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Digital In Arbeit

Karriereknick mit 50

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Auch unter Managern, die das 50. Lebensjahr erreicht haben, macht sich das Schreckgespenst der Arbeitslosigkeit immer stärker bemerkbar. Jung sein zählt im Unternehmen oft mehr als Know how und jahrelange Erfahrung.

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Auch unter Managern, die das 50. Lebensjahr erreicht haben, macht sich das Schreckgespenst der Arbeitslosigkeit immer stärker bemerkbar. Jung sein zählt im Unternehmen oft mehr als Know how und jahrelange Erfahrung.

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Heinrich M. ist 51 Jahre und war während seiner beruflichen Karriere in Managementfunktionen erfolgreich tätig. Seit rund sechs Monaten ist er allerdings ohne festen Job. „Wie ein Blitz aus heiterem Himmel hat mich damals die Kündigung getroffen", hat er sich auch heute noch nicht gänzlich vom jähen Karrierebruch erholt.

Finanziell habe sich sein letztes Unternehmen zum Abschied zwar durchaus großzügig gezeigt. Viel schlimmer sei jedoch das psychologische Moment. „Ich bin jetzt seit einem halben Jahr auf Postensuche. Dabei habe ich immer wieder das gleiche Argument gehört. Fachlich sei ich zwar hervorragend qualifiziert, aber mit 51 Jahren würde ich doch nicht mehr so ganz den Altersvorstellungen entsprechen."

Mittlerweile denkt er daran, selbständig als Berater tätig zu werden. An eine feste Anstellung in einer adäquaten Managementposition glaubt er ohnehin nicht mehr.

Heinrich M. ist kein Einzelfall. In Österreich hat generell in den letzten Jahren die Arbeitslosigkeit in der Altergruppe der 50- bis 55jährigen dramatisch zugenommen: Konkret zwischen 1989 und 1990 um 29 Prozent und danach abermals um 29,5 Prozent.

Auch im Mehrjahresvergleich ergibt sich ein ähnliches Bild. Nach einer Studie des Österreichischen Instituts für Berufsbildungsforschung erhöhte sich zwischen Jänner 1987 und 1992 der Anteil der 50- und über 50jährigen an den gesamtösterreichischen arbeitslosen Männern von 12,9 auf 18,5 Prozent, bei den Frauen sogar von 10,1 auf 18,6 Prozent.

Grundlage für die zunehmende Verschlechterung des Jobangebots für ältere Führungskräfte ist ein allgemein spürbarer soziologischer Trend: Jung sein ist „in". Angesichts dieser Wertehaltung, die oft weniger mit Fakten als mit Klischeevorstellungen und Vorurteilen zu tun hat, ist es auch nicht verwunderlich, daß viele Unternehmen vom idealen Manager das Bild des jungen und dynamischen Business-School-Absolventen haben. Werte wie Erfahrung und Lebensklugheit treten deshalb bei der Postenvergabe nur allzu oft in den Hintergrund.

Ein weiterer Grund für die immer geringere Bereitschaft, Manager jenseits der 50 zu engagieren, liegt darin, daß in Österreichs Untemehmensland-schaft nach wie vor in Sachen Entlohnung ein klares Senioritätsprinzip dominiert. Oder anders formuliert: Mit dem Lebensalter steigt auch ganz automatisch die Gage. Was selbstverständlich in zahlreichen Fällen gegen die Aufnahme des älteren und daher meist - jedenfalls subjektiv - teureren Mitarbeiters spricht.

Eine Entwicklung, der man zweifellos am geeignetsten durch eine bewußte Forcierung von leistungsorientierten Entlohnungssystemen und der Schaffung von Marktpreisen für die verschiedenen Managementfunktionen entgegenwirken könnte.

Problem verstärkende Faktoren sind weiters, daß sich die viel strapazierten Schlagworte „Flexibilität" und „Lebenslanges Lernen" ganz offensichtlich nach wie vor nicht zufriedenstellend durchgesetzt haben.

Dies gilt auf der einen Seite für die Manager selbst, die meinen, ab einem gewissen Zeitpunkt keinen Job mehr in einem anderen Bereich annehmen zu können (Stichwort „einmal Vertriebsleiter, immer Vertriebsleiter") und daher auch glauben, ohnehin nichts mehr dazulemen zu können oder zu müssen.

Auf der anderen Seite müßten auch die Unternehmen ihre diesbezüglichen Einstellungen einmal kritisch hinterfragen. Für sie enden doch Ausbildungsprogramme in der Regel mit der Erreichung des 40. Lebensjahres ihrer Mitarbeiter.

Schließlich kommt auch ein weiterer Faktor zum Tragen, der oft zu wenig beachtet wird. Die Tatsache nämlich, daß viele Führungskräfte meinen, sich eine Parallel- oder gar Abwärtsbewegung auf ihrem stets nach oben orientierten Karrierepfad nicht nur finanziell, sondern auch gesellschaftlich nicht leisten zu können. Denn: Abwärtsentwicklungen von Karrieren sind in der Vorstellungswelt unseres Kulturkreises in der Tat weitgehend verpönt.

Sowohl aus menschlicher als auch aus volkswirtschaftlicher Sicht müßte hier rasch gegengesteuert werden. Errechnen doch Experten, daß die Altersgruppe der über 55jährigen im Jahr 2025 in den Industrieländern rund 40 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen wird. Womit auch ein drastischer Arbeitskräftemangel in vielen Bereichen voraussehbar ist.

Eines kann jedenfalls ohne Übertreibung behauptet werden: Unsere Gesellschaft wird es sich auf Dauer nicht so ohne weiteres leisten können, auf das Know how und die Erfahrung von Managern über 50 zu verzichten.

Der Autor ist Geschäftsführer des Wirtschafts-forams der Führungskräfte (WdF). Für die Gruppe der betroffenen Manager wird sich das Wirtschaftsforum der Führungskräfte in nächster Zeit schwerpunktmäßig damit auseinandersetzen, welche Umdenkprozesse inden Unternehmen, bei den zuständigen Politikern und bei den Führungskräften selbst in Gang gesetzt werden müßten.

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