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Fortschritt: Ein zwiespältiges Bild

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Fortschritt - ein häufig gebrauchter Begriff. Was beschreibt er aber? Im folgenden sei die Statistik befragt, was sich seit Beginn der siebziger Jahre in Österreich verändert hat.

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Fortschritt - ein häufig gebrauchter Begriff. Was beschreibt er aber? Im folgenden sei die Statistik befragt, was sich seit Beginn der siebziger Jahre in Österreich verändert hat.

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Jeder assoziiert mit Fortschritt zunächst einmal den Anstieg der wirtschaftlichen Leistung. Wie steht es damit? Sie erhöhte sich von 1970 bis 1983 um fast 50 Prozent und wuchs damit etwa gleich rasch wie ihr traditioneller Motor, die Industrie.

Die steigende Wirtschaftsleistung fand ihren Niederschlag in einem deutlichen Anstieg des materiellen Wohlstands der österreicher. Besonders auffallend ist die verbesserte Wohnsituation: Weniger kleine Wohnungen und steigender Anteil von solchen mit vier oder mehr Wohnräumen. Auch die Qualität der Ausstattung hat sich sehr verbessert.

Nicht unerwähnt bleiben sollte, was sich alles auf dem Bausektor getan hat: 391.000 Gebäude wurden seit 1971 errichtet, davon 276.000 Wohnhäuser und 29.000 Ferien-, Appartement- und Wochenendhäuser.

Deutliche Veränderungen gibt es auch bei den Ernährungsgewohnheiten. Sie sind einerseits Ausdruck eines gehobenen Standards, sind andererseits aber gesundheitlich nicht ganz unbedenklich: Der Verbrauch von Mehl und Erdäpfeln (Ballaststoffe) und Milch nahm deutlich ab, der von Fleisch, Fett und Alkohol, aber auch von Gemüse stieg an.

Stark zugenommen hat in den letzten Jahren auch die Mobilität: Verdoppelung des PKW-Bestandes, Anstieg der Flugreisetätigkeit um 80, der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel und der Ubernachtungen im Fremdenverkehr um 35 Prozent.

Das führt uns zu einem weiteren expansiven Bereich, dem der Kommunikation und Information. Kennzeichnend dafür sind: Verdoppelung der Zahl der Telefonanschlüsse, Erhöhung der Zahl der Postsendungen um 50 Prozent, ebenso wie der Zahl der Neuerscheinungen von Büchern und Periodika.

Nicht unerwähnt bleiben darf bei der Aufzählung der dynamischen Bereiche auch der Bildungssektor. Hier gab es im Hochschulbereich die wohl größte Ausweitung: Von 1971 bis 1983 stieg die Zahl der Studenten um nicht weniger als 145 Prozent. Sie lag damit fast ebenso hoch wie die der AHS-Schüler. Weniger rasch stieg allerdings die Zahl der Hochschulabsolventen, jedoch immerhin noch um fast 50 Prozent.

Um das Bild abzurunden sei auch noch auf den Gesundheitssektor hingewiesen: Deutlich steigend ist der Betreuungsaufwand, abzulesen etwa an der um 80 Prozent höheren Ärzte- und der um zehn Prozent höheren Spitalsbettenzahl.

Hat dieser Aufwand auch Erfolg? Gestiegen ist jedenfalls die Lebenserwartung (um drei Jahre) und deutlich gesunken ist die Kinder Sterblichkeit (auf weniger als die Hälfte). Verbessert haben sich auch die Aussichten, eine Erkrankung zu überleben.

Gestiegen sein dürfte aber auch die Anfälligkeit für Krankheiten:

1983 gab es um 30 Prozent mehr Krankenhauspatienten als zehn Jahre zuvor. Besonders deutlich tritt dies bei einigen Krankheiten in Erscheinung, die unseren psychisch und körperlich belastenden Lebensstil zum Ausdruck bringen: Verdreifachung bei Erkrankungen des Zentralnervensystems, Verdoppelung bei psychischen Erkrankungen, bei Krebs und bei Erkrankungen des Bewegungs- uns Stützapparates.

Anfälliger geworden ist auch unser Wirtschaftssystem. Kennzeichen dafür sind: Rückgang des Wirtschaftswachstums seit Ende der siebziger Jahre, Anstieg der Arbeitslosigkeit um 180 Prozent (trotz Anstiegs der Beschäftigtenzahl um 15 Prozent), Anstieg der Frühpensionierungen (Rückgang der Beschäftigung von 60-bis 65jährigen auf die Hälfte), höhere öffentliche Verschuldung (Verzehnfachung der Finanzschuld des Bundes von 1970 bis 1983), Rückgang der Zahl der Selbständigen in Landwirtschaft und Produktion um ein Drittel...

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