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Zwischen Adaption und Revolution

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SPIRITUS CREATOR. Skizzen zur Theologie III. Von Hans Urs von Balthasar. Johannes-Verlag, Einsiedeln, 1967. 480 Seiten. sFr. 38.—.

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SPIRITUS CREATOR. Skizzen zur Theologie III. Von Hans Urs von Balthasar. Johannes-Verlag, Einsiedeln, 1967. 480 Seiten. sFr. 38.—.

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Kaum etwas dürfte wichtiger sein als in der Kirche nach dem Konzil vom Heiligen Geist zu sprechen. Sei es, um aus der Gewißheit Seines Wirkens Zuversicht zu schöpfen, sei es, um nicht ununterbrochen auf den Heiligen Geist zu sündigen, wo doch nur menschlicher Geist am Werk ist. Wenn auch im vorliegenden Band nicht eine grundsätzliche Theo- logia spiritus geboten wird, so sind doch in den locker gereihten Kapiteln die entscheidenden Überlegungen zu finden, die uns die Discretio spirituum, die Unterscheidung der Geister, lehren kann. Vom zentralen Kapitel über den Geist selbst spannen sich die Bögen dorthin, wo der Geist die Menschen im Glauben zu Gott führt, wo Er sie in den Krisen der Zeit die Unterscheidung der verschie.der.en Geister lehrt jupd wo Er schließlich auch ihre Endlichkeiten und Nächte .durchweht,

Im zentralen Kapitel über den Geist selbst versteht es Urs von Balthasar, die abstrakten Spekulationen über die Trinität, die zum schwierigsten Teil der Theologie gehören, nicht nur zu verlebendigen, sondern auch in unser heutiges konkretes geschichtliches Denken zu stellen. Westliche und östliche theologische Spekulationen über den Geist, die sich im „Filioque“ des Credos niedergeschlagen haben, verbindet er in dieser Aktualisierung so zu einer Einheit, wie er auch die Geschichtlichkeit — aus Vergangenheit in Zukunft, aus Tradition in Fortschritt — zu lebendiger Einheit im Geist gestaltet. „Ist nicht auch Zeugung Tradition (der eigensten Substanz in einem unbegreiflichen Wagnis), und ist nicht deshalb alle echt geübte

Tradition Zeugung, Tat im heiligen Schöpfergeist ? Was Er auslegt, das hat im Buchstaben gestanden, auch wenn es keiner sah. Aber wenn Er es ausgelegt hat, dann sieht man rückblickend, daß es dort wirklich gestanden hat.“ So wird trinitari- scher Zeugungsvorgang wie auch schöpferische Auslegung des Logos im pneumatischen Amt der Kirche aktualisiert auf die Geschichtlichkeit. So hält man sich an die Tradition, ohne sie zu einem „nachschlagbaren Fahrplan“ zu degradieren, und kann ebenso von ihr aus „schwindelfrei im Raum der Freiheit, in die Dimension schöpferischer Erfindung“ sich bewegen. Das gleiche gilt auch von der Problematik zwischen Institution und Charisma. Die vollendende Fülle des Geistes, die die objektivierte Liebe Gottes und ihr glühender subjektiver Kern ist, erscheint uns im Gegensatzpaar von der Institution einer Kirche und Schrift als Stiftung des Sohnes, als verlängerte Auswirkung Seiner Sichtbarkeit und vom Charismatischen einer bis zur Un faßlichkeit entgleitenden subjektiven Freiheit, Einigkeit, Liebe, die weht, wo sie will. So wird dann auch das Pneumatische an der Kirche verstanden, einerseits als die ganz zu ihrem Bräutigam hin gewendete Braut und anderseits als die zu allen Menschen hin geöffnete Mutter. Diesen Geist zu sehen, zu unterscheiden von ändern Geistern, ist immer neu- gestellte Aufgabe des Christen. Nur aus diesem Geist und seinen Wahrheiten, in die Er uns im Lauf der Geschichte einführen will, ist rechte Aktion möglich.

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