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Humanität muß Maßstab bleiben
Was hält die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) als derzeit dringlichstes Problem? Die neuen Technologien und wie sie am Arbeitsmarkt wie auch sozial verkraftet werden können.
Neue Technologien kosten Arbeitsplätze; sie aber nicht anzuwenden, kostet noch mehr Arbeitsplätze, faßte Universitäts-
Professor Rudolf Weiler das Ergebnis der OECD-Tagung im Februar zusammen.
Und um dieses Thema ging es Ende März nicht nur bei einem Seminar des Hernstein-Management-Instituts, bei dem US-Professor Josef Weizenbaum referierte, sondern auch bei der Katholisch-Sozialen Tagung 1984 in Wien mit heimischen Referenten (siehe nebenstehende Auszüge).
Vorweg: Jede Technik verwandelt die Arbeitsgesellschaft, nicht aber den Grundwert Arbeit, „verändert die gesellschaftlichen Bedingungen, nicht aber den Maßstab der Humanität" (Weiler).
Und in Wien wie in Hernstein fand man sich sozialpartnerschaftlich eines Sinnes: Eine Neubewertung des Begriffes Arbeit ist notwendig, sie darf nicht nur als lohnabhängige Tätigkeit verstanden werden, sondern muß auch den zwischenmenschlichen (sozialen) Dienst einschließen.
Etwa: Eine Frau, die heute noch am Fließband steht, kann sich, wird sie vom Roboter verdrängt, wieder der Pflege ihrer alten Mutter widmen.
Menschlich mag sie das wahrscheinlich sogar mehr befriedigen, gesellschaftspolitisch könnte es genauso sinnvoll sein — doch woher kommt das fehlende Familieneinkommen? Die praktische
Antwort blieb bei beiden Tagungen aus...
Dabei wird die technische Entwicklung nicht nur unqualifizierte Tätigkeiten substituieren, auch qualifizierte Kräfte werden betroffen sein: bisher selbständige Arbeitskräfte werden zu „Bedie-nern" degradiert.
Das erfordert die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen, zu intensiver Aus- und Fortbildung. Auch darüber herrscht Einigkeit. Mehr Bildung für die Arbeitnehmer: freiwillig oder durch Zwang? Durch Bildungsurlaub?
„Die Chance auf Einführung wurde mit der fünften Urlaubswoche vertan", doch wirft Kammer-Experte Dollinger einen anderen Gedanken in die Diskussion: Betriebsförderungen, die derzeit verkappte Subventionen sind, sollen zur individuellen Förderung der Ausbildung umgeschichtet werden.
Die neuen Technologien stellen jedenfalls eine intellektuelle Herausforderung dar. Nur: Was wird mit den Leuten sein, die nicht mehr mit dieser Entwicklung mitkommen? Die Frage bleibt im Raum stehen.
Hie Berührungsängste bei der älteren Generation, da Technik-Euphorie bei der jüngeren: unsicher sind beide.
Und die Arbeitszeitverkürzung? Die 35-Stunden-Woche? Oder flexible Arbeitszeiten? Gewerkschafter und Wirtschaftsmann können da nicht zusammenkommen, weil der eine als hinterlistige Gegenstrategie versteht, was der andere als Alternative verstanden wissen will.
Ob 35-Stunden-Woche oder flexible Arbeitszeit: Die sozialen Probleme im Gefolge der neuen Technologien werden grundsätzlichere Weichenstellungen erzwingen.
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