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Auch ohne UNO

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Mehr als alles andere überschattet die Frage nach der Zukunft Formosas die Aussichten einer wirklichen amerikanischrotchinesischen Annäherung beim bevorstehenden Chinabesuch Präsident Nixons. Mit seiner sechststärksten Armee der Welt und seiner bedeutenden Rolle im Welthandel bleibt Nationalchina auch nach seinem Ausschluß aus der UNO beinahe eine wirtschaftliche und militärische Großmacht.

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Mehr als alles andere überschattet die Frage nach der Zukunft Formosas die Aussichten einer wirklichen amerikanischrotchinesischen Annäherung beim bevorstehenden Chinabesuch Präsident Nixons. Mit seiner sechststärksten Armee der Welt und seiner bedeutenden Rolle im Welthandel bleibt Nationalchina auch nach seinem Ausschluß aus der UNO beinahe eine wirtschaftliche und militärische Großmacht.

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Nach diesem Ausschluß betonten nationalchinesische Zeitungen, daß wirtschaftlich hochentwickelte Länder wie die Bundesrepublik und die Schweiz durch ihr Nichtanwesendsein in der UNO keinen Schaden erlitten hätten.

Die Befürchtungen maßgeblicher Nationalchinesen betreffen vor allem die Wahrscheinlichkeit, daß bei den bevorstehenden Verhandlungen in Peking Rotchina von Präsident Nixon zumindest die schrittweise Liquidierung Formosas fordern werde, was in der Praxis auf eine zumindest getarnte Unwirksamwerdung des amerikanisch-nationalchinesischen

Verteidigungsbündnisses hinauslaufen würde.

Japanischer Einfluß

Trotzdem wird jetzt von manchen Asienkennern die Möglichkeit einer „hinter den Kulissen“ vor sich gehenden direkten Einigung zwischen Peking und Taiwan in Betracht gezogen. Man erwähnt in diesem Zusammenhang auch kürzlich Äußerungen des mit Mao Tse-tung befreundeten Journalisten Edgar Snow. Er sprach angeblich von der Möglichkeit vertraulicher Verhandlungen mit dem Ziel einer friedlichen Einverleibung eines regional selbständigen Taiwan in die chinesische Volksrepublik, mit Tschiang Kai-schek als Chef der Verwaltung der Insel. Manche Asien- kenner betrachten solche Äußerungen als stichhaltig. Sie erinnern sich an einen angeblich schon im Jahre 1950 gemachten Vorschlag Tschu En-lais in einem ähnlichen Sinne, und an spätere Vorschläge dieser Art, die Peking Taiwan diskret zukommen ließ, die aber von Tschiang Kai-schek immer abgelehnt wurden. Eine im Zuge der gegenwärtigen Ver bitterung in Taiwan über die neue Chinapolitik der USA nunmehr zustandegekommene Einigung dieser Art würde selbstverständlich große weltpolitische Veränderungen nach sich ziehen und eine radikale Veränderung der strategischen Lage der Vereinigten Staaten im Fernen Osten bewirken.

Nach den jüngsten Berichten von Gewährsmännern steht die Frage nach der Zukunft Taiwans aber mit der Haltung Japans in Zusammenhang. Sie verstärke die Neigung maßgeblicher Nationalchinesen, „einen radikalen Ausweg aus der jetzigen Situation, eventuell sogar durch direkte Verhandlungen mit Peking, zu suchen“. Schon vor der Ingangsetzung der neuen amerikanischen Chinapolitik hatten sich die Beziehungen Taiwans mit Japan, zum Teil auch wegen Erdölfragen, verschlechtert. Vor kurzem kam es zu einer weiteren Verschlechterung, als sich im Interesse ihrer Handelsbeziehungen zu Peking japanische Firmen von einer bereits in Taiwan vorbereiteten Handelskonferenz zurückzogen und japanische Schiffahrtsgesellschaften ihre Absicht bekanntgaben, ihre Fahrten nach und von Taiwan einzuschränken oder einzustellen. Übrigens hat Japan im Laufe der Jahre verschiedene Mittel aus- gebaut, um im Notfall Taiwan unter Druck zu setzen. Nach Ansicht guter Asienkenner wäre wohl Peking für eine „freiwillige“ Angliederung zu haben, aber keineswegs für die Schaffung eines von den Einflüssen der Weltmächte unabhängigen selbständigen Nationalchina, das nach der Meinung vieler nichtkommunistischer und kommunistischer Asiaten „früher oder später von Japan beherrscht werden würde“.

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