6869802-1978_19_03.jpg
Digital In Arbeit

Die Katholische Medienakademie -ein Modell zur Förderung des Nachwuchses

Werbung
Werbung
Werbung

Der Weg zur Errichtung der Katholischen Medienakademie war lange. 1971 schrieb der Münchner Publizistikwissenschafter Hans Wagner in seinem Kommentar zum päpstlichen Pastoralschreiben „communio et pro-gressio“, das seither zum Leitdokument der katholischen Pressearbeit überhaupt werden sollte: „Noch wichtiger ist die Sorge um den journalistischen Nachwuchs, also das Bemühen darum, daß sich Katholiken bereitfinden, die sich der Verantwortung des Berufes stellen. Mit Formulierungen, die früher nur im Zusammenhang mit der Förderung geistlicher Berufe zu finden waren, weist das Pastoralschreiben darauf hin... Und in Ansätzen wenigstens wird zugleich ein .Berufsbild' des katholischen Journalisten entworfen: Katholiken die in den Kommunikationsmitteln ihre Arbeit

sachgerecht tun (erfüllen}, eben dadurch nicht nur eine Aufgabe für die soziale Kommunikation, sondern zugleich einen Auftrag, den sie als Christen in der Welt haben. Neben diesem grundlegend wichtigen Zeugnis, das sie durch ihre Arbeit in religiös neutralen Redaktionen und Institutionen als Christen ablegen, werden sie in die Diskussion aller aktuellen Probleme einen Beitrag aus der Sicht des katholischen Christen einbringen.“

Das war 1971. Aber schon fast 20 Jahre vorher, während des ersten österreichischen Katholikentags nach dem Krieg, 1952, war die Notwendigkeit der Nachwuchsförderung betont worden. Erste Versuche in den fünfziger Jahren, jungen Journalisten in Wochenendseminaren zusätzliche theoretische Kenntnisse vor allem aus dem Kirchenbereich zu vermitteln, versandeten bald. Auch in Deutschland, wo das Problem schon früher konkret aufgegriffen wurde, kam es erst Ende der sechziger Jahre zur Gründung des „Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses“ in München.

Die Rettung der FURCHE 1976 bot auch für die Nachwuchsfrage neue Voraussetzungen. Welche Redaktion im katholischen Raum sollte Ausbildungsfunktionen übernehmen, wenn nicht sie? Aber nur dann, wenn alle Medieninstitutionen im kirchennahen Bereich zusammenarbeiten, könnten die in den bereits zahlreichen Erklärungen aufgezeigten Ziele erreicht werden.

In Österreich gibt es keine bindenden Vorschriften für die Ausbildung junger Journalisten. Sie können von der Universität kommen, mit einem Studium der Publizistikwissenschaften oder irgend einem andern, oder sie können auch ohne Studium in einer Redaktion ihr Heil versuchen. Voraussetzung ist, daß sie sich durchsetzen. Und daß sie aufnehmen, was erfahrene Kollegen ihnen handwerklich beizubringen suchen.

Nur wenige Medien in Österreich betreiben eine systematische Nachwuchspolitik. Die andern begnügen sich damit, die bei der Konkurrenz ausgebildeten Nachwuchskräfte abzuwerben, sobald sie etwas können.

Die für die Journalistik notwendigen Kenntnisse liegen in dnei Bereichen:

• eine (erweiterte) gute Allgemeinbildung, am besten durch ein beliebiges Studium zu erwerben;

• gewisse kommunikationstheoretische sowie praktisch-redaktionelle Kenntnisse, zu erwerben durch die praktische Ausbildung in der Redaktion und berufsspezifische Fortbildungskurse (oder ein Publizistikstudium),

• für den katholischen Journalisten speziell theologisch-kirchliche Kenntnisse.

Im katholischen Medienbereich gibt es wenige Institutionen, die groß und potent genug sind, allein alle auf sie zukommenden Ausbildungsaufgaben durchzuführen. Gemeinsam aber, integriert in die Konzepte der Katholischen Medienakademie, müßte mehr erreichbar sein, als bisher erreicht werden konnte.

Die Katholische Medienakademie, deren offizielle Gründung am 9. Mai erfolgt ist, wurde von der Gemeinschaft katholischer Zeitungs- und Zeitschriftenverleger ins Leben gerufen, um für eine fachgemäße und weltanschaulich fundierte Aus- und Weiterbildung katholischer Journalisten und anderer Mitarbeiter im Medienbereich zu sorgen.

