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In großer Tradition

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Unter den bisher erschienenen Biographien zeitgenössischer Tiroler Künstler nimmt das Werk über den Bildhauer Hans Pontiller einen hervorragenden Platz ein. Neben der exakten wissenschaftlichen Bearbeitung des Lebenswerkes des Künstlers war es dem Verfasser durch die persönliche Freundschaft mit Hans Pontiller besonders gelegen, dessen Werk im Hinblick auf die geistige Substanz zu durchleuchten. Durch dieses Verhältnis des Biographen zum Künstler wurde bewirkt, daß v. Lutterotti, dessen kultivierte Sprache auch das Buch über den Bildhauer Franz Santifaller auszeichnet, mit tieferem Verständnis als irgendwer sonst, und mit einer inneren menschlichen Beziehung die in Pontillers Schaffen gediegenen künstlerischen und geistigen Werte aufspüren und durchdringen konnte. Dieses persönliche Engagement jedoch trübte nie mals den objektiven Blick des Wissenschaftlers, so daß hier eine vorbildlich gearbeitete Beschreibung des Lebens und des Werkes dieses bedeutenden Tiroler Plastikers vorliegt. Im Gegensatz zu so manchen anderen Publikationen dieser Art, vermerkt man es mit Genugtuung, daß im Anhang des Buches ein umfassendes und gültiges Werkverzeichnis (fast 300 Arbeiten) und eine vollständige Bibliographie auf- scheinen.

Der 1887 geborene Osttiroler Hans Pontiller hat nach dem Besuch der Kunstgewerbeschule in Innsbruck bei den Professoren Breitner, Barwig und Bitterlich an der Wiener Akademie studiert. Bereits sein erstes Werk, die fast vier Meter hohe Holzplastik des „Waffenschmiedes“, in den Steyrer-Werken zu Steyr, offenbarte nicht nur Pontillers plastische Begabung, sondern machte deutlich, daß hier ein Künstler ‘am Werke ist, der wohl mit den stilistischen Strömungen seiner Zeit vertraut ist, darüber hinaus aber auch eigenen Intuitionen und Vorstellungen folgt. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Schweden ließ sich Pontiller in Salzburg nieder, wo er u. a. die Fest- spielhausfiguren geschaffen hat. Eine 1928 erfolgte Berufung an die Kunstgewerbeschule nach Berlin lehnte er ab, trat jedoch im folgenden Jahr die Nachfolge seines Lehrers an der Innsbrucker Kunstgewerbeschule an. Seinem Wirken als Lehrer verdankt der Großteil der heutigen Bildhauer generation von Tirol die Vertrautheit mit den handwerklichen Belangen, das Wissen um die Wirkung der künstlerisch gestalteten Form wie auch die Gewißheit, daß erst dann ein Kunstwerk eine Gültigkeit erreicht, wenn das Material zum Medium geistiger Aussagen wird.

Neben Pontillers Lehrtätigkeit entstanden immer wieder Schöpfungen, deren Kennzeichen die beseelte Form, die verhaltene Geste und die Innerlichkeit sind. Auch nach seiner Pensionierung war Pontillers unruhiger Geist nicht untätig. Der stilistische Wandel, die immer stärker werdende Verdichtung der Form und die stets gesteigerte psychische Durchdringung seiner Vorwürfe zeigen einen persönlichen Entwicklungsweg auf, den der Künstler konsequent und kompromißlos verfolgte. Aber wenn auch Pontiller in erster Linie seinen eigenen Auffassungen vertraute, so stellte er sich nicht gegen oder neben die allgemeine Kunstentwicklung; sein aufgeschlossenes Interesse galt bis ins hohe Alter hinein den Entwicklungen zeitgenössischer Kunstauffassungen und Kunstformulierungen.

In seinen letzten Schöpfungen erreicht Pontiller eine Reife, in welcher Sich die ureigentliche Aufgabe des Bildhauers, die Plastizität, die Geschlossenheit von Form und Komposition, der melodische Reiz der Umrißlinie, das Ekstatische und das Expressive manifestiert. So wie in den Großplastiken sind alle diese Werte auch in den Reliefs, den Kleinplastiken und den Porträts aufspürbar.

Nunmehr, da Pontillers Lebenswerk — der Künstler starb 1970 — geschlossen vor uns liegt, ist es offensichtlich, daß er zu den großen Tiroler Künstlem unseres Jahrhunderts zu zählen ist und würdig in der Reihe jener bedeutenden Künstlerpersönlichkeiten steht, die zu allen Zeiten dem tirolerischen Boden entwachsen sind. Mit dem Buche von Otto R. v. Lutterotti, dem Ordinarius für Kunstgeschichte an der Universität Innsbruck, hat Hans Pontiller die ihm gemäße Würdigung erfahren.

HANS PONTILLER (1887 bis 1970) VON OTTO R. V. LUTTEROTTI, Tyrolia-V erlag, Innsbruck—Wien— München 1971, Leinenband, 128 Seiten, 94 meist ganzseitige Abbildungen, davon 4 in Farbe, zirka 280 S.

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