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Digital In Arbeit

Fischzüge C

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Kann es sein, daß die Leute knapp werden? Also, wer an den langen Wochenenden die sehenswürdigen Plätze der Innenstädte und die Verkaufsautobahnen an den Stadträndern durchstreift, der ist überzeugt, daß nicht- Und wer der Statistik glaubt, schon gar nicht: Egal, wie schrecklich grimmige Kritiker diese Welt finden, die Menschen werden immer mehr.

Offensichtlich nicht die „Guten“. Die „Exzellenten“ sowieso nicht, aber auch die schlicht „Geeigneten“ sind, jammern die modernen Kopfjäger im begräbnisschwarzen Nadelstreif, Mangelware.

Während sich, wie uns die Medien künden, allerorten Trauben von Arbeitssuchenden bilden, erklären uns Personalberater, die um ihre Erfolgsprämien besorgt sind, daß der Markt der Fachkundigen und der Führungswilligen leergefegt sei.

Warum soll es denn der Wirtschaft anders gehen als der Kunst und dem Sport: Pavarottis sind genauso selten wie Prohaskas. Einen internationalen Preisträger hätte renommierhalber zwar jede Universität gerne im Kollegium, - und sei sie auch noch so von unbändigem Reformeifer erfüllt - aber die, die man will, kriegt man meistens nicht. Denn, wer etwas auf sich hält, trägt nicht nur große Orden im kleinen Knopfloch - er ist auch nicht verfügbar. Und erst in der Politik I Wie sind hier die hervorragenden Damen und Herren in den konservativen Parteien und die außerordentlichen Männer und Frauen in den progressiven knapp. Erstens überhaupt, und zweitens in Zeiten wie diesen, wo die, freilich nicht ganz freiwillige Ämterrotation zur politischen Alltäglichkeit geworden ist.

Natürlich, an den Kandidaten für wohldotierte und pensionsichere Posten fehlt es nicht, aber wer will denn schon gerne öffentlich Karussellfahren - und abspringen müssen, bevor noch der volle Versorgungsanspruch erreicht ist.

Und außerdem gibt es nicht wenige, denen es nicht reicht, von trinkgeldheischenden Dienstleistem mit „Herr Bundeskanzler“ oder „Frau Minister“ angeredet zu werden, wenn man bereits a.D. oder i.P. ist.

Kurzum, es ist schon so: Die guten Bewerberinnen, das ist das eherne Gesetz der Quotenbildung - werden knapp. Die Folge dieser betrüblichen Entwicklungen: In den Parteizentralen grassiert Ratlosigkeit. Dabei brauchte man sich doch nur in der Wirtschaft und Wissenschaft, in der Kunst und im Sport umzusehen Dort wird's doch vorgemacht. Hat man nicht genug eigene gute Leute, dann muß man sie eben bei der Konkurrenz abwerben. Meist reicht schon das Angebot eines höheren Monatssalärs, gelegentlich hilft die Bereitstellung allerlei, nicht selten exotischer Freizeitmöglichkeiten, häufig ist es auch hilfreich, Hilfe für Familienangehörige in Aussicht zu stellen, also all das zu tun, was ein Politiker ohnedies von der eigenen Partei erwartet.

Aber was, wenn die andere noch etwas drauf legt? Dann stellen die „Exzellenten“ eben ihr öffentliches Talent dieser zur Verfügung.

Was soll's, schließlich dient man doch sowieso der gemeinsamen Sache, zum Beispiel der „österreichischen“ oder - neuerdings - der „ökosozialen“, nicht wahr?

Außerdem brächte ein solches Jobhop ping endlich etwas Leben in die erstarrte Landschaft der alten und neuen politischen Lager. Ein Parteiwechsel löste spielend das bislang nur unter größten öffentlichen und geheimen Anstrengungen lösbare Problem des Auswechseins von Parteivorsitzenden. Man hätte es wesentlich einfacher bei der vernünftigen Vergabe von Ministerposten nach überraschend gewonnenen Wahlen, und wer würde bezweifeln, daß mit Hilfe eines geglückten Fischzuges in fremden Personalgewässern selbst die betrüblicherweise verloren gegangenen Mehrheiten flugs wieder beschafft werden könnten

Machen wir es der Wirtschaft nach, geben wir uns den Rest

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