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Katholische Soziallehre und modernes Apostolat
Aufbauend auf den Reden des gegenwärtigen Heiligen Vaters zur Sozialen . Frage (wiedergegeben im Sammelwerk Utz-Groner, Soziale Summe, Paulus-Verlag), beschäftigt sich der Innsbrucker lesuiten-soziologe mit einer insbesondere auf die seelsorglichen Belange abgestellten Darstellung der Probleme, die Gegenstand der christlichen Soziallehre sind. Die Kirche ist nicht allein Lehrmeisterin, Künderin des Wortes, sondern verhalten, das Wort in die Realität des menschlichen Verhaltens und, in weiterer Folge, in die Wirklichkeit der Gesellschaft zu übersetzen. Die Dimension der kirchlichen Wirksamkeit reicht daher weit in die Welt hinein und zeigt, welchen bedeutsamen gesellschaftspolitischen Wert die Arbeit der Kirche — richtig verstanden — hat. Die Kirche, die nur das Wort verkündet, ist ein Torso (S. 13) und der Mangel an gesellschaftspolitischem Ordnungswillen, den die Christen oft in einer unverständlichen Verkennung des Wesens der christlichen Lehre zeigen, durch nichts gerechtfertigt. Die Kirche hat also die Verpflichtung zur Präsenz in der Welt. Es wäre daher die Pastoraltheologie unzureichend, würde sie nicht das ganze Phänomen des Sozialen und der notwendigen Neuordnung der Gesellschaft in ihr Systemgebäude einbeziehen.
Unmittelbar in die praktischen Fragen übergehend, entwirft der Verfasser einen umfangreichen Problemkatalog: Unternehmer, Betrieb, Dorf, die durchweg ihre Position in einer wenn auch offenen, so doch arteigenen Welt haben, die zu kennen dem Seelsorger aufgegeben ist, wenn er bestehen will.
Sodann widmet Schasching seine Darstellungen besonders gewichtigen Einzelproblemen, wie jenen der Familie, dem Eigentum, und scheut auch nicht so heiße Eisen wie jenes der Klassengesellschaft, deren Bestehen er nicht leugnet, anzufassen.
In weiterer Interpretation der Reden des Heiligen Vaters fixiert der Autor die Untrennbarkeit von Seelensanierung und Zuständereform (S. 91), die kein Nacheinander von Aktionen sein dürfen, sondern geradezu synchronisiert werden müssen. Dabei betont Scrfasching mit Nachdruck die Elastizität der Kirche gegenüber zeitgebundenen Ordnungssystemen und weist darauf hin, daß die Kirche keinem System verpflichtet ist, keiner Staats- und keiner Lebensform, die je für sich gut sein können, wenn sie die Chance zur Wohlfahrtssteigerung bieten.
Die Ausführungen des Verfassers gehen über das im Titel angegebene Thema insoweit hinaus, als- er auch eine kurze Soziologie der Pfarre (die es als feste soziale Institution gar nicht gibt) bietet.
Das gehaltvolle und bewußt leicht verständlich geschriebene Werk sollte vor allem in die Hände jener Seelsorger kommen, die bemüht sind, nicht von der Fiktion eines von Milieueinflüssen unberührten Pfarrvolkes (das dann als ein ungegliedertes Ganzes verstanden werden müßte) auszugehen, sondern auch auf die sozial-ökonomischen Bedingungen, unter denen ihre Pfarrkinder in einer gegebenen-Situation leben, einzugehen und dementsprechend bei ihrer Betreuung zu verfahren. Freilich kann das Buch auch dem sozial interessierten Laien ungemein viel an Anregungen geben.
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