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Gebt doch ihr ihnen zu essen!

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„Gebt doch ihr ihnen zu essen!” forderte Christus seine Jünger auf, als die Menschenmassen, die ihn suchten, nichts zu essen hatten. Er sorgte dafür, daß die fünf Brote und zwei Fische auch für alle reichten.

„Gebt ihr ihnen zu essen!” fordert die Caritas nun die Christen auf, mit ihren Spenden die Not der Menschen in den Hungergebieten zu lindern.

Äthiopien, Sudan, Kambodscha - längst Synonyme für verhungernde Menschen. In Europa aber zerbrechen sich Politiker und Fachleute den Kopf, die Uberschüsse der Landwirtschaft einzudämmen.

Uberschüsse hier, Hunger dort haben nur sehr indirekt miteinander zu tun. Die Parole „Hunger durch Uberfluß” ist eine unzulässige Vereinfachung.

Wir kommen aber nicht drum herum, daß Hunger und Uberfluß einander gegenüberstehen, daß beide Probleme ihre Lösung brauchen.

Ein altes Sprichwort sagt: wenn du einem Hungernden ein Brot gibst, sättigst du ihn für diesen Tag. Wenn du ihn lehrst, wie er anbaut und bäckt, sättigst du ihn für alle Tage.

Solange aber Tausende Menschen vor dem Verhungern stehen, ist für sie nur die unmittelbare Sättigung wichtig, erst dann die Frage, womit sie übers Jahr ernährt werden sollen. Soforthilfe und Langzeithilfe sind keine Alternativen, sie dürfen einander nicht ausschließen.

Die Sammlungen der Caritas und der Katholischen Männerbewegung am Marienfeiertag und am Sonntag drauf wollen den Katastrophenopfern helfen. Die Erfahrungen der letzten Jahre geben Gewähr, daß der Appell nicht ungehört verhallt.

Die Soforthilfe kann zu einem gewissen Teil aus den Uberschüssen Europas und Amerikas geleistet werden. „Butterberge” und „Milchschwemmen” werden dadurch nicht abgebaut.

Um den Menschen in den Hungergebieten Afrikas auf Dauer die Ernährung zu garantieren wird man sich anderes einfallen lassen müssen, Hilfe etwa beim Wiederaufbau einer eigenständigen Landwirtschaft, die den örtlichen Klima- und Bodenverhältnissen ebenso entspricht wie den Lebensgewohnheiten der Menschen.

Hüfe auch beim Aufbau von Schul- und Erziehungssystemen von unten auf, statt künftige Führungskräfte in Europa auszubilden und sie damit ihrer Heimat zu entfremden. Hilfe beim Aufbau bodenständiger Betriebe, statt Mammutindustrien in den Busch zu stellen, deren Produkte nicht im Land gebraucht werden.

Der Streit um Quoten und Verzichtprämien in Europa wird dadurch nicht entschieden. Aber er könnte relativiert werden mit dem Blick auf weitreichende Aufgaben derer, für die ganz besonders der Appell Christi gut: Gebt doch ihr ihnen zu essen! Der Auftrag gut heute mehr denn je!

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