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Entscheidungskampf im Südatlantik

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Whitehall spricht nicht von Krieg, nur von einem Akt der Selbstverteidigung gegen eine unprovozierte Aggression, berechtigt durch Völkerrecht und UNO-Charta. Doch wie immer die Feindseligkeiten auch genannt werden, im Südatlantik wütet ein Krieg, der verspricht, in eine totale Auseinandersetzung zu münden.

Bis jetzt sind die Ereignisse so gelaufen, wie es sich die britischen Militärstrategen vorgestellt haben: Bombardierung der Landestreifen in Port Stanley und in Goose Green; Abschuß von mindestens drei Kampfflugzeugen; schwere Beschädigung des einzigen argentinischen Kreuzers durch Torpedos, die von einem der britischen Unterseeboote abgeschossen worden sind; Versenkung beziehungsweise Beschädi-. gung feindlicher Patrouillenboote.

Und das alles, ohne daß von der britischen Einsatzflotte schwerwiegender materieller Schaden oder gar Verluste von Menschenleben gemeldet werden mußten.

Erfolgsmeldungen in Buenos Aires entsprechen nicht den Tatsachen, sind Teil eines Propagandafeldzuges, um den Kampfeswillen lebendig zu halten und die hochsteigende patriotische Welle auszunützen. Darin liegt der bisherige Erfolg der Generäle, die ihre gesamte Strategie auf Emotionen setzen und aus den Nationalgefühlen Nutzen ziehen.

Doch die Einnahme der Insel Südgeorgien durch britische Marineeinheiten, die ersten Erfolge des Gegners in der Auseinandersetzung zur See beweisen den Generälen, daß ihre Position, ja der Weiterbestand des gesamten Systems durch den Kampf aufs Spiel gesetzt ist. Staatschef General Galtieri braucht einen militärischen Sieg, um die großen geistigen und materiellen Investitionen zu rechtfertigen.

Doch vorerst muß er sich mit Propagandamärchen begnügen, um die breite Unterstützung zu sichern. Die Chancen auf Erfolg sind freilich umso geringer, als der Diktator die militärische Überlegenheit des Gegners anerkennen muß.

Die britische Blockade im See-und Luftraum ist Teil der Strategie, die Truppen auf den Falk-land-Inseln zu isolieren, den Nachschub zu unterbinden und dermaßen die Kontingente auf der Insel unter der blau-weißen Flagge auszuhungern.

Die Säuberung des Luftraumes von feindlichen Flugzeugen und die lückenlose Seeblockade ist Grundvoraussetzung für eine Rückgewinnung des verlorenen Gebietes unter maximalem Ausschluß der Gefahren für die landenden Truppen. Kein Zweifel kann bestehen, daß die ersten ernsten Auseinandersetzungen nur das Vorspiel zu einer Invasion sein können.

Alle militärischen Maßnahmen sind freilich in den Dienst des übergeordneten Zieles gestellt.und dieses heißt diplomatische Lösung des Konfliktes. Außenminister Francis Pym hat zuletzt in Washington betont, daß die drei Stoßrichtungen auf militärischem, politischem und wirtschaftlichem Gebiet gemeinsam forciert werden, um die argentinischen Generäle an den Verhandlungstisch zurückzubringen.

Vorläufig trifft dieser umfassende Druck auf Stein. Ein Bekenntnis zur UN-Resolution durch Außenminister Costa Men-dez ist bisher das einzige Lebenszeichen der Junta, sinnlos angesichts der Weigerung, deren Inhalt zu befolgen, der den Abzug der argentinischen Truppen aus dem okkupierten Gebiet fordert und die Lösung des Konfliktes am Verhandlungstisch verlangt.

Premierministerin Margaret Thatchers Entschlossenheit und Prinzipientreue bleiben unerschüttert, Souveränität und Selbstbestimmung der Falkländer bleiben Themen, die unbestrittenes und kompromißloses Fundament aller Verhandlungen sind. Argentiniens Anspruch auf Souveränitätsrechte wiederum bleibt für Buenos Aires ein unbestreitbarer Punkt, und wenigstens darin hat Staatschef Galtieri die Unterstützung der lateinamerikanischen Länder.

Zudem fehlt ein Vermittler, nachdem die USA eindeutig für den Alliierten London Partei ergriffen und die Unparteilichkeit aufgegeben haben, die einem Friedensmakler anstehen. Pyms Reise in die USA ist nichts anderes als die Suche nach einem neuen Mittelsmann, der die Verhandlungen aus der Sackgasse herausbringen könnte, bevor der große Blutzoll auf beiden Seiten gezahlt werden muß.

Ist der Falkland-Konflikt auch ein Rettungsanker für die argentinische Diktatur, so bedeutet er auch eine Festigung der Position von Frau Thatcher. Die Bevölkerung hat die Standfestigkeit und den Mut ihrer politischen Führung bisher eindeutig honoriert. Würden heute Wahlen stattfinden, dann wäre Thatchers zweite Regierungsperiode gesichert, deutlich vor Labour und der Mitteallianz.

Aber diese Wendung zum Vorteil der Konservativen kann nur zu leicht in das Gegenteil umschlagen, wenn erst einmal Verluste von Menschenleben zu beklagen sind. Eine Rückeroberung der Inselgruppe würde auch auf britischer Seite Menschenleben kosten, vor allem wenn Galtieris Versprechen wahrgemacht würde, die Argentinier würden eher sterben, als sich ergeben.

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