6985579-1986_25_03.jpg
Digital In Arbeit

Konfrontation kommt

Werbung
Werbung
Werbung

FURCHE: Herr Erzbischof, wieviel Einfluß haben die Katholiken — mit 40 Prozent der Bevölkerung jetzt stärker als die Protestanten zusammen — in den USA ?

ERZBISCHOF REMBERT G. WEAKLAND OSB: Mehr als man glaubt. Die Katholiken sind jetzt überall in der Gesellschaft, auch in der Politik. Sie haben viele große Ämter bei uns, und deshalb haben sie viel Einfluß. Wir haben nicht die Bewegungen, die man in Europa findet, sondern jeder arbeitet etwas isoliert, es ist so, daß die einzelnen Leute sehr viel Einfluß haben.

FURCHE: Glauben Sie, daß die Mehrheit der Katholiken hinter diesem Hirtenbrief steht, den Sie Jetztinder Letztfassung bald präsentieren werden?

WEAKLAND: Das ist eine gute Frage, urid ich kann nicht klar antworten. Viele Leute haben den Brief noch nicht gelesen, und viele haben ihn nicht wirklich verstanden. Sie haben nur etwas in den Zeitungen gelesen und viele Sachen, die falsch sind. Wir müssen warten, bis sie den Brief lesen können, und dann werden wir sehen, wie groß das Pastoralproblem ist.

FURCHE: Wird es in der Letztfassung Änderungen gegenüber früher geben?

WEAKLAND: Ich glaube nicht. In der letzten Fassung geht es mehr um die Familie und wie das System die Familie beeinflußt, was die Kirche tun sollte, um den Leuten zu helfen und dazu beizutragen, daß all diese Probleme in der Dritten Welt vielleicht besser gelöst werden können. Es gibt Änderungen. Nicht wesentliche. Aber vielleicht kann man einige Sachen mehr betonen.

FURCHE: Wie geht die Kirche in den Vereinigten Staaten in ihrem eigenen Bereich wirtschaftlich vor? Müssen Sie sich nicht anstrengen, um allen Forderungen Ihres Hirtenbriefs im eigenen Bereich nachzukommen?

WEAKLAND: Es wird für uns eine große Herausforderung sein, weil die Kirche auch ein Vorbild sein muß. Wir haben viel in dem Brief darüber geschrieben und jetzt fangen wir an, diese Punkte zu diskutieren, auch Bischöfe und Mitglieder der Kirche. Das Problem ist nicht so groß, wie wir am Anfang dachten. Die meisten Bischöfe leben jetzt ziemlich einfach. Sie haben ihre alten Häuser — Paläste, kann man sagen — ver-

kauft. Fast alle Bischöfe haben ihren Lebensstil geändert. Ich glaube, das sind Sachen, die wir tun müssen.

FURCHE: Wie ist das Verhältnis der katholischen Bischöfe zur Ronald-Reagan-Administration?

WEAKLAND: Diese Administration ist wahrscheinlich dadurch etwas böse geworden, weil wir sehr scharf gegen Krieg und Nachrüstung gesprochen haben und auch, weil wir die Sozialprobleme so klar aufgezeigt haben. Präsident Reagan versucht immer mit uns zu reden, aber wahrscheinlich ist er gegen unsere Tendenzen.

FURCHE: Sind die Bischöfe auch in Fragen etwa der Lateinamerikapolitik in Konfrontation mit der Regierung?

WEAKLAND: Wir kommen in Konfrontation. Auch über Nikaragua. Wir Bischöfe haben unsere eigenen Kontakte mit Zentralamerika und hören nicht nur, was die Regierung sagt. Deswegen können wir kritisieren.

FURCHE: In Mitteleuropa hat man das Gefühl, unsere Bischöfe überlegen immer sehr lange, bevor sie eine Stellungnahme abge-

ben, ob es der Kirche schaden oder nutzen könnte,. Stehen diese Überlegungen bei Ihnen auch im Vordergrund?

WEAKLAND: Ja. Die einzelnen Bischöfe sprechen oft sehr scharf und viel. Man kann nicht immer sprechen. Man muß vorsichtig sein. Fast täglich kommt das Fernsehen zu mir und fragt, ob ich eine Stellungnahme abgeben kann. Ich glaube, das ist nicht gut. Ich sage, wenn es etwas sehr Wichtiges ist, ja, aber wenn nicht, dann sage ich nichts. Man muß Bischof bleiben, darf nicht zum Politiker werden, man kann nicht für jede Sache Stellung nehmen. Es muß wirklich etwas Wichtiges sein — auch moralisch und nicht nur politisch.

Das Gespräch mit dem Erzbisehof von Mil-waukee führte Heiner Boberski.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung