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Grenzen der Sozialpolitik

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• Wirtschafts- und Sozialpolitik sind grundsätzlich als einander förderlich anzusehen. Das soziale Netz hat eine stabilisierende Wirkung im Konjunkturverlauf. Wenn aber — wie in jüngerer Zeit geschehen - Sozialleistungen durch Kredite und damit durch Vorgriffe auf künftige Einkornmen finanziert werden, wird der wirtschaftspolitische Manövrierraum des Staates eingeengt, was sich auf die Vollbeschäftigung nachteilig auswirken muß.

• Einkommensvermittelnde und Investitionsausgaben des Staates stehen miteinander in Konkurrenz. Die sozialpolitische und an sich notwendige Umverteilung darf nicht zu Lasten der Zukunftsinvestitionen gehen, weil auch das beschäftigungspolitisch nachteilig wäre.

• Die als sozialpolitische Maßnahme zur Sicherung der Vollbeschäftigung in Diskussion stehende Arbeitszeitverkürzung stellt keine Lösung des Problems dar, weil damit eine Verschlechterung der Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft eine zusätzliche Belastung der öffentlichen Haushalte und eine weitere Verknappung der schon heute nicht ausreichend zur Verfügung stehenden Leistung von Fachkräften eintreten würde.

• Auch der Arbeitsmarkt ist ein Markt. Die Sozialpolitik hat bei allen und unverzichtbaren positiven Auswirkungen auch dazu geführt, daß sich die Partner des Arbeitsmarktes nicht immer marktkonform verhalten. Angebotene Arbeitskraft kann durch Lohnfestsetzungen zu teuer sein, und andererseits können Ausweichmöglichkeiten Arbeitnehmer veranlassen, ihre Arbeitskraft nicht unbedingt auf dem Arbeitsmarkt anzubieten.

• Unser Sozialsystem ist nicht an sich überdimensioniert und daher zu reduzieren, es darf auch kein „Sozialabbau“ stattfinden.

Es muß aber zu einem Wandel in der Sozialpolitik kommen, wo weniger in Regulierungs- und Verteilungskategorien beziehungsweise in Sicherungsmechanismen allein gedacht wird, weil hier nur kurzfristige Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden, nicht aber langfristige.

Im Sinne des Subsidiaritäts-prinzips der Soziallehre soll hinkünftig eher versucht werden, die Arbeitnehmer durch Ausbildung, Schulung und Hilfen verschiedenster Art in die Lage zu versetzen, Arbeit zu finden und anzunehmen. Es muß eine Schwerpunktverschiebung vom Vertei-lungs- und Regulierungsdenken zu mehr Chancen für neue, flexible und rentable Erwerbsmöglichkeiten stattfinden. Die klassischen Formen der Sozialpolitik sind an ihre Grenzen gestoßen. Wir müssen bedenken, daß öffentliche Mittel aus Arbeitseinkommen geschöpft werden. Sie sollen daher so eingesetzt werden, daß sie Arbeit schaffen, aber möglichst nicht so, daß sie an die Stelle von Arbeitseinkommen treten.

Dieser Beitrag ist die Kurzfassung eines Referats, das der Autor am 25. März bei der Katholisch-Sozialen Tagung in Wien gehalten hat.

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