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Digital In Arbeit

Ärgerliches „Fachchinesisch" bei EDV-Handbüchern

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Verständigungsschwierigkeiten mit nicht optimal gestalteten Handbüchern und Gebrauchsanleitungen können sich verheerend auf das Image eines Erzeugnisses auswirken. Denn vom Anwender wird nicht der Bedienungsanleitung allein die Schuld gegeben, wenn etwas nicht so funktioniert, wie er glaubt, daß es funktionieren soll, sondern seine Ungeduld und seine Unzufriedenheit übertragen sich auf das Produkt, ja möglicherweise auf die gesamte Marke.

Und das Produkt muß sich doch auch nach dem Verkauf weiter verkaufen, das heißt, der Benutzer muß es zu seiner vollen Zufriedenheit einsetzen können, damit er positiv davon spricht, damit er es weiterempfiehlt.

Die Gründe zur Unzufriedenheit mit schlechten Handbüchern sind allseits bekannt: Schlechte Übersetzungen, zuviel Fachchinesisch, Unübersichtlichkeit, fehlende Erklärungen von Voraussetzungen oder Details, die einem Laien unklar sein müssen, sowie eine unübersichtliche (oder gar fehlende) Inhaltsangabe und ein ungenügendes Stichworteverzeichnis. Kluge Illustrationen und Graphiken tragen immer zum Verstehen sehr bei.

Die Ursache ist aber eigentlich, daß bei der Markteinführung des Produktes am falschen Platz gespart wurde. Die Gebrauchsanleitung wird im Marketing Mix heute noch sehr selten richtig bewertet: Preisgestaltung, aufwendiges Design, bunte Prospekte, Präsentationen, Anzeigenserien werden lange vorbereitet und diskutiert, der „Verkauf nach dem Verkauf wird - noch nicht - richtig bewertet.

Insbesondere in einer Branche, wo die Übereinstimmung zum „Industriestandard" das oberste Qualitätsmerkmal darstellt, ist die vernünftige Gebrauchsanweisung doch eines der wenigen Mittel, mit dem der Produkt-Manager sein Produkt am Markt differenzieren kann.

Hohe Erwartungshaltung

In einigen Bereichen des Marketing, wie Werbung und Public Rela-tions, hat es sich schon lange bewährt, Spezialisten - ob sie nun in einer eigenen Abteilung im Haus oder bei einer Agentur außer Haus gefunden werden - heranzuziehen. In den Vereinigten Staaten gibt es die Dienstleistung des „Technical Writers" ebenfalls schon lange. Im deutschsprachigen Raum kommt diese Entwicklung erst in Gang.

Und noch ein Punkt ist wesentlich: Die Anfangsinvestition in eine optimal gestaltete Gebrauchsanleitung rechnet sich. Der stolze Käufer (oder in manchen Fällen der widerwillige

Anwender, dann liegt der Fall noch kritischer) eines EDV-Produktes hat eine hohe Erwartungshaltung. Umso größer ist die Enttäuschung, wenn etwas nicht klappt, wie er es hofft, und wenn eine lieblose Gebrauchsanleitung auch nicht weiterhilft. Die Stimmung schlägt um, das Produkt wird enttäuscht zur Seite gelegt oder zumindest nicht optimal eingesetzt. Und die Support-Abteilung des Lieferanten oder des Herstellers wird in Anspruch genommen. Einen solchen zusätzlichen und damit nicht wirklich notwendigen Aufwand bei der Verkaufsunterstützung bei den immer geringer werdenden Preisen und kleiner werdenden Spannen der EDV-Branche zu finanzieren, wird immer schwieriger.

Wird innerhalbeines Unternehmens nicht streng nur pro Abteilung gedacht, dann rechnet sich also ein zusätzlicher Aufwand in die technische Dokumentation bei der Markteinführung des Produkts (oder selbst eine spätere Verbesserung) bald. Auch die Verkaufsabteilung wird die Kraft der positiven Mundpropaganda in den Verkaufsziffem spüren. Es ergibt sich also ein doppelter Nutzen.

Bei den EDV-Programmpaketen kommt dem wesentlichen Bereich der Hilfetexte, welche sofort am Bildschirm abgerufen werden können, immer größere Bedeutung zu. Allein die Problematik, diese Hilfe-Funktionen und das gedruckte Handbuch aufeinander inhaltlich und optisch abzu-

stimmen und immer am letzten, aktuellen Stand der Software zu halten, erfordert Spezialisten.

Heute reicht es bei weitem nicht aus, sich bei der Informationsvermittlung auf die Sprache beziehungsweise sich auf das geschriebene Wort zu beschränken; visuelle Mittel müssen ebenfalls eingesetzt werden. Aber auch hier gelten eigene Gesetze, bloße Bebilderung reicht nicht aus.

Als Ergänzung zu Lernprogrammen, welche im Dialog ablaufen und daher auf den Fortschritt des Anwenders Rücksicht nehmen, sind am Bildschirm ablaufende und fast wie Videospots gestaltete Erläuterungen bei „Anfragen" durch den Benutzer der letzte Schrei.

Ein optimal gestaltetes Handbuch ist eine erstklassige Visitenkarte des Geräts, des Programm-Anbieters, der Marke. Es beweist auch die Fähigkeit des Herstellers, die Benutzerprobleme wirklich von Grund auf zu verstehen. Wenn dann noch für die Gestaltung des Handbuches Fachleute mit der notwendigen Erfahrung herangezogen werden, kann das schwierige Ziel erreicht werden: Der Benutzer nimmt das Handbuch auch wirklich gerne zur Hand!

Der Autor ist Geschäftsführer der D&D Dokumentations- & Datenservice GmbH in Wien.

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