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Mehr als Feuerlöscher
In Vorarlberg geht man seit fast drei Jahrzehnten einen konsequenten Weg in der Sozialarbeit. Mehr und mehr tritt die ambulante Betreuung gegenüber einer stationären in den Vordergrund. Das ermöglicht ein effizienteres Arbeiten. Die bestehenden Bessourcen kommen mehr Menschen zugute. Gleichzeitig bekommt in einer ambulanten Betreuung die Selbständigkeit und Eigenverantwortung des einzelnen einen größeren Stellenwert. Ein anderes Charakteristikum in der Vorarlberger Soziallandschaft sind die privaten Träger. Sie arbeiten mehr nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und orientieren sich am Klienten. Die Finanzierung erfolgt leistungsbezo-gen, das vielkritisierte Gießkannenprinzip wird so ausgeschaltet, die vorhandenen Mittel werden zielführend eingesetzt.
Das Feld der sozialen Arbeit beim Vorarlberger „Institut für Sozialdienste” erstreckt sich im wesentlichen auf vier große Bereiche. Der erste: Sicherung der Lebensumstände bei Arbeitslosigkeit, Schulden, Wohnungsnot und ähnlichen Krisen. Zweitens: die Arbeit im zwischenmenschlichen Bereich - Beziehungen, familiäre Probleme, Erziehungsfragen. Ein dritter Aspekt ist die therapeutische Arbeit bei psychischen und psychosomatischen Störungen. Schließlich als vierter Bereich die Hilfe für Menschen in besonderen Lebenslagen, also behinderte Menschen, von Gewalt bedrohte Frauen und Kinder, Alleinerzieher und andere. Keiner die-
ser Bereiche kommt isoliert vor. Diese „Vernetzung” der Probleme erfordert auch eine Vernetzung des Hilfsangebotes. Die oft gehörte Kritik, daß das soziale Netz zu groß, zu bunt, zu unklar geworden ist, geht ins Leere, wenn die Koordination und die Transparenz zwischen den einzelnen Institutionen gegeben ist.
Im Berufsbild der im sozialen Bereich Tätigen hat sich viel verändert. Angefangen aus der menschlichen Begung, anderen zu helfen, ist später eine Professionalisierung eingetreten, die eine Distanz zwischen Klient und hauptberuflicher Fachkraft brachte. Nun geht die Entwicklung wieder verstärkt dahin, den Klienten und seine Bedürfnisse, Wünsche und Ziele in den Mittelpunkt zu stellen. Das spiegelt sich auch in unserem Selbstverständnis wider: Das „Institut für Sozialdienste” versteht sich als Dienstleistungsunternehmen.
Hier steht die Sozialarbeit vor der schwierigen Aufgabe, einen lupenreinen Spagat vollführen zu müssen: Sie muß in Not geratenen, ausgegrenzten Menschen helfen, darf dabei aber nicht stehenbleiben. Sonst wird die Hilfe für die Ausgegrenzten auch zur Hilfe für ein System, das diese Menschen ausgrenzt. Mit anderen Worten: Sozialarbeit muß mehr sein als ein Systemerhalter, mehr als nur der Feuerlöscher der Gesellschaft. Es gilt darüber hinaus gesellschaftliche Fehlentwicklungen aufzuzeigen, sich in den gesellschaftspolitischen Diskurs einzuschalten.
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