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„Guten Tag“ - und dann?

„Was sagen Sie, nachdem Sie .Guten Tag“ gesagt haben?“ von Eric Berne gibt es nun auch als Taschenbuch. Berne ist ein Seelenarzt, hinter dessen theoretischem Vokabular sich ein gutes Quantum Weisheit und kluger Einsicht in die menschliche Natur verbirgt. Seine Theorie vom „Script“, vom „vorbewußten Lebensplan“ jedes Menschen, kann hier unerörtert bleiben, denn das Schöne an diesem Buch ist, daß es dem Leser helfen kann, sich selbst auf die Schliche zu kommen (wenn er nur selber will) und in der alten Nestroy’schen Konfliktsituation „Wer ist jetzt stärker, ich oder ich?“ vielleicht nicht zum eindeutigen Sieg, aber wenigstens doch zum einen oder anderen Erfolgserlebnis zu gelangen. (Kindler-Taschenbücher, München 1978, 380 Seiten, öS 123,25.)

Indien im Zweiten Weltkrieg

Indien habe ausgezeichnete Soldaten, aber seine Politiker seien Männer aus Stroh, urteilte Churchill nach seiner Wahlniederlage im Juli 1945 im Gespräch mit einem indischen Journalisten. Indische Truppen in den alliierten Armeen waren Engländern und Amerikanern in keiner Weise unterlegen, aber eine große Zahl ihrer Landsleute stand auf der Seite Japans. Indien unter britischer Fremdherrschaft, Indien im Widerstand gegen die Kolonialherrschaft, zugleich aber in einer strategischen Schlüsselposition und auch politisch von größter Wichtigkeit für England im Kampf gegen die Achsenmächte - ein Thema, das bislang kaum in einer Überschau der militärischen und politischen Aspekte dargestellt wurde. Ein Deutscher, Johannes H. Voigt, hat sich dieser äußerst aufwendigen Arbeit unterzogen, sein Werk „Indien im Zweiten Weltkrieg“ schließt eine Lücke (mit einem Teil des Manuskripts hat sich der Autor habilitiert). Erschütternd das Kapitel über die Hungersnot - einer der besten indischen Filme war diesem Thema gewidmet und wurde vor wenigen Jahren auf der Viennale gezeigt. Indiens

Weg in die politische Selbständigkeit wird durch die Lektüre dieses Werkes klarer, dem Mitteleuropäer verständlicher. (Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1978, Band 11 der Studien zur Zeitgeschichte, herausgegeben vom Institut für Zeitgeschichte, 414 Seiten, öS 296,40)

Fritz Sitte unterwegs

Der Österreicher Fritz Sitte schrieb ein neues Buch: „Abenteuer in unserer Zeit - Ein Journalist riskiert Kopf und Kragen“. Er ist einer jener Reporter, die bildlich gesprochen immer vor allem selber riesengroß im Bild stehen, von denen man stets unweigerlich mehr darüber erfährt, wie schwer es war, irgendwo hinzukommen oder von irgendwo wieder heil wegzukommen, als darüber, was sie gesehen, gehört, erfahren haben. Aktion ist alles, Unterwegssein seine Lebensform, er erzählt und erzählt und erzählt, und man ist hinterher so klug wie zuvor. Das soll aber nicht seine Bücher abwerten - als abenteuerliche Bettlektüre eignen sie sich ganz gut. Im neuen Buch kommt er ohne Visum nach China, springt irgendwo mit dem Fallschirm ab, entrinnt mehr als einmal dem Tode, marschiert 800 Kilometer durch den ango- lesischen Urwald, aber wie, zum Kuk- kuck, geht es dort nun wirklich zu? Aus jeder großen internationalen Tageszeitung erfährt man darüber mehr als von Fritz Sitte. (Econ Verlag, Düsseldorf 1978, 296 Seiten, 25 Abbildungen, öS 218,40)

Enzensberger über „Politik und Verbrechen“

In neun Essays, vom „Bildnis eines Landesvaters“ (namens Trujillo) über „Chicago-Ballade - Modell einer terroristischen Gesellschaft“ bis zu einem Bericht über den einzigen hingerichte- ten US-Deserteur des Zweiten Weltkrieges, Slovik („Sie erschießen mich, weil ich mit zwölf Jahren Kaugummi und Brot gestohlen habe. Deswegen erschießen sie mich.“), untersucht Hans Magnus Enzensberger („Politik und Verbrechen“) die Parallelität zwischen landläufiger und legalisierter

Kriminalität. Kein Buch, dessen Aussagen man ungeprüft übernehmen kann - aber eines, das zum Denken herausfordert. (Suhrkamp Taschenbuch, Frankfurt 1978, 402 Seiten, öS 62,40)

Wie Mao Mao wurde

Das Werk „Mao Tse-tungs langer Marsch - Der Ursprung der Volksrepublik China“ von Dick Wilson gibt es nun auch als Heyne-Taschenbuch. Die seriöse, detailreiche Darstellung liefert die notwendigen Fakten, um die Vorgänge im heutigen China zu verstehen, denn zweifellos war Mao nicht nur der Führer jenes legendären 10.000-Kilometer-Marsches, sondern wurde seinerseits von diesem Erlebnis geprägt. Glanz und Elend des Maoismus wurzeln in diesem Erfolgserlebnis der chinesischen Revolutionäre und im unbeugsamen Willen derer, die einmal im Leben einen Triumph ebendieses unbeugsamen Willens errungen hatten, den dabei gewonnenen Erfahrungen notfalls jede widerstreitende Wirklichkeit zu unterwerfen. (Wilhelm-Heyne-Verlag, München 1978, Heyne Geschichte Band 15,348 Seiten, 8 Bildtafeln, öS 68,70.)

Operation Heiliges Grab

Die archäologischen Berichte von Rudolf P ö r t n e r sind längst zum Markenartikel geworden, seine „Operation Heiliges Grab - Legende und Wirklichkeit der Kreuzzüge 1095-1187“ wird den Erwartungen eines breiten Lesepublikums zweifellos gerecht. Pörtner versteht sich darauf, ein komplexes geistesgeschichtliches Material so aufzubereiten, daß sich der Leser zur Stellungnahme aufgefordert und damit in das Geschehen einbezogen fühlt. Schnodderige Randbemerkungen verstärken den human touch. Pörtner wettert auch gehörig gegen so manchen längst zu Staub zerfallenen Schurken, verteilt historische Zensuren - wer .Geschichte recht mundgerecht aufbereitet liebt, wird von ihm bestens bedient. (Econ Verlag, Düsseldorf 1977, 592 Seiten, Abbildungen, Karten, öS 280,80)

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