6808620-1972_21_14.jpg
Digital In Arbeit

Taiwan - Insel der Prosperität

Werbung
Werbung
Werbung

Die Republik China, wie der offizielle Name Nationalchinas lautet, beansprucht zwar die Herrschaft über das ganze chinesische Festland, ist aber faktisch zur Zeit auf das Gebiet der Insel Taiwan (Formosa), der Inselgruppe der Pescadoren, der vier kleinen unmittelbar vor dem Festland gelegenen Inselgruppen von Quemoy, Matsu, Wuchiu und Tung Yiu und der 450 km südwestlich von Taiwan im Südchinesischen Meer gelegenen Pratas-Inseln beschränkt. Insgesamt umfassen Taiwan und die übrigen Inseln ein Gebiet von etwas mehr als 36.000 Quadratkilometer. Die Republik China ist also flächenmäßig etwas größer als Holland, während sie als einer der bevölkerungsmäßig am schnellsten wachsenden Staaten der Welt mit fünfzehn Millionen Einwohnern im vergangenen Jahr die Tschechoslowakei überholte.

Die Hauptstadt Taipeh, im Norden Taiwans gelegen, hat 1,800.000 Einwohner; Taiwans zweitgrößte Stadt, der im Süden gelegene stark aufstrebende größte Hafen der Insel, Kaoshiung, hat 750.000; Tainan, die alte Hauptstadt der Insel an der Westküste, 450.000 Einwohner.

Eine der stärksten Armeen der freien Welt — mit fast 700.000 Mann zahlenmäßig stärker als die deutsche oder französische Armee — steht Gewehr bei Fuß, aber stets startbereit, um den Sprung über die Straße von Formosa zu wagen, falls Präsident-Marschall Tschiangkaischek die Rückkehr auf das heute kommunistische Festland befehlen sollte, während nationalchinesische Schnellbootverbände fast pausenlos die 2000 km lange Festlandsküste zwischen der Halbinsel Schantung im Norden und Hongkong im Süden angreifen.

Die Republik China, deren Verfassung von der Nationalversammlung am 25. Dezember 1946 auf dem damals noch von der „Kuomintang” — der Partei Tschiangkaischeks — beherrschten Festland in Nanking beschlossen wurde, beruht auf den Grundsätzen Sun Yat-sens, des Gründervaters der Republik. Seine berühmten „Drei Prinzipien des Volkes” sind: Nationalismus, Demokratie und Volkswohlfahrt.

Wenn die Republik China auch nicht als eine Repräsentativdemokratie im Sinne der Demokratien Westeuropas bezeichnet werden kann, so besitzt sie doch ein durchaus demokratisches Fundament mit Gemeindeversammlungen und Gemeindewahlen, in Verbindung mit einer auf Grund des fast dreißigjährigen Bürgerkriegszustandes (Nationalchinesen gegen Rotchinesen) verständlichen autoritären Führung. Die Regierung oder einzelne Minister sind keineswegs sankro-sankt und werden immer wieder öffentlich angegriffen. Zum Bürgermeister der Hauptstadt wurde bei allen letzten Wahlen in Taipeh nicht der Kandidat der regierenden Kuomintang, sondern der oppositionelle Henry Kao gewählt. Verschiedene Parteien treten bei Wahlen gegeneinander und gegen die Kuomintang auf. Angriffe auf Präsident Tschiangkaischek oder kommunistische Betätigung allerdings werden rigoros geahndet.

Nationalchina, dem zwischen 1949 und 1952 die erfolgreichste unblutige Lösung des Problems der Bodenreform in Ostasien gelang, wurde dadurch zum nach Japan prosperierendsten Staat des Fernen Ostens. Der Index seiner Stahlproduktion pro Kopf der Bevölkerung war 1969 fast doppelt so groß wie jener Rotchinas. Der Index seiner Industrieproduktion, bezogen auf die Bevölkerungszahl, überstieg im gleichen Jahr sogar den der Bundesrepublik Deutschland. Seither hält diese Entwicklung unvermindert an.

Anläßlich der letzten Generalversammlung der UNO wurde die Republik China auf Grund der Aufnahme Rotchinas aus der UNO ausgeschlossen. In einer der groteskesten und tragischsten Abstimmungen, die am East River je stattfanden, stimmten 35 Staaten für den weiteren Verbleib Taiwans in der UNO, 67 Staaten dagegen, bei 17 Stimmenthaltungen und bei Abwesenheit von 3 Mitgliedern. Beherrscht von dem Phantom eines dadurch vermeintlich erreichbaren einträglichen Handels mit Maos Riesenstaat, stimmte die Mehrheit der Länder in einem wahren Hochfest der Charakterlosigkeit für Rotchina und gegen das kleine und schwächere Taiwan. Und dies, obwohl Taiwan eines der treuesten Mitglieder der UNO und eines der wenigen stets zahlenden war, während Rotchina eine Armee von mehreren 100.000 Mann im Koreakrieg ausdrücklich gegen die UNO organisiert hatte. Taiwan überstand aber diesen Schock ohne merkbare wirtschaftliche Rückschläge mit bewunderungswürdiger Standfestigkeit und weitet seinen Außenhandel, der den des vielfach größeren kommunistischen Chinas weit übertrifft, immer mehr aus, ebenso, wie die Industrialisierung Formosas ständig größeren Umfang annimmt. Die erstaunliche Prosperität der Inselrepublik Tschiangkaischeks steigt weiter an.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung