegebenen Bilder führen uns, wie der Text selbst, in eine Welt, die versunken ist, die jedoch verdient, im Gedächtnis der ganz und gar anderen Gegenwart wiedererweckt zu werden. Insbesondere dem ernsten Freunde der Musik wird das Buch sehr viel bieten. Pr£)f

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