Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Falklandkonflikt: Thatchers Risiko
Nach 23 Tagen weht die britische Flagge wieder über Südgeorgien, dem 1300 Kilometer von den Falklandinseln entfernten Eiland. Zum erstenmal seit Ausbruch der Krise demonstriert Großbritannien die absolute Bereitschaft, Worten auch Taten folgen zu lassen.
Die unblutige Rückeroberung des unfruchtbaren, ungastlichen und schlecht verteidigten Stück Landes stellt nicht etwa einen überragenden militärischen Sieg dar; wohl aber ein Symbol, Ausdruck der Erkenntnis, daß Drohung im Angesicht eines unberechenbaren Aggressors nicht ausreicht, die Lösung auf dem Verhandlungstisch zu erreichen.
Der nächste Schritt ist ungleich schwieriger: Durchsetzung der am Ostermontag verhängten Seeblockade, die einige Tage später auf den Luftraum ausgedehnt wurde. Das bedeutet im Extremfall den Zusammenstoß von 40 britischen Jägern auf den beiden Flugzeugträgern mit der zahlenmäßig zweifach überlegenen gesamten argentinischen Luftwaffe.
London weiß sich im Recht, wie es durch das Völkerrecht und die UNO-Charta verbrieft ist Die UN-Resolution ruft zur Beendigung der Feindseligkeiten, zum totalen Rückzug der argentinischen Truppen aus den okkupierten Gebieten und zu Friedensverhandlungen auf. Bis dato ist Gewalt nur durch die militärische Eingliederung der Malvinas gesetzt, die zur Gegenaktion als .Akt der Selbstverteidigung" berechtigt.
US-Außenminister Alexander Haigs Schaukeldiplomatie im Dreieck Washington—Buenos Aires—London hat bisher wenig ergeben - es sei denn die Einsicht, daß Argentinien nicht durch Überredung oder durch rechtliche Argumentation zur Räson gebracht werden kann, vielmehr allein durch Druck, nötigenfalls militärischen.
Darin besteht das Risiko Margaret Thatchers, die Gefahr einer Ausweitung zu einer totalen Konfrontation, von feindlicher internationaler Reaktion und sogar einer Auflösung der labilen Einheit im Parlament, sobald der Konflikt tatsächlich Menschenleben fordert.
US-Präsident Ronald Reagan fällt es sichtlich schwer, die bisher an den Tag gelegte „Unparteilichkeit", unbedingte Voraussetzung für die Vermittlerrolle, aufrechtzuerhalten. London drängt auf eine Parteinahme, die logischerweise besteht.
Zudem wächst der Druck in den Vereinigten Staaten auf das Weiße Haus, Farbe zu bekennen, den besten europäischen Alliierten nicht im Stich zu lassen und Wirtschaftssanktionen gegen die Generäle zu verhängen.
Allein für Reagan stehen globale Interessen auf dem Spiel: wachsender Einfluß der östlichen Großmacht auf einem Kontinent, in dem immer noch starke Ressentiments gegen den Norden lebendig sind. Und bei Licht betrachtet: ImVergleich zur Ost-West-Konfrontation ist der Konflikt um eine Inselgruppe, der nationale Emotionen hochpeitscht, nur ein Problem zweiter Ordnung.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!