Die Tätigkeiten der Katholischen Medienakademie werden sich in verschiedene Richtungen erstrecken:

• kollektive Und individuelle Beratung von Maturanten und Studenten, die die Absicht haben, einen journalistischen Beruf zu ergreifen;

• Vermittlung von Ferialpraktika, in denen vor allem die Voraussetzungen der Interessenten für den Journalistenberuf getestet werden sollen;

• Veranstaltung von Seminaren zur fachlichen und weltanschaulichen Aus- und Weiterbildung;

• organisiert-betreute Ausbildung von Aspiranten in den beteiligten Redaktionen in einem durch mehrere Medien führenden Turnus;

• Beteiligung an Fortbildungsveranstaltungen anderer Institutionen im Medienbereich.

Die ersten Schwerpunkte werden die Turnusausbildung der Aspiranten und die Seminare zur weltanschaulichen Fortbildung bilden. Zur Teilnahme an der Aspirantenausbildung im Turnus können journalistische Nachwuchskräfte von den sich beteiligenden Redaktionen gemeldet werden. Voraussetzung hierfür ist, daß sie wenigstens drei Monate als freie Mitarbeiter oder in einem wenigstens vier Wochen dauernden Ferialpraktikum in der vorschlagenden Redaktion auf ihre geistigen, weltanschaulichen und beruflichen Voraussetzungen getestet worden sind und daß sie die bestimmte Absicht äußern, in den Journalistenberuf einzutreten. Die Bewerber soll-

ten sich bewußt sein, daß eine bloß nominelle Zugehörigkeit zur katholischen Kirche kaum genügen kann, um später als katholischer Journalist in einem kirchlichen oder kirchennahen Medium die gesetzten Aufgaben erfüllen zu können.

Die Kandidaten werden in der vorschlagenden oder einer andern betei-

ligten Redaktion mit Ausbildungsvertrag als Aspiranten im ersten Dienstjahr angestellt Sie beteiligen sich an allen anfallenden Redaktionsaufgaben - in Zeitungen mit Ressorteinteilung möglichst in allen Ressorts - und wer-

den hierbei von einem von der Redaktion zu benennenden Tutor betreut. Dieser ist Mitglied des Fachbeirates der Katholischen Medienakademie und dafür verantwortlich, daß die Ausbildung im Rahmen der der Redaktion gesteckten Möglichkeiten optimal erfolgt.

Die Kandidaten sollen nach etwa einem Ausbildungsjahr in der vorschlagenden Redaktion zwei kürzere Praktika von mindestens je vier Wochen in zwei weiteren Redaktionen erleben. Hierbei ist ein Wechsel zwischen Tageszeitung, Wochenzeitung und Agentur oder Zentralstelle für Öffentlichkeitsarbeit angestrebt. Eine Einführung in die Arbeit in den elektronischen Medien ist beabsichtigt.

Während der zwei Jahre umfassenden Ausbildungszeit hat der Kandidat an zwei Seminaren über kirchliche und theologische Grundinformation sowie an einem journalistischen Fachseminar teilzunehmen, wofür er von der Redaktion freigestellt werden muß.

Die Katholische Medienakademie kann den ausbildenden Redaktionen im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten Zuschüsse zu den Aspirantengehältern gewähren. Dem Aspiranten erwächst aus der Absolvierung des zweijährigen Ausbildungsturnus kein Rechtsanspruch auf eine spätere Anstellung in einem der ausbildenden Medien, doch werden die an den Aktivitäten der Medienakademie beteiligten Redaktionen ihren Nachwuchsbedarf nach Möglichkeit aus den Teilnehmern decken.

Die von der Katholischen Medienakademie gemeinsam mit Lehrkräften der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien veranstalteten Seminare zur weltanschaulichen Fortbildung, sind für die Teilnehmer am AusbildungsturnUs verpflichtend, stehen aber auch allen andern Interessenten aus anderen Medien offen. Hier sollen vor allem die Grundinformation über Struktur und Organisation der Kirche in Österreich und in der Welt, über die Entwicklung seit dem Zweiten Vaticanum, dann die wichtigsten Aussagen zur Medienarbeit geboten und die Christliche Soziallehre mit den politischen Ideologien unserer Zeit konfrontiert werden. Das erste dieser Seminare ist für Ende Oktober geplant.

Die Katholische Medienakademie versteht sich nicht als Schule, sondern als Organisatioriszentrale. Ihr Sitz ist in der Redaktion der FURCHE.

„Will also die Kirche ihrer Verantwortung für den Journalistenberuf nachkommen, so wird sie zunächst in ihrem eigenen Bereich auch Exempel statuieren, Modelle dafür schaffen und zeigen müssen, wie sie sich den Journalisten, seine Ausbildung und Fort-büdung und seine Funktion in der Gesellschaft vorstellt“, schrieb Hans Wagner in seinem Kommentar zu „communio et progressio“. Das Modell steht. Ob und wie es funktioniert, wird nicht zuletzt davon abhängen, wie intensiv alle Interessierten auch daran mitarbeiten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